Nachdem der Bundestag vergangene Woche Kritik ignoriert und die Neuauflage der Vorratsdatenspeicherung (VDS) beschlossen hat, will der Berliner Provider vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.
Der Berliner Provider mailbox.org kritisiert die erneut beschlossene Vorratsdatenspeicherung scharf: »Wir sehen die politische Brisanz dieser Entscheidung im Umstand, dass der Gesetzgeber alle Bürger per se verdächtigt, präventiv deren Kommunikation erfasst und damit massiv in ihre Grundrechte eingreift. Ein wesentlicher Grundsatz des deutschen Rechtssystems – die Unschuldsvermutung – wird damit praktisch außer Kraft gesetzt. Dies sah das Bundesverfassungsgericht schon im März 2010 ebenso, als es die «, teilt der Provider mit.
Das Unternehmen Heinlein Support als Betreiber von mailbox.org und JPBerlin wird sich deshalb erneut an einer Verfassungsbeschwerde gegen die beschlossene Vorratsdatenspeicherung inhaltlich und finanziell beteiligen. Zwar sieht das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung ausdrücklich keine Speicherpflicht im Bereich E-Mail-Kommunikation vor, doch ist mailbox.org als Anbieter eines öffentlichen Chat-Servers (XMPP) in diesem Bereich von der Vorratsdatenspeicherung voraussichtlich direkt betroffen und damit vor dem Bundesverfassungsgericht beschwerdebefugt. In der Vergangenheit war Heinlein Support schon einmal an der 2010 erfolgreichen Verfassungsbeschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung beteiligt.
Die Vorratsdatenspeicherung verpflichtet sämtliche deutsche Zugangsanbieter (Mobilfunk, Internet) zur Erhebung von Meta-Daten der Kommunikation (»Wer kommuniziert wann mit Wem«). Die eigentlichen Inhalte der Kommunikation werden dabei nicht erfasst – zumindest theoretisch. Dies mag harmlos klingen, doch es ist klar, dass aufgrund dieser Datengrundlage auch die Inhalte weitreichend erfasst werden können. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn diese mit anderen Datenquellen und Informationen verknüpft werden können. Insofern hat die VDS der Zugangsprovider auch für den E-Mail-Verkehr weitreichende Auswirkungen und unterläuft dessen Anonymität und Schutz.
Der Provider kritisiert darüber hinaus, dass aus technischen Gründen bei der Protokollierung von SMS auch deren Inhalt gleich miterfasst wird – was damit am Ende passiert weiß niemand. Auch in vielen anderen Details muss die VDS nach Ansicht des Berliner Anbieters »mehr als nur kritisch hinterfragt« werden. Die Piratenparten und der FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki haben bereits angekündigt, eine Verfassungsbeschwerde einreichen zu wollen.