Branchengeflüster: Von Gärtnern und Müßiggängern
Branchengeflüster: Von Gärtnern und Müßiggängern. Im Fortschritt und eine bessere Welt drehen sich die Diskussionen auf dem alljährlich in Davos stattfindenden Weltwirtschaftsforum. Weil er auf dem Weg dorthin schon mal in Europa war, nahm sich Brian Behlendorf die Zeit, Ende Januar bei der OOP 2006 ...

Branchengeflüster: Von Gärtnern und Müßiggängern
Im Fortschritt und eine bessere Welt drehen sich die Diskussionen auf dem alljährlich in Davos stattfindenden Weltwirtschaftsforum. Weil er auf dem Weg dorthin schon mal in Europa war, nahm sich Brian Behlendorf die Zeit, Ende Januar bei der OOP 2006, der hierzulande größten Konferenz für Software-Entwicklung, vorbeizuschauen. Der Mann ist als CTO einer Software-Firma sicher vielbeschäftigt. Berühmt wurde er durch sein Engagement in der Open-Source-Szene. Als er 1995 dabei war, in San Francisco für das Kultmagazin Wired eine der ersten nicht-akademischen Web Sites aufzubauen, und keinen geeigneten Web Server fand, gründete er das Apache-Projekt. Heute ist der quelloffene Web Server von Apache der verbreitetste auf der ganzen Welt.
Den in München auf der OOP versammelten IT-Experten brachte er nun seine Auffassungen näher, wie Weisen der Zusammenarbeit, die sich in der Open-Source-Welt bewährt haben, in den IT-Abteilungen der Unternehmen dem Elend abhelfen können. In ihrem bekannten und immer wieder aktualisierten Chaos-Report hat die Standish Group den Finger in die Wunde gelegt: Zuletzt waren weniger als dreißig Prozent der Software-Entwicklungsprojekte in vollem Umfang erfolgreich. In mehr als der Hälfte traten Mängel im Hinblick auf die gewünschte Funktionalität, die vorgesehene Zeit oder die veranschlagten Kosten zu Tage. Und rund zwanzig Prozent der Projekte schlugen komplett fehl und wurden eingestellt.
Die Wurzeln des Übels sieht Behlendorf in viel zu engen Projektplänen und einer unangemessenen Leitvorstellung industrieller Software-Produktion. Als Gegenmodell zur Fabrik empfiehlt der Open-Source-Meister das Gewächshaus. Die IT-Manager sollen die internen Projekte wie Gärtner ihre Pflanzen betrachten ? und von vornherein davon ausgehen, dass sie mehr säen müssen als sie ernten werden. Die vielbeschworenen wiederverwendbaren Software-Komponenten könnten eher Wirklichkeit werden, wenn wie in der Pflanzenwelt die wechselseitige Bezogenheit im Vordergrund stehe.
Bei dem Suchmaschinen-Champion Google haben die Entwickler immerhin schon ein verbrieftes Recht auf Muße: Einen Tag pro Woche können sie sich mit Dingen beschäftigen, die nicht mit laufenden Projektverpflichtungen verbunden sind. Die Erwartung ist, auf diese Weise langfristig zu besseren Ergebnissen zu kommen.