Kommentar: Bitkom gegen die Roaming-Abschaffung

Roaming ist uneuropäisch

11. September 2013, 13:10 Uhr | Peter Tischer
Der Vorstoß gegen Roaming-Gebühren von Neelie Kroes ist richtig und wichtig für Europa (Bild: EU-Kommission | Bild Topstory: Anton Balazh - Fotolica.com)

Die EU-Kommission will den europäischen TK-Markt vereinheitlichen und Roaming abschaffen. Ein richtiger Ansatz, denn mit den Grundlagen der EU haben Roaming-Gebühren nichts gemein. Der Branchenverband Bitkom sieht das naturgemäß anders.

Die Europäische Kommission macht Ernst im Kampf gegen Roaming und das ist auch gut so. Für Telefonate im europäischen Ausland mehr zu verlangen als im Inland, verstößt schlichtweg gegen den europäischen Grundgedanken. EU-Komissarin Kroes hat Recht, wenn sie anführt, man habe die innereuropäischen Grenzkontrollen nicht abgeschafft, um beim Einschalten des Handys wieder an sie erinnert zu werden. Wieso sollen die unsichtbaren Grenzen in der Telekommunikation weiter gelten, wenn die realen längst abgeschafft sind? Die Ersten, die gegen eine Wiedereinführung innereuropäischer Grenzen und gegen eine Aufhebung des europäischen Binnenmarktes protestieren würden, wären multinationale Konzerne, zu denen die großen Mobilfunkanbieter in Europa zählen.

Sicher ist es Aufgabe von Bitkom als Lobby-Verband der ITK-Branche, Argumente gegen die Abschaffung von Roaming-Gebühren ins Feld zu führen (CRN berichtete). Diese halten einer kritischen Betrachtung jedoch nicht stand. So argumentiert der Verband, Roaming-Gebühren würden vor allem von vielreisenden Geschäftsmännern bezahlt. Gerade das Überwinden nationaler Grenzen macht doch europäische Unternehmen und eben diese Geschäftsmänner erfolgreich. Durch Roaming profitieren Telefónica, Vodafone und Co von der Vereinheitlichung und Vereinfachung europäischer Regularien, wollen selbst aber keinen Beitrag dazu leisten – im Gegenteil: Europäische Bürger sollen weiter geschröpft werden, um hohe Gewinne zu erzielen.

--- forum[x] ---Ebenso führt der Hinweis auf die fälligen Kosten zur Aufrüstung der europäischen Mobilfunknetze durch die Anbieter deutlich am Ziel vorbei. Wenn die O2-Mutter Telefónica bereit ist, für rund 8,1 Milliarden Euro den Konkurrenten E-Plus zu übernehmen, oder Vodafone seine Anteile an Verizon Wirless für 130 Milliarden Dollar verkauft und sich gleichzeitig Kabel-Deutschland für knapp 11 Milliarden Euro einverleiben will, scheinen die Mobilfunkanbieter über genug finanzielle Reserven zu verfügen, um auch wegfallende Roaming-Gebühren leicht verkraften zu können. Nuda veritas: Es geht nicht um fehlende Nachhaltigkeit in der Politik, wie der Bitkom argumentiert. Die Mobilfunkanbieter wollen nur nicht auf eine Cash-Cow verzichten. Hier muss die EU-Kommission hart bleiben und die Bedürfnisse der europäischen Bevölkerung gegen die Interessen einzelner Großkonzerne stellen. Die Abschaffung der Roaming-Gebühren ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Akzeptanz der Europäischen Politik bei den Bürgern. Die Botschaft muss lauten: Wir machen keine Lobby-Politik, sondern Politik für die Menschen.


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