5G-Campusnetze ermöglichen Unternehmen eine unabhängige, sichere und leistungsstarke Vernetzung. Sie bieten Vorteile gegenüber WLAN und öffentlichen Mobilfunknetzen, erfordern jedoch eine durchdachte Planung. Der Beitrag zeigt auf, welche Potenziale und Herausforderungen damit verbunden sind.
5G-Campusnetze befinden sich in Deutschlands Unternehmenslandschaft auf dem Vormarsch: Laut einer Bitkom-Befragung1 werden sie bereits von mehr als einem Viertel der befragten Unternehmen aktiv genutzt oder befinden sich in Planung. Überraschend ist das, in Anbetracht der Vorteile, nicht zwangsläufig – zumal die Herausforderungen insbesondere aufgrund konsequent zunehmender Datenschutzregularien und einer weitläufigeren Vernetzung steigen.
Die Netzwerkinfrastruktur macht sich den namensgebenden 5G-Standard2 zu Nutze. Im Gegenzug zu öffentlichen 5G-Netzen wird ein Campusnetz nicht von den jeweiligen Mobilfunkanbietern bereitgestellt, sondern von den Unternehmen in Eigenregie oder mit spezialisierten Dienstleistern konzipiert und umgesetzt. In beiden Fällen erfolgt der Betrieb solcher 5G-Campusnetze3 autark, die auf die individuellen Bedürfnisse der jeweiligen Unternehmen präzise reagiert. Zugleich müssen sich diese die Netzwerkkapazitäten nicht mit anderen Parteien teilen.
Die Unabhängigkeit gegenüber Netzbetreibern ermöglicht Unternehmen derartige Netzwerklösungen selbst für unternehmenskritische Anwendungen zu nutzen – dank einer umfassenden Kontrolle über innerbetriebliche Datenflüsse und eigens etablierten Datenschutzstandards. Übrigens: Mit dem WLAN-Standard sind 5G-Campusnetzwerke nur eingeschränkt vergleichbar. Da WLAN aufgrund der begrenzten Reichweite und Störungsanfälligkeit bei Unternehmen mit hohen Anforderungen im Regelfall sowieso nicht die erste Wahl ist.
Die Struktur des 5G-Campusnetzes schafft für das Unternehmen essenzielle Mehrwerte:
Ein weiterer Vorteil: Wer sich sein eigenes Campusnetz aufbaut, statt sich Ressourcen im öffentlichen 5G-Netz teilen zu müssen, kann seine eigene Netzwerkinfrastruktur zugleich leichter und flexibler an den aktuellen sowie perspektivischen Unternehmensbedürfnissen skalieren. Die Integration des eigenen Netzes in Cloud-Umgebungen und interne IT-Prozesse ist im Regelfall nicht übermäßig kompliziert und wirtschaftlich durchaus stemmbar, weshalb 5G-Campusnetze keinesfalls nur für internationale Konzerne, sondern auch den deutschen Mittelstand infrage kommen.
Schon heute kommen 5G-Campusnetze quer durch die Republik zum Einsatz: Allein in den ersten zehn Monaten des Jahres 20244 vergab die zuständige Bundesnetzagentur 424 Frequenzzuteilungen im 3,7 bis 3,8 GHz-Spektrum. Der Einsatz5 geht über Branchengrenzen und Unternehmensgrößen hinaus.
In der Industrie 4.0 ist die Technologie kaum mehr wegzudenken: Über die 5G-Konnektivität werden in Echtzeit Roboter gesteuert und damit Fertigungsprozesse optimiert, während ebenfalls angeschlossene Sensoren konsequent Echtzeitdaten übermitteln. Das ist für die Optimierung von Wartungsintervallen und Vermeidung von Ausfallzeiten hilfreich.
In der Logistik lässt sich der Fuhrpark vernetzen und kann anschließend grenzübergreifend mit der Zentrale kommunizieren. Das liefert weitere Optimierungspotenziale: Von einer intelligenten Steuerung der Lieferketten, über effizientere Just-in-Time-Abwicklungen bis zur Drohnennutzung für kurze Lieferwege.
Im Gesundheitswesen werden Roboter-assistierte Operationen ebenso möglich, wie eine DSGVO-konforme Übertragung der Diagnose- und Patientendaten. Die Patienten lassen sich durch die an das Netz angeschlossenen medizinischen Geräte nahtloser und komfortabler überwachen – was im Ernstfall zu verkürzten Reaktionszeiten führt.
