"Status quo bewahren reicht nicht mehr"
"Status quo bewahren reicht nicht mehr". Outsourcing-Projekte sind oft komplexe Vorhaben. InformationWeeksprach mit Bardo Racky, Vice President Outsourcing bei Capgemini Central Europe, über die häufigsten Fehler ? und wie sie vermieden werden können.

"Status quo bewahren reicht nicht mehr"
Zwischen den Hochglanzbroschüren der Outsourcing-Unternehmen und der Praxis liegen oft Welten: Ist Out-sourcing nicht im Grunde ein Albtraumprojekt für jeden CIO?
Nein, natürlich nicht. Wenn es richtig eingesetzt und professionell durchgeführt wird, erleichtert es ihm das Leben und die Arbeit ungemein. Aber ich verstehe die Besorgnis, die bei vielen IT-Verantwortlichen entsteht, wenn sie beispielsweise negative Presseberichte lesen. Denn gerade zu Beginn der Outsourcing-Entwicklung wurden entscheidende Fehler gemacht, die natürlich für einiges Aufsehen sorgten. Schließlich verspricht die Auslagerung auch große Vorteile. Das reicht von der Kostensenkung über die Verbesserung der Transparenz von Abläufen bis hin zur deutlichen Qualitätssteigerung der Service Level. Umso größer ist dann natürlich die Verbitterung der Kunden, wenn diese Versprechen nicht eingehalten werden. Das ist verständlich. Es geht schließlich um Menschen, die um ihre Arbeitsplätze fürchten, es geht um viel Geld ? und letztendlich auch um die Wettbewerbsfähigkeit oder gar Überlebensfähigkeit des Unternehmens selbst. Das Outsourcing betrifft auch oft sensible Bereiche in einem Betrieb ? deshalb muss der Outsourcing Partner ein echter Profi sein. Die negative Berichterstattung bezieht sich oft auf spektakuläre Einzelfälle. Die Mehrheit der Outsourcing-Deals dagegen verläuft erfolgreich. Aber es geht bei den Berichten ja keineswegs immer nur um geplatzte Deals aus den Anfangstagen des Outsourcing. Erst kürzlich klagte der Deutsche Ring über Probleme mit dem Partner wie etwa Mehrfachabrechnungen. In den USA ist die Kaufhauskette Sears vor Gericht gezogen ? hier ging es gleich um über sechzig Verstöße gegen Vertragsvereinbarungen. Wie können sich Kunden schon im Vorfeld besser absichern?
Zum einen berichtet die Presse regelmäßig über größere Projekte, das ist schon mal eine gute Informationsquelle. Zudem finden sich im Internet auch einige Foren und eine Vielzahl von Veröffentlichungen zum Thema. Mein Tipp ist allerdings auch das intensive Gespräch mit dem potenziellen Partner
- und vor allem das Einholen von Informationen bei Referenzkunden des Outsourcers. Dort bringt man sicher am schnellsten in Erfahrung, welche Stärken ? aber auch welche Schwächen
? sich während des Projektverlaufs gezeigt haben. Vielleicht findet sich auf dieser Referenzliste auch ein Kunde aus dem gleichen Geschäftsumfeld oder dem neuen Zielmarkt. Schon aus wettbewerbstechnischen Gründen werden die Ansprechpartner dort eventuell nicht allzu viel über die genauen Inhalte ihrer Projekte verraten ? aber sie geben in der Regel gerne Auskunft über die Zusammenarbeit mit dem Outsourcing-Partner. Gerade diese Anfangsphase ? also die gezielte Suche und Auswahl des Outsourcers ? ist oft entscheidend für Erfolg oder Misserfolg. Das wird schnell unterschätzt und oft zu kurzfristig angesetzt. Nach den Vorgesprächen folgt bereits der nächste, mindestens ebenso wichtige Faktor: die Vertragsvereinbarungen. Ist der korrekte Vertragsabschluss ein Garant für ein erfolgreiches Projekt?
Nein, aber er ist immens wichtig. Verträge werden in der Regel erst wieder zum Vorschein geholt, wenn es schon zu Eskalationen in Services gekommen ist. Schwierigkeiten treten sehr oft auch an anderen Stellen auf , insbesondere wenn sich beide Partner vor Vertragsbeginn nicht Klarheit über die mit dem Outsourcing verfolgten Unternehmensziele, Umfang und Einschränkungen der zu erbringenden Leistungen, Messkriterien der Servicequalität und eventuelle Auswirkungen auf die Personalsituation verschafft haben. Gerade zwischenmenschliche Probleme ? beispielsweise weil Mitarbeiter über ihre Zukunft im Unklaren gelassen werden oder schlicht Angst vor Stellenverlust haben ? können ein Outsourcing-Projekt stark beeinflussen. Die richtige und sorgfältige Kommunikation der Partner untereinander gehört mit zu den wichtigsten Erfolgskriterien für ein gelungenes Outsourcing. Solche Faktoren ? vor allem, wenn sie vernachlässigt werden - hinterlassen beim Kunden einen schlechten Nachgeschmack und führen dann im späteren Projektverlauf zu Unstimmigkeiten. Es liegt doch auf der Hand, dass viele Mitarbeiter massive Aversionen gegen ein geplantes Outsourcing-Projekt entwickeln ? denn oft genug kostet es den einen oder anderen ja den Job.
