Durch standortübergreifende Zusammenarbeit sind heute immer mehr Akteure global am Wertschöpfungsprozess eines Unternehmens beteiligt. Vor diesem Hintergrund gewinnt eine effiziente Vernetzung der Mitarbeiter durch Collaboration-Lösungen zunehmend an Relevanz. Zwar setzen einige Unternehmen bereits Videotelefonie- und Videokonferenzsysteme, Instant-Messaging-Dienste und Audio- oder Web-Konferenzen ein, um die Kooperation zu optimieren. Doch nur wenige schöpfen das Potenzial wirklich aus, das ihnen die neuen Kommunikationstechniken bieten.Viele Unternehmen arbeiten heute standortübergreifend, beschäftigen Mitarbeiter im Außendienst oder bieten flexible Arbeitszeitmodelle wie Heimarbeit an. Um flexibel und gleichzeitig effizient zu arbeiten, sind vor allem Echtzeitanwendungen gefragt. Genau dort setzen integrierte Collaboration-Anwendungen an, die im Sinne eines "Unified Communications und Collaboration"-Konzepts (UCC) alle Echtzeitmedien wie Instant Messaging oder Videokonferenzen mit Telefon, E?Mail und Co. in einer Umgebung vereinen, sodass Prozesse schneller, einfacher und kostengünstiger ablaufen.
Raum?, Einzelplatz- oder mobile Lösungen
Die Techniken zur Echtzeit-Collaboration lassen sich dabei in drei Gruppen unterteilen: Raum?, Einzelplatz- oder mobile Lösungen. Bei der ersten Variante handelt es sich in der Regel um komplette Videokonferenzräume. Bei Einzel- oder Arbeitsplatzlösungen sind die technischen UCC-Komponenten oft im Arbeitsplatzrechner eingebaut oder lassen sich durch entsprechendes Equipment wie einem Headset ergänzen. Aufgrund der zunehmenden Leistungsfähigkeit und besseren Bedienungsmöglichkeiten können Anwender Konferenzen mittlerweile auch mobil über Smartphones und Tablet-PCs abhalten.
Ein Mitarbeiter arbeitet beispielsweise drei Tage die Woche in der Unternehmenszentrale und zwei Tage in einer Niederlassung. Zudem ist er oft beim Kunden und muss sich mit Kollegen aus anderen Ländern abstimmen. Durch den Einsatz moderner Kommunikationsmittel hat er die Möglichkeit, an fast jedem Ort zu arbeiten: Via Tablet-PC nimmt er unterwegs an einer Web-Konferenz teil. In seinem Büro steht ein Desktop-Videosystem. Die Unternehmensstandorte verfügen über Videoraumsysteme im globalen Verbund. Für stationäre Arbeitsplätze wie dem Back Office ist eine tiefere Integration der Kommunikations-Tools in die vorhandenen IT-Anwendungen und den Workflow denkbar. So könnte sich die Kommunikation in zentrale Anwendungen wie dem Customer-Relationship-Management- (CRM-) oder Enterprise-Ressource-Planning- (ERP-) System integrieren lassen.
Unified Communications als zentrale Plattform
Die neuen Kommunikationsanwendungen stellen hohen Anforderungen an die Infrastruktur: Das Netzwerk muss einerseits die verschiedenen Dienste bündeln sowie zentral bereitstellen und sie anderseits in der notwendigen Qualität sicher und zuverlässig transportieren. Viele Unternehmen stellen die unterschiedlichen Dienste allerdings immer noch siloartig bereit. Zudem sind diese oft an einen konkreten Standort gebunden. Eine flexible Kommunikation ist damit nur bedingt realisierbar. Solche getrennten Netze und Architekturen gehören auf lange Sicht der Vergangenheit an.
Heutzutage lassen sich die verschiedenen Kommunikationsanwendungen mittels zentraler Unified-Communications-(UC-)Server auf einer Plattform zusammenführen und unternehmensweit bereitstellen. Dadurch hat der Mitarbeiter von jedem Standort aus Zugriff auf die Kommunikations-Tools - unabhängig davon, ob er zu Hause arbeitet oder auf Geschäftsreise ist. Zudem lassen sich bei Bedarf neue Anwendungen hinzufügen. Dadurch ist nicht nur die Zusammenarbeit effizienter, auch Management und Betrieb sind erheblich einfacher.
Einen wichtigen Bestandteil einer effizienten UCC-Lösung stellen die Präsenzinformationen dar. Sie geben Aufschluss über die Verfügbarkeit des jeweiligen Mitarbeiters. Je nach Umfang des Kommunikationsangebots im Unternehmen müssen diese Informationen über die unterschiedlichen Anwendungen hinweg bereitstehen. Dies lässt sich durch eine so genannte Federation-Lösung realisieren. Diese bündelt die Präsenzinformationen entlang der verschiedenen Kommunikationsanwendungen und stellt sie systemunabhängig zur Verfügung. Dadurch ermöglicht sie beispielsweise den Austausch von telefoniebasierender- oder Instant-Messaging-Präsenz - unter Berücksichtigung der Kalenderinformation des jeweiligen Workgroup-Systems sowie Präsenzinformationen weiterer Applikationen.
Diese Anwendungen stellen allerdings höhere Anforderungen ans Netzwerk. Während eine komprimierte Sprachverbindung zirka 30 kBit/s (unkomprimiert etwa 100 kBit/s) benötigt, sind es bei einem HD-Videosignal mit 720p (Bildzeilen) bereits knapp 1 MBit/s und bei einer "Full HD"-Videoübertragung sogar 2 MBit/s oder mehr. Die LAN- und insbesondere die WAN-Umgebung müssen daher in der Lage sein, diese Echtzeitdaten mit niedriger Verzögerung zuverlässig und möglichst ohne Paketverlust zu transportieren. Für die Sprachübertragung sollte beispielsweise die Ende-zu-Ende-Verzögerung entlang aller Komponenten kleiner als 150 ms sein. Videokommunikation ist hingegen besonders anfällig für Paketverluste.
Die Sicherstellung der Dienstgüte (Quality of Service - QoS)) ist somit unerlässlich, um den Datenverkehr in Echtzeit zu gewährleisten und Verzögerungen, Jitter sowie Paketverlusten entgegenzuwirken. Einen weiteren wichtigen Punkt stellt das Bandbreiten-Management ("Admission Control") dar, das über UC-Server zentral und standortübergreifend erfolgt. Der Administrator definiert, welche Kommunikationsform und welcher Nutzer wie viel Bandbreite beanspruchen darf. Dadurch stellt er den optimalen Netzbetrieb sicher und passt die Nutzung der neuen Dienste an die vorhandene Netzkapazität an. Bei der Planung neuer LAN?, WAN- und WLAN-Netze sollten Unternehmen von Anfang der Aspekt der Echtzeitkommunikation und die Bandbreitenanforderungen der Applikationen berücksichtigen. Bei WLAN-Netzen führt dies beispielsweise zu einer dichteren Positionierung der Access Points.
SIP: Offene Standards entscheidend
Offenen Standards und Architekturen spielen eine wichtige Rolle, um neue und bestehende Anwendungen sowie Geräte schnell und einfach in die Netzwerkinfrastruktur zu integrieren. Kommunikationslösungen, die auf dem Session Initiation Protocol (SIP) beruhen, sind daher besonders gefragt. Hierbei handelt es sich um ein textcodiertes Protokoll, das Interoperabilität und Integration innerhalb einer Internet-zentrierten Architektur unterstützt - ähnlich dem Hyper-Text Transport Protocol (HTTP). Zudem ist SIP sehr flexibel und unterstützt alle Arten von Echtzeit-Kommunikation wie Sprache, Video oder Instant Messaging. So ist dieses Protokoll in der Lage, unterschiedliche Medien wie Sprache, Instant Messaging und Video zusammenzuführen. Innerhalb einer Kommunikationssitzung (Session) lässt sich daher die Kommunikationsform einfach wechseln.
Zudem bildet SIP die Grundlage für den Carrier-Anschluss der Zukunft - den SIP Trunk. Dieser wird die heute noch verbreiteten ISDN-Anschlüsse ablösen. In der neuen Architektur sind die Carrier-Übergänge auf der Basis der SIP Trunks weitgehend zentralisiert.
Für die gesicherte Datenübertragung der Echtzeitkommunikation stehen Protokolle wie SRTP (Secure Real-time Transport Protocol) oder TLS (Transport Layer Security) zur Verfügung. Da jedoch durch eine vollständige Migration auf IP-Netze neue, externe Schnittstellen zwischen Unternehmen und Carrier entstehen, reichen diese nicht mehr aus. Daher sind so genannte Session Border Controller (SBC) gefragt, um die Kommunikationsnetzwerke zu schützen und eine reibungslose Echtzeitkommunikation zwischen Unternehmen, Mitarbeitern am Heimarbeitsplatz oder Zweigstellen zu gewährleisten. Als Demarkationspunkt ermöglichen sie den sicheren Übergang zwischen Unternehmensnetz und externen IP-Netzen. SBCs sichern nicht nur die reinen Sprachdienste wie IP-Telefonie, sondern auch SIP Trunks, Videokonferenzen, Cloud-basierende Kommunikation, Instant Messaging und Collaboration-Werkzeuge. Sie bieten Sicherheit auf dem Application Layer und überwachen die Medienströme sowie den ein- sowie ausgehenden SIP-Verkehr. Zudem öffnen sie für die Zeit der Kommunikationssitzung die notwendigen UDP-Ports (User Datagram Protocol) für den (S)RTP-Verkehr. Die Echtzeitübertragung wird durch minimale Verzögerung garantiert, eine Eigenschaft, die bei herkömmlichen Firewalls oft nicht gegeben ist.