Das sind aber längst nicht alle Einsatzgebiete: Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) bringt als Beispiele weiterhin an:
Perspektivisch wird sich auch die Überwachung und Verkehrssteuerung in Smart Cities an solchen eigens aufgebauten und maßgeschneiderten 5G-Campusnetzen orientieren. Ebenso wie Energieversorger IoT-Vernetzungen, Sensorik und KI-gestützte Systeme nutzen könnten, um nach gegenseitiger Vernetzung Effizienzgewinne und optimierte Lastensteuerungen sicherzustellen.
In Deutschland ist seit November 2019 die Bundesnetzagentur6 für die Frequenzvergabe im 3,7–3,8 GHz Spektrum zuständig. Aufgrund der Popularität wurde später der Frequenzbereich 24,25–27,5 GHz freigemacht. Zur Beantragung werden die offiziellen Unterlagen der Bundesnetzagentur genutzt, wahlweise für 26 GHz oder 3,7–3,8 GHz. Die anfallenden Gebühren ergeben sich unter anderem aus der Nutzungsdauer, Bandbreite und Gebietsgröße. Nach Einreichung des ausgefüllten Antrags wird dieser geprüft und sofern dem stattgegeben wird, sind die Frequenzen unmittelbar danach nutzbar.
Aktuell befinden sich in Deutschland 449 Campusnetze in Betrieb7, der Großteil davon entfällt auf Unternehmen aus der Industrie. Zum Vergleich: Bis zum Herbst letzten Jahres waren es 424 Frequenzzuteilungen, bis zum Juni 2022 220 Anträge. Unterstützt wurde der Anstieg auch durch Fördermöglichkeiten: Zum Beispiel dem Förderprogramm „Private 5G-Netzwerke für die Industrie“8, das von Deutschland und Frankreich bilateral verwaltet wird. Auf EU-Ebene gab es bis kürzlich noch das „Connecting Europe Facility“ Programm, das zum 13. Februar 2025 vorerst auslief.
In den USA wird Citizens Broadband Radio Service (CBRS) für 5G-Campusnetze genutzt, auch hier werden die Frequenzbereiche 3,5 GHz sowie 24 und 50 GHz verwendet. In China erfolgt die Vergabe aus staatlicher Hand und erfolgt im 24,75–27,5 GHz sowie im 37–43,5 GHz Spektrum. Großbritannien möchte die lizenzfreie Vergabe im 24,25–27,5 GHz Spektrum ankurbeln. In Skandinavien wird die Nutzung von staatlicher Seite gefördert, Finnland gehört mit der kommerziellen Nutzung bereits seit 2018 zu den europäischen Vorreitern.
5G bietet als maßgeschneidertes, autarkes und performantes Campusnetze eine etliche Vorteile, sei es die Unabhängigkeit von Netzbetreibern, langfristig starke Return-on-Investments, Wettbewerbsvorteile oder sogar in Form von schnelleren Innovationszyklen. Herausfordernd ist der damit einhergehende Investitionsaufwand durchaus, zumal die eigens betriebenen Netze in puncto Cybersicherheit und Datenschutz eben nur so sicher sind, wie sie von den Verantwortlichen im Unternehmen strukturiert und gewartet werden. Die Integration in bestehende Strukturen kann ebenfalls mit einem Zeitaufwand einhergehen. Das ist bei einem Umstieg auf Zukunftstechnologien aber ebenso zu erwarten wie die Kostenbelastung. Bei einer optimalen Nutzung sollte sich beides aus Unternehmenssicht zugleich relativ planbar amortisieren.
Kerstin Roth, Expertin für 5G bei A1 Digital
1 https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Viertel-deutscher-Industrie-5G-Campus-Netze
2 https://www.a1.digital/de/knowledge-hub/5g-neues-netz-erklaert/
3 https://www.bsi.bund.de/DE/Themen/Unternehmen-und-Organisationen/Informationen-und-Empfehlungen/5-G/Absicherung-5G-Campusnetze/Absicherung-5G-Campusnetze_node.html
4 https://www.digitale-technologien.de/DT/Redaktion/DE/Kurzmeldungen/Aktuelles/2024/Campusnetze/20241108_neuer_monitoringbericht.html
5 https://www.bsi.bund.de/DE/Themen/Unternehmen-und-Organisationen/Informationen-und-Empfehlungen/5-G/Absicherung-5G-Campusnetze/Usecases/Usecases-Anwendungsgebiete_node.html
6 https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Fachthemen/Telekommunikation/Frequenzen/OeffentlicheNetze/LokaleNetze/lokalenetze-node.html
7 https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Downloads/DE/Sachgebiete/Telekommunikation/Unternehmen_Institutionen/Frequenzen/OffentlicheNetze/LokaleNetze/Zuteilungsinhaber3,7GHz.pdf?__blob=publicationFile&v=16
8 https://de.fi-group.com/grants/private-5g-netzwerke-fuer-die-industrie-deutschland-frankreich-innovationsprojekte/