Mitarbeiter müssen regelmäßig, verständlich und transparent über alle wichtigen Abläufe, die Konsequenzen und die Ergebnisse des Projektes auf dem Laufenden gehalten werden. Das funktioniert am besten über das frühzeitige Einbinden des Betriebsrats, kontinuierlich stattfindende Info-Veranstaltungen und individuelle Einzelberatungen, die über die rechtlich geforderten Mindestmaßnahmen deutlich hinausgehen. Nur so lassen sich unberechtigte Ängste auflösen. Meiner Ansicht nach gehört ein Plan für die sorgfältige Integration und Förderung der Mitarbeiter von Anfang an als fester Bestandteil in den Vertrag eingebunden. Unserer Erfahrung nach ist das ein wirksames Mittel, die Kollegen zu motivieren und Aversionen gegen das Outsourcing abzubauen. Schließlich bietet der Outsourcing Partner als Arbeitgeber ganz neue Perspektiven für die Mitarbeiter in einem unternehmerischen Umfeld, in dem IT-Service das Kerngeschäft darstellt oft sogar verbunden mit internationalen Einsatzmöglichkeiten. Viele Unternehmen hoffen, sich durch ein Outsourcing-Projekt wieder mehr auf Qualitätsverbesserungen der eigenen Produkte oder Dienstleistungen konzentrieren zu können. Wie kann man zum einen den möglichen Kontrollverlust und zum anderen die Gefahr ausschließen, dass Wettbewerber Einblick in die unternehmenssensiblen Abläufe bekommen?
So gerne man beispielsweise in einigen Inhaber- oder familiengeführten Unternehmen heute noch per Handschlag Geschäfte macht: Im Outsourcing geht man lieber auf Nummer sicher. Das Grundgerüst versteht sich dabei fast von selber: Leistungsspezifikationen und individuelle Ausarbeitung von SLAs gehören dazu. Gemeinsam mit dem Partner wird dann schon im Vorfeld genau definiert, wer welche Verantwortlichkeiten übernimmt und wie das Governance-Modell aussehen wird. Erfahrene Outsourcer können hier den Kunden bei der Wahl des richtigen Ansatzes professionell beraten. Darüber hinaus ist der Datenschutz für jeden Dienstleister selbstverständlich und muss auch vertraglich zugesichert werden. Zudem sollte der Kunde darauf achten, dass sein Partner technische Lösung wie zum Beispiel entsprechende Firewall-Systeme, Mitarbeiter-Authentifizierung nach entsprechender Freigabe durch den Kunden und anderes mehr gewährleisten kann. Ebenso sind entsprechende schriftliche Vertraulichkeitsverpflichtungen der in den jeweiligen Kundenprojekten tätigen Mitarbeiter für einen guten Dienstleister selbstverständlich. Läuft ein Unternehmen dabei nicht in Gefahr, wichtiges Kapital, nämlich das firmeninterne Know-how zu verlieren?
Das kommt auf den gewählten Partner an. Mancher Dienstleister verspricht, dass sich durch die Kooperation am Know-how des Unternehmens nichts ändert. Der Status Quo wird also gewahrt. Doch das reicht heute nicht mehr aus. Wichtiger ist es, dass der Outsourcer eine exzellente eigene Mannschaft und Zugriff auf ein breites Wissensnetzwerk bieten kann. Der Dienstleister muss also nicht nur die vorhandene IT kompetent betreiben, sondern er muss darüber hinaus auch in der Lage sein, die Unternehmensleitung und das IT-Management in strategischen Fragenstellungen oder geschäftlichen und technologischen Themen zu beraten und entsprechende Veränderungen zu begleiten und umzusetzen. Dann bedeutet die Kooperation für das Unternehmen sogar einen Zuwachs an Know-how und Kompetenz, der wettbewerbs-relevant eingesetzt werden kann. Unter dem Stichwort Transformational Outsourcing sind heute bereits einige Anbieter in der Lage, den Kunden in wichtigen Entscheidungen zur Neuausrichtung des Kerngeschäfts zukunftsweisend zu beraten. Ein guter Outsourcer bietet seinem Geschäftspartner somit einen nachhaltigen Mehrwert. Vor allem aber ? und das gilt für alle genannten Faktoren ? geht er von sich aus auf den Partner zu und erarbeitet mit ihm gemeinsam wichtige Innovations- und Changestrategien.