Herausforderung mobile Anbindung

4. November 2008, 15:43 Uhr | funkschau sammeluser

Genauso wenig wie Computer sind Handys und Smartphones nicht mehr aus dem Unternehmensumfeld wegzudenken. Die Geräte halten sowohl die telefonische als auch E-Mail-Kommunikation aufrecht, und sie können das sogar von unterwegs. Allerdings betreten viele kleine und mittelständische Unternehmen bei der mobilen Anbindung von Mitarbeitern Neuland. Fragen wie Sicherheit und die Wahl des Endgerätestandards sind vorab zu klären.

Bis zum Jahr 2011 werden weltweit eine Milliarde Menschen mobil arbeiten. In der von IDC herausgegebenen Studie prognostizieren die Marktforscher allein dem USamerikanischen Arbeitsmarkt einen Anstieg der mobil angebundenen Arbeiter auf 75 Prozent. In Japan sollen es sogar noch mehr werden. Viele Unternehmen sehen laut IDC schon heute den flächendeckenden Einsatz mobiler Lösungen als strategischen Vorteil gegenüber den Mitbewerbern. Sie möchten daher die fortschreitende Mobilisierung fest in ihrer Unternehmenskultur verankern.

Was auf dem Papier steht, klingt einfach, doch in der Praxis zeigt die Mobilität ihre Tücken. So stehen die Anwenderunternehmen unter anderem vor der Frage, welcher Endgerätestandard der richtige ist. Denn anders als beim PC, wo Windows die dominierende Rolle spielt und andere Betriebssysteme ein Nischendasein fristen, stehen den Anwendern im Mobilfunk verschiedene, auf den ersten Blick gleichwertige Systeme zur Auswahl (siehe Kasten). In diesem Markt hat nicht Microsoft, sondern die offene Symbian-Plattform die Nase vorn. Allen Handy-Betriebssystemen ist jedoch die Eigenschaft gemeinsam, dass sie Schnittstellen zu Microsoft Outlook besitzen und die meisten Unternehmen für die Kommunikationsaufgaben E-Mail, Kalender und Kontakte keine neue Lösung anschaffen müssen, ganz gleich, für welches System sie sich entscheiden. Synchrone Daten auf allen Plattformen Die Hauptanforderung an die Systeme ist die nahtlose und vor allem bruchfreie Integrationsfähigkeit in die E-Mail-Plattform. Im Zusammenspiel mit der Unternehmens-IT heißt das Stichwort hier synchrone Daten. Dies bedeutet, dass alle Änderungen eine ankommende oder gelöschte E-Mail sowie ein neuer Kontakt- und Kalendereintrag automatisch auf allen Plattformen verfügbar sind. Dazu haben die Anbieter der Systeme eigene Standards entwickelt, so etwa Microsoft die Active-Sync-Schnittstelle, Nokia und Sony Ericcson bieten Sync ML an, und die RIMPlattform bringt den Blackberry-Dienst mit. Um diese Standards von Unternehmensseite aus unterstützen und verwalten zu können, stehen wiederum verschiedene Mobile- Device-Management-Lösungen (MDM) zur Verfügung. Dabei handelt es sich um Systeme, die in der Lage sind, eine Vielzahl mobiler Geräte zu verwalten. Im Detail bedeutet das die Verteilung von Applikationen, Daten und Konfigurationseinstellungen auf die Endgeräte mit zentralen Lösungen. Microsoft bietet Unternehmen für die Verwaltung der Geräte den Systems Center Mobile Device Manager an. Darüber hinaus lassen sich mit der Microsoft-Schnittstelle Dritt-anbieter-Lösungen verwalten. Diese müssen lediglich über eine Server-Variante von Microsoft Exchange verfügen. Die direkte Verwaltung des Blackberry-Dienstes und des I-Phones hingegen ist ausschließlich über fir- meneigene Schnittstellen möglich. Demgegenüber können Administratoren die offene Symbian-Plattform anhand