Oihan G. steht der Jobsuche nach seiner Rückkehr extrem gelassen gegenüber, weil er fachlich von sich überzeugt ist und es genug Nachfrage nach seiner Qualifikation gibt.
Personalberater bezeichnen Sabbaticals grundsätzlich als »zweischneidiges Schwert«. »Ihr Chef wird so gut wie nie begeistert sein«, erklärt Beraterin Renate Schuh-Eder von Schuh-Eder Consulting aus Baldham bei München, die sich auf die Elektronikindustrie spezialisiert hat. Gleichzeitig scheint der Wunsch nach einer Auszeit auch für Ingenieure kein Randthema mehr zu sein: »Allein im letzten halben Jahr hatte ich drei Lebensläufe mit echtem Sabbatical. Das gab es früher so nicht.«, so Schuh-Eder. Echtes Sabbatical? »Nun ja, in der Regel handelt es sich bei der Eintragung »Sabbatical« im Lebenslauf um versteckte Arbeitslosigkeit oder Kündigung«, erklärt die Expertin.
Wie bewerten Personalentscheider Ingenieure mit Auszeit-Erfahrung? »Gemischt«, überlegt Schuh-Eder. »Es kommt darauf an, auf wen Sie treffen.« Für den einen kann ein Jahr Weltreise ein wichtiger persönlicher Pluspunkt sein, der andere kategorisiert das unter »hat keine Lust zu arbeiten«.
Bis zu sechs Monate Auszeit hält die Expertin auch in der Elektronikindustrie für vertret- und aushandelbar, »dass das geht, zeigen die vielen Elternzeitanträge«.
Bei manchen Arbeitgebern wie BMW sind Sabbaticals institutionalisiert möglich, nach Ablauf kehrt man an seinen alten oder einen vergleichbaren Job zurück. Eine Kündigung ist also nicht nötig, die Sozialversicherung bleibt bestehen. In der Regel verzichtet der Angestellte dafür auf einen Teil seines Gehaltes, das für seine Abwesenheit angespart wird. Es gibt aber auch die Freistellung für eine gewisse Zeit ohne Bezahlung.
Wem diese soziale Sicherheit also wichtig ist, tut gut daran, sich einen Arbeitnehmer auszusuchen, der Sabbaticals offen gegenübersteht. In der Regel sind das Großunternehmen.
Die Chancen auf ein Sabbatical steigen mit der Umsetzbarkeit im Team. Wer seinem Chef den Wunsch nach Auszeit gut begründet (perfekt ist eine berufliche oder persönliche Weiterbildung wie Fremdsprache, Promotion oder MBA) und einen gut durchorganisierten Ablaufplan mit nicht allzu großer Mehrbelastung für das verbleibende Team präsentiert, hat sicher gute Chancen. Personalverantwortliche sind durch die immer größer werdende Zahl der Männer in Elternzeit für derartige Ausfälle im Team ohnehin sensibilisiert.
Viele Ingenieure freilich sind es nicht, die sich trauen, ein Sabbatical einzufordern. Daniela Scholl betreibt eine Auszeit-Agentur in Frankfurt am Main. »Ich hatte unter meinen Einzelkunden schon den ein oder anderen aus einem technischen Beruf. In der Regel aber sind es Frauen aus nicht-technischen Berufen, die über 70 Prozent meiner Individualkunden ausmachen.« Scholl bietet mit ihrer Agentur Beratung und Begleitung zu »Auszeit vom Alltag«. Je nach Wunsch gibt sie Impulse für die Gestaltung des Sabbaticals: vom Sennerdasein auf der Alm, über Auszeit im Kloster oder Mitarbeit in sozialen Projekten. »Dabei sind Entspannung, Mitarbeitertrainings und kleine Auszeiten im Alltag. Ob ein Wochenende im Kloster, ein paar Wochen in der Arktis, ein paar Monate in den USA oder ein Jahr lang ‚ganz viel ausprobieren‘ - ich darf dabei sein beim Werden«.
Wer eine Projekterfahrung mit Sinn sucht und keine allzulange Auszeit braucht, kann als Ingenieur auch einfach mal den Urlaub anders planen: Der Verein "Ingenieure ohne Grenzen e.V." sucht Ingenieure, die einige Wochen lang ihre Zeit opfern, um in Entwicklungsländern ihr Wissen einzubringen, Kraftwerke zu bauen oder eine Trinkwasserversorgung. Zwei Drittel der 1700 Mitglieder sind Studenten, aber auch ältere Ingenieure verbringen ihre Urlaube in Kenia, Nepal oder Tansania, um Gutes zu tun. Manchmal reicht solch eine wertvolle, sinnstiftende Erfahrung schon aus, um dem Leben den entscheidenden Schupps zu geben.