Abgesehen von dem Ansteckungsrisiko spielen natürlich auch Zeit- und Kostenfaktoren eine Rolle, denn in Großstädten und ihren Ballungsräumen legen Pendler immer längere Distanzen zum Arbeitsplatz zurück. Warum in diesem digitalen Zeitalter eine solch lange Anreise auf sich genommen werden sollte wird auch vielen Skeptikern und Kritikern vor Augen geführt. Vielfach wurde bisher als Argument gegen Homeoffice vorgebracht, dass die Arbeitsdisziplin leide und Mitarbeiter weniger produktiv wären. Führungskräfte fürchteten nicht selten um einen Kontrollverlust. Doch auch hier stellt sich die Frage, wie zeitgemäß eine solche Denkweise noch ist. Die letzten Monate zeigten, dass Mitarbeiter überwiegend gut mit dem höheren Maß an Eigenverantwortung zurechtkommen. Viele sind zuhause sogar produktiver, wenn sie keine Ablenkung durch den Betrieb im Großraumbüro oder Stress im Berufsverkehr erleben.
Geschäftsmodelle für „Remote-Kultur“
Die Corona-Krise ist allerdings auch ein Impulsgeber für neue, kreative Ideen. Im digitalen Raum gibt es etliche Angebote. Beratungsdienstleistungen werden immer öfter über Videokonferenzen erbracht, statt im Rahmen persönlicher Meetings. Konzerte und Lesungen wurden ebenfalls in den Cyber Space verlagert. Mit einem besonderen Kuriosum wartet ein japanischer Reiseveranstalter auf. Dort kann man nun virtuelle Busreisen buchen und die Reiseleiterin begrüßt ihre Gäste über Zoom. An einzelnen Sehenswürdigkeiten werden weitere Fremdenführer zugeschaltet. Abgerundet wird das Angebot durch lokale kulinarische Spezialitäten der „besuchten“ Orte, die die Teilnehmer zuvor per Post erhalten. Die virtuellen Reisen werden so stark nachgefragt, dass der Veranstalter das Angebot sogar nach der Krise beibehalten möchte. Während virtuelle Reisen auch in Zukunft vermutlich ein Randphänomen bleiben werden, kann man davon ausgehen, dass die Zahl der persönlichen Meetings im Business-Umfeld dauerhaft abnehmen wird. Die Geschäftsreisen sind für die Mitarbeiter oft lästig und kosten Unternehmen viel Geld. Setzt man stattdessen auf digitale Alternativen kann zusätzlich unnötiger CO2-Ausstoß vermieden werden.
Corona zwingt zur Beschleunigung
Die Corona-Krise hat Unternehmen regelrecht dazu gezwungen, ihre Digitalisierung zu beschleunigen. Auch Firmen, die früher eher zurückhaltend gegenüber neuen Arbeitsmodellen und -methoden waren, erkennen jetzt Vorteile. Auf lange Sicht wird es zu tiefgreifenden Veränderungen kommen. Ausgeweitete Homeoffice-Möglichkeiten könnten beispielsweise dazu führen, dass wieder mehr Menschen von den Städten auf das Land ziehen. In der Arbeitswelt der Zukunft wird der Nine-to-Five-Bürojob von der Regel zur Ausnahme werden. Stattdessen werden wir eine Vielzahl spannender, flexibler Arbeitsmodelle erleben.
Peer Stemmler ist Head of DACH, Zoom Video Communications.