Der insolvente chinesische Smartphonehersteller Baili hat einen Erlass erwirkt, der zu einem Verkaufsverbot des iPhone 6 in China führen könnte. Angeblich hat Apple das Design des Billigkonkurrenten kopiert.
Die Zahl der – zumindest aus gesundem Menschenverstand – zweifelhaften Patentklagen ist in den letzten Jahren sprunghaft angestiegen. Gerade in der schnelllebigen Technologiebranche verlegen sich immer mehr Firmen auf das bloße Sammeln von Patenten, mit denen sie große Hersteller zu teuren Strafzahlungen zwingen wollen. Und selbst wenn die Gebrauchsmuster um Original von den Unternehmen stammen, treibt die Klagewut manchmal komische Auswüchse. Das zeigt aktuell wieder eindrücklich ein Beispiel aus der vermeintlichen Kopier-Nation China. Dort wirft der Smartphonehersteller Baili dem großen US-Konkurrenten Apple nun vor, das Design des iPhone 6 und 6 Plus von seinem Modell »100« abgekupfert zu haben. Diese Anschuldigung klingt alleine schon deshalb reichlich unglaubwürdig, weil das entsprechende Billig-Smartphone nur auf dem chinesischen Markt erhältlich ist und wahrscheinlich bis vor dem Rechtsstreit keinem Apple-Mitarbeiter bekannt war. Hinzu kommt noch der Umstand, dass der Hersteller kurz vor der Pleite steht und dringend Geld zu seiner Rettung braucht. Dazu scheint den Verantwortlichen offenbar jede Quelle recht zu sein. Zumindest würde das auch erklären, warum man die Ähnlichkeit erst zwei Jahre nach Erscheinen des iPhone 6 bemerkt und moniert hat.
Die chinesischen Behörden scheinen die Sachlage jedoch anders zu beurteilen. Das Amt für geistiges Eigentum in Peking hat entschieden, dass der Vorwurf gegen Apple gerechtfertigt ist. Damit droht Apple ein Verkaufsverbot des iPhone 6 zumindest in der Hauptstadt Peking. Sollten sich übergeordnete Behörden der Einschätzung anschließen, könnte das sogar dazu führen, dass Apple sich entweder mit Baili einigen, oder das iPhone 6 landesweit aus dem Handel nehmen muss. Darüber hinaus steht noch eine entsprechende Entscheidung über das aktuelle iPhone 6s aus, dessen Design dem Vorgänger weitgehend entspricht. Die Entscheidung ist nicht der einzige herbe Rückschlag für Apple, das mittlerweile rund 20 Prozent seines Umsatzes in China erwirtschaftet. Erst vor wenigen Wochen hatte ein Gericht dem Unternehmen dort die exklusiven Namensrechte für »iPhone« abgesprochen und einem klagenden Taschenhersteller zugebilligt, ebenfalls Modelle mit dieser Bezeichnung zu verkaufen.
Vergleicht man das iPhone mit dem Baili 100, zeigen sich, zumindest bei sehr oberflächlicher Betrachtung, tatsächlich gewisse Ähnlichkeiten. Allerdings gehen diese nicht viel weiter als bei hunderten anderen Smartphonemodellen aus den letzten Jahren auch. Etwas überspitzt formuliert könnte Mercedes auch beklagen, dass alle anderen Hersteller von motorisierten Fahrzeugen mit vier Rädern nur dreiste Kopien der Motorkutsche von Gottlieb Daimler aus dem Jahr 1886 verkaufen. Dennoch birgt es bei aller Unverständlichkeit auch eine gewisse Ironie, dass dieser wachsweiche Vorwurf ausgerechnet Apple trifft. Immerhin hatte das Unternehmen selbst dereinst beklagt, Samsung hätte sein Design eines quadratischen Tablet-PCs mit abgerundeten Kanten abgekupfert. Insofern wird man jetzt in China mit den eigenen Waffen geschlagen.