Früher als von vielen erwartet hat Microsoft im Oktober 2012 die Fertigstellung einer ganzen Reihe von Produkten verkündet. Darunter - neben Office 2013, Exchange Server 2013 und Sharepoint 2013 - auch Lync 2013. Die Kommunikationslösung gewinnt damit an strategischer Bedeutung im Rahmen der Office-Landschaft. Der Beitrag beschreibt die Neuerungen in Lync 2013, dessen generelle Verfügbarkeit für das erste Quartal 2013 geplant ist.Microsoft Lync hat eine lange Vorgeschichte - ausgehend vom "Exchange 2000 Instant Messenger Service" entwickelte sich das Produkt über mehrere Etappen als separater Live Communications Server 2003 beziehungsweise 2005 weiter. Telefonie lief zu diesem Zeitpunkt als CTI-Lösung ausschließlich über separate TK-Anlagen. Mit Office Communications Server (OCS) 2007 integrierte die Software erstmals echtes Voice over IP. Die Verwaltung der gesamten Lösung - vor allem der integrierten Telefonie - war jedoch kompliziert und erforderte Spezialwissen. Daran änderte auch das R2-Update im Jahr 2009 nichts. Mit Lync 2010 erschien vor zwei Jahren eine komplett renovierte Lösung, die vieles vereinfachte und alte Zöpfe abschnitt. Administratoren mussten nicht mehr umständlich an vielen Stellen der Microsoft Management Console nach komplizierten Einstellungen suchen. Alle wichtigen Aufgaben ließen sich in einer grafischen Oberfläche konfigurieren, selten benötigte Einstellungen waren über die Powershell-basierende Konsole erreichbar. Integrierte Befehle und zusätzliche Skripts ermöglichten die komfortable Verwaltung einer großen Anzahl von Benutzern, wie sie in umfangreichen Installationen nötig ist. Eine solche Revolution war bei Lync 2013 nicht zu erwarten. Dennoch bietet die neue Version 2013 in vielen Bereichen Erweiterungen und Verbesserungen - vor allem die wichtige globale Unterstützung von IPv6. Konsolidierung der Server-Rollen Nachdem bereits Lync 2010 für den vollen Leistungsumfang deutlich weniger Server benötigte als OCS, führt Lync 2013 diese Reduzierung fort. Monitoring und Archivierung lassen sich nun direkt auf einem Lync-Server als Rolle nutzen. Dies spart zusätzliche Server und vereinfacht auch die Installation und Administration. Ein SQL-Server ist jedoch weiterhin Voraussetzung. Auch die Bedeutung der optionalen "Director"-Rolle ist weiter zurückgestuft - in vielen Fällen können Anwender komplett auf diesen Server, der sich exklusiv um die Client-Anmeldung und -Weiterleitung kümmert, verzichten. Hochverfügbarkeit und Systemwiederherstellung Kommunikationssysteme spielen eine wichtige Rolle in Unternehmen, längere Ausfallzeiten - speziell bei der Telefonie - sind nicht akzeptabel. Bereits mit Lync 2010 führte Microsoft daher das Konzept des "Backup Registrars" ein, der für Benutzer einspringt, deren Lync-Server ausgefallen ist. Bis das eigene System wieder in Betrieb ist, können die betroffenen Anwender weiterhin telefonieren, allerdings sind einige Funktionen wie Konferenzen und Kontaktlisten in diesem Zustand nicht nutzbar. Lync 2013 bringt auch dort eine Reihe von Verbesserungen mit sich: Jeder Server hält nun eine komplette Kopie der Datenbanken des Backend-Servers vor. Damit ist er in der Lage, auch für temporär übernommene Benutzer nahezu sämtliche Dienste und Funktionen aufrechtzuerhalten. Lediglich "Response Groups" funktionieren nur auf dem jeweils zugewiesenen Server. Im Backend unterstützt Lync 2013 nun SQL-Mirroring. Dies ist deutlich günstiger zu realisieren als die bisherige SQL-Cluster-Option. Durch die ständige Replikation der Datenbanken in die Lync-Frontend-Server lässt sich nun auch ein Ausfall des SQL-Servers überbrücken. Der Betrieb kann ohne Unterbrechung weiterlaufen, bis der Datenbank-Server wieder in Betrieb ist. Einer der zahlreichen, aber zugleich auch wichtigsten Lync-Kommunikationsdienste ist die herkömmliche Telefonie mit dem öffentlichen Telefonnetz - Microsoft nennt dies "Enterprise Voice". Neben der selten genutzten Verbindung über SIP-Provider kommen dabei vor allem Media Gateways zum Einsatz, die in verschiedene Klassen eingeteilt sind. "Basic Media Gateways" erfüllen die grundsätzlichen Anforderungen, um Telefonie zu ermöglichen. Zur obersten Stufe zählen so genannte "Enhanced Media Gateways", bei denen der volle von Microsoft definierte Funktionsumfang getestet beziehungsweise zertifiziert ist. Neuerungen in der Telefonie Der Begriff "Trunk", also eine Sprachverbindung, über die sich mehrere parallele Gespräche führen lassen, ist jetzt in Lync 2013 flexibler gefasst: Eine Kombination aus internem Endpunkt (Mediation Server) und externem Endpunkt (Media Gateway, SIP-Trunk oder IP-TK-Anlage) bildet jeweils einen Trunk. Beide Endpunkte können aber Bestandteil mehrerer Trunks sein, das Routing von Anrufen erfolgt nun in einem n:m-Verhältnis. Gespräche lassen sich auch zwischen einzelnen Trunks verbinden, sodass Lync 2013 die zentrale Schaltstelle aller Telefonverbindungen in