Ralph Friederichs, Cyberdyne IT, im CRN-Interview

Zurück in die Zukunft: Deutsche IT-Unternehmer in China

6. Juli 2016, 13:05 Uhr | Martin Fryba
Den kommunistischen Staatsapparat hat Ralph Friederichs nur als Zaungast unter dem Fenster eines Parteisekretärs erlebt

Junge Chinesen erfinden gerade die IT-Zukunft. War das am Beginn der PC-Ära in Deutschland nicht genau so? Deutsche Systemhaus-Chefs entdecken China als neue IT-Macht mit all ihren Widersprüchen.

CRN: Herr Friederichs, Bildungsreise nach Südchinaserver-clients/artikel/110744/### /->, das klingt nach Klassenfahrt, wo mittelständische Systemhaus-Chefs, wie Sie, doch sonst eher Business-Nutzen für ihr Unternehmen suchen.
Ralph Friederichs: Als wir die Einladung erhielten, fragten wir uns, was wir denn in China zu suchen hätten. Wir wollen doch ins Silicon Valley. Im Nachhinein muss man aber sagen: Es war sehr gut nach China zu reisen. Was da still und leise entsteht, ist faszinierend.

CRN: Zum Beispiel?
Friederichs: Der imposanteste Eindruck war der Besuch bei Huawei. Ich hatte diesen Hersteller eigentlich als Smartphone-Anbieter auf dem Radar. Aber Huawei ist viel breiter aufgestellt und hat ein umfassendes Portfolio auch für ITK-Infrastruktur. Das hat keiner von uns zuvor so wahrgenommen, dass sich Huawei im stillen Kämmerlein des Binnenmarktes China zu einer großen Marktmacht entwickelt hat. Nun drängt dieser Hersteller massiv in den Weltmarkt, die wollen in den Channel rein.

CRN: Wie hat die Reise Ihren Blick auf China verändert?
Friederichs: Die Vorstellung, China sei die verlängerte Werkbank des Westens, ist definitiv falsch. Die kopieren nicht mehr, sondern entwickeln eigene Technologien und eigene Lösungen und zwar zuerst für den riesigen Binnenmarkt. Setzt sich hier eine Technologie durch, sind chinesische Hersteller mit ihren enormen Produktionskapazitäten in der Lage, den Weltmarkt zu überschwemmen. Außerdem: China kapselt sich bewusst vom Westen ab, da gibt es kein Google, Facebook, Youtube oder Whatsapp. Die wollen solche Plattformen aus eigener Kraft entwickeln, um sich vom Westen unabhängig zu machen.

CRN: Geht es da nicht vielmehr um staatliche Kontrolle, auch um Informationskontrolle in einem autokratisch regierten System, das Macht über Markt und Meinung ausübt?
Friederichs: Wir haben das so nicht empfunden. Ich hatte zwar gedacht, dass wir mehr vom Staatsapparat oder vom kommunistischen Denken mitbekommen. Das war aber eher indirekt der Fall. Von einem deutschen Leiter einer Biotechfirma wurden wir vor dem wichtigsten Büro des Unternehmens versammelt. Das war das Büro des Parteisekretärs. Der kontrolliert, ob im Sinne der Partei gearbeitet wird. Das sei in jedem Unternehmen in China so, sagte man uns. Ansonsten konnten wir uns frei bewegen, es gab auch erstaunlich wenige Sicherheitskontrollen.

CRN: Südchina wird von der Regierung massiv als Hightech-Region gefördert. Wie zeigt sich das vor Ort?
Friederichs: Zu Chinas Strategie gehört es beispielsweise, die Maker Spaces ganz gezielt aufzubauen. 150.000 solcher Erfinderbüros sollen im ganzen Land entstehen. Damit will China Erfindungen unterstützen. Hier werden Drohnensysteme, Platinen für Messungen, Zusatzteile für Raspberry Pie gebaut. Wir haben eine chinesische Firma besucht, die für den französischen Markt ein Smartphone zum Selberbauen entwickelt hat. Das ist dort übrigens sehr erfolgreich verkauft worden. Die Maker-Szene in China bringt erstaunliche Consumer Electronics hervor. Wir haben Gadgets kennengelernt, die in China Millionen-Bestseller wurden. Ich bin davon überzeugt, dass vieles auch relevant für Business-Anwendungen werden wird. Da wird noch einiges kommen. Im Übrigen haben gestandene Systemhaus-Chefs leuchtende Augen bekommen. Wir haben ja auch als Bastler angefangen und Computer zusammengeschraubt. Da fühlten sich viele in die Anfangszeiten ihrer Unternehmen zurückversetzt. Manche wollten gar nicht weg und hätten sich am liebsten in einen Maker Space zurückgezogen.

CRN: Sie auch?
Friederichs: Nein. Ich war sehr froh, im Landeanflug auf Frankfurt wieder grüne Hügel und Wälder zu sehen und wieder frische Luft zu atmen.

Gäbe es eine Art heute-journal für den ITK-Channel, Ralph Friederichs wäre der Anchorman, der selbst einen Claus Kleber in den Schatten stellen würde. Noch ist der Kölner freilich an eine anderen Branche gebunden, nämlich als Gründer und Geschäftsführer seines Systemhauses Cyberdyne Informationstechnologie GmbH. In seinem Blog und seinen Videos kommentiert Medienprofi Friederichs aktuelle Themen wie IT-Sicherheit, Datenschutz und Trends wie Virtual Reality.

iTeam-Systemhäuser besuchen China

Das Stadtbild von Shenzhen. Vor 20 Jahren stand hier noch kein einziges Hochhaus
Produktionsstraße für Kleinstserien bei Seeed. Hier wird noch von Hand gelötet und geschraubt
Ein originaler Prototyp eines Replicator 3D Druckers. 3D Drucker gehören zur
Grundausstattung in einem chinesischen Maker Space

Alle Bilder anzeigen (13)


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Matchmaker+