unterschiedlicher Systeme von Drittanbietern steuern. Die Schwierigkeit beim Thema MDM: Untereinander sind die verschiedenen Mobile- Device-Management-Schnittstellen nicht kompatibel. Unternehmen, die ihre Mitarbeiter mit Geräten verschiedener Hersteller und Protokoll-Varianten ausgestattet haben, müssen somit mehrere Synchronisationsstandards unterstützen. Claus Eßman, Consultant und MDM-Spezialist bei der Unternehmensberatung Detecon, rät deshalb: Aus Funktions- und Kostensicht gibt es kein Szenario, bei dem sich die Unterstützung mehrer Standards langfristig lohnt. Die Erfahrung zeigt, dass sich die Kosten bei der Verwaltung zweier Standards mehr als verdoppeln. Wir empfehlen Unternehmen daher, sich auf eine Mobil-Plattform zu konzentrieren. Soweit die theoretisch sinnvolle Variante. Bei der Frage des richtigen Standards stehen die meisten Firmen jedoch nicht vor der Option, eine komplett neue Mobilfunk-Landschaft aufbauen zu können. Denn oft ist der Endgeräte-Standard historisch gewachsen, und es sind unterschiedliche Plattformen im Einsatz. Während beispielsweise einige Mitarbeiter mit Endgeräten aus dem Hause Nokia ausgestattet sind, besitzen andere Blackberry- Geräte. Um die verschiedenen Plattformen dennoch sinnvoll verwalten zu können, springen Unternehmen wie Sybase mit ihrer Lösung Afaria in die Bresche. Diese sind in der Lage, mehrere Mobil-Betriebssysteme zu verwalten und die Daten über Plattformgrenzen hinweg synchron zu halten. Sobald Unternehmen jedoch über die klassischen Outlook-Funktionalitäten hinweg denken, gilt das Argument der Ein-Standard- Strategie des Detecon-Beraters. Denn abgesehen von Programmier- und Ausführungsumgebungen wie Java gebe es keine Möglichkeit, maßgeschneiderte Lösungen wie etwa den Datenbankzugriff mit Anbindung an das unternehmenseigene CRM-System plattformübergreifend zu entwickeln, erklärt Eßmann. Doch diese Umgebungen hätten zu starke Einschränkungen und gäben den Programmierern wenig Spielraum, um derartige Anwendungen sinnvoll umsetzen zu können. Daher bleibt letztlich nur die Option, jedes Programm eigens für jede Plattform zu entwerfen und zu administrieren. So ist es für sämtliche Systeme mittlerweile auch für das Apple I-Phone möglich, Drittprogramme zu entwickeln. Dabei offenbart sich ein weiterer Unterschied zwischen den einzelnen Mobil- Betriebssystemen: Bei Symbian und I-Phone müssen die Programme von den Herstellern zertifiziert werden, teilweise gegen Gebühr. Der Vorteil dieser Methode: Schadprogramme, wie sie bereits auf Windows-Mobile- Geräten vorkommen, sind damit weitgehend ausgeschlossen. Löschen aus der Ferne Wichtigstes Feature jeder MDM-Lösung ist die so genannte Remote-Wipe-Funktion, die es dem jeweiligen Systemadministrator ermöglicht, verloren gegangene Endgeräte ferngesteuert zu löschen. Kritische Unternehmensdaten, die sich eventuell auf dem Endgerät befinden, lassen sich nach dem Lösch- vorgang nicht mehr einsehen. Ein nicht zu unterschätzendes Kriterium, immerhin wurden im letzten Jahr allein bei der Deutschen Bahn monatlich über 1.000 verloren gegangene Handys abgegeben. Insbesondere auf Unternehmensebene sei es laut Eßmann wichtig, dass Administratoren auch die Nutzung der Geräte einschränken können. Alle Smartphone-Betriebssysteme sind daher ähnlich einem Desktop-Rechner in der Lage, Nutzern bestimmte Rechte einzuräumen. Damit lassen sich Programme ausschließlich vom Administrator aufspielen. Auch einige Drittanbieter stellen Lösungen bereit, die Smartphones um diese Funktion erweitern. Eßmann: Das Problem an dieser Stelle ist kein technisches, sondern vielmehr ein organisatorisches. Unternehmen müssen bei einem Geräte-Update beispielsweise sicherstellen, dass ein Telefon tatsächlich verfügbar, die Empfangsleistung gut, der Akkuzustand ausreichend ist und der Nutzer das Gerät zum Zeitpunkt der Aktualisierung nicht zwingend benötigt. Der Detecon-Berater schlägt daher vor, den Nutzern selber die Option zu lassen, wann sie Programm-Updates installieren möchten. Durch die administratorseitige Programm- Einschränkung ließen sich darüber hinaus unnötige Kosten vermeiden. Denn einige Programme sorgen für permanenten Datenverkehr über das GPRS-, Edge- oder UMTS-Netz. Bei einem Auslandsaufenthalt kann zudem das Roaming, sprich die Datennutzung in Fremdnetzen, zu unkontrolliert hohen Kosten führen. Doch auch im Inland ist an dieser Stelle Vorsicht geboten: Obwohl die Kosten für mobile Datenverbindungen in den vergangenen Jahren signifikant gefallen sind, entpuppen sich die Daten-Flatrates vieler Telekommunikationsanbieter oftmals nicht als echt. Viele als Flatrate gekennzeichneten Datenoptionen sind auf ein bestimmtes Volumen begrenzt. Nutzt der Anwender die Datenverbindung über dieses Limit hinaus, fallen weitere Gebühren an. Zusätzliches Risiko-Thema sind laut Eßmann die ständig wachsenden Funktionalitäten der Geräte. Auch Blackberry-Telefone, die ursprünglich ausschließlich auf Anwender im Business-Sektor abzielten, drängen mit Funktionen wie Musik-Player und netzseitig angebotenen Download-Diensten in den Consumer-Markt. Smartphones anderer Hersteller warten mit einem Gigabyte-Speicherplatz im zweistelligen Bereich auf. Dabei stellt sich für Unternehmen die Frage, ob sie es ihren Mitarbeitern erlauben möchten, Daten aufzuspielen und alle Funktionen nutzen zu können. Es sei daher wichtig, einige Dienste administratorseitig einschränken zu können. Bei allen Anbietern ist diese Option denn auch durchweg umgesetzt. Eßmann: Das Beispiel zeigt: Prinzipiell befassen wir uns beim Thema Mobile Device Management mit Problemen, welche die Informatik im Desktop- Bereich bereits vor Jahren gelöst hat beziehungsweise gelöst haben sollte. Unklare Kosten Da sämtliche Plattformen die wichtigen Funktionen wie Remote Wipe oder Programmeinschränkungen mitbringen, ist die Frage des richtigen Standards abgesehen von dem Zwang an einer historisch gewachsenen Umgebung festzuhalten vielmehr eine Kosten- statt eine Funktionsfrage. Wenn Unternehmen es für sinnvoll erachten, können sie theoretisch auch eine SAP- oder CRMSchnittstelle für mobile Endgeräte programmieren, meint Khaled Chaar, Direktor im Bereich ITK Outsourcing bei Pironet NDH. Die Frage, ob derartige in der Realität nur selten anzutreffende Lösungen, aus Kostensicht sinnvoll sind, sei jedoch nur schwer zu beantworten. Die Unternehmen kennen die Kosten ihrer abgeschlossenen Mobilfunkverträge. Beim Thema Total Cost of Ownership des Mobile Device Managements streichen die meisten jedoch die Segel, da diese Ausgaben nicht direkt greifbar sind. Oft hilft da Outsourcing an einen externen IT-Dienstleister. Pironet NDH ist beispiels- weise solch ein Unternehmen und stellt Geschäftskunden komplette IT-Landschaften zur Verfügung. Dazu bietet das Unternehmen unter anderem ERP-Umgebungen oder Desktop-Systeme im Software-as-a-Service- Modell. Seinen Kunden ermöglicht das Unternehmen unter anderem die plattformübergreifende Verwaltung ihrer mobilen IT-Landschaft, vom Laptop bis hin zum Mobiltelefon. Der Zugriff auf die unternehmenseigenen Systeme ist durch das Software-as-a-Service-Modell über eine Browser-Oberfläche auch von mobilen Endgeräten aus möglich. Der Trend geht daher laut den Marktanalysten von Gartner auf Anbieterseite, sprich seitens der Mobilfunk-Konzerne, hin zum so genannten Telecom Expense Management (TEM). Sämtliche Kosten, von den bereitgestellten Endgeräten über die Kommunikationskosten bis hin zur Wartung und dem Management der Geräte, verhandeln Anbieter und Anwenderunternehmen dabei als Ganzes. Ziel ist es, insbesondere in großen Konzernen Kostentransparenz über die Telefonausgaben sowie alle anderen mobilen Dienste zu bekommen. Für kleine und mittelständische Unternehmen sind derartige Modelle jedoch auf absehbare Zeit überdimensioniert. Bei ihnen geht es vorwiegend darum, die bereits in Betrieb befindlichen Geräte sinnvoll zu managen. Insbesondere mittelständische Unternehmen seien daher prädestiniert für Outsourcing-Angebote, meint Khaled Chaar. Denn die unternehmensinternen ITAbteilungen stünden häufig vor größeren Herausforderungen, wenn es um ein effektives Mobile Device Management ginge. Unternehmen, die sich mit der Frage des hausinternen oder ausgelagerten Mobile Device Managements beschäftigen, geben die Marktforscher von Gartner drei Kernfragen mit auf den Weg: Wie viel Wissen hat das Unternehmen über die mobile Technologie? Wie komplex sind die Anforderungen? Und wie groß sind die Ressourcen, die ein Unternehmen zum Aufbau einer Infrastruktur mitbringt? ITK-Lösungen unterliegen dem Wandel Wie schnell sich die Branche beim Thema mobile Endgeräte und deren Einbindung in die Unternehmenswelt derzeit verändert, zeigt ein Beispiel aus dem Bereich Mobile Messaging: Noch zur Cebit dieses Jahres präsentierte ein IT-Unternehmen eine Plattform, die es ermöglicht, E-Mail-Nachrichten in SMS zu verpacken und sie auf diesem Weg dem Nutzer zur Verfügung zu stellen. Wenige Monate später hat prinzipiell jedes im Ladengeschäft verfügbare Consumer-Handy eine E-Mail-Lösung an Bord, sodass die SMSLösung bereits ein halbes Jahr später weitgehend überflüssig ist. Für Anwenderunternehmen wird die Frage nach dem richtigen Standard oftmals zu einem Blick in die Kristallkugel, da niemand zum jetzigen Zeitpunkt sagen kann, welcher Anbieter sich langfristig im Markt durchsetzt. So kamen bereits im Jahr 2005 mit einem Versionsupdate der Windows-Mobile-Plattform Gerüchte um das Ende des Blackberry-Dienstes auf. Heute erfreut sich RIM über mehr Nutzer als je zuvor. Als viel versprechend betrachten Marktbeobachter derzeit die kommenden Open-Source-Plattformen Google Android sowie die Limo- Plattform, ein Zusammenschluss mehrerer Handy-Hersteller. Auf Seiten der Mobilfunkkonzerne sieht Detecon-Berater Claus Eßmann den großen Wunsch, die Endgeräte beherrschen zu können. Mobilfunkanbieter möchten in der Lage sein, Geräte nach ihren eigenen Wünschen zu verändern, damit sie auch nach dem Verkauf das User-Interface verändern oder Programm-Updates aufspielen können. Letztlich haben diese Funktionen den Zweck, eigene Produkte über die Mobil-Plattform zu vertreiben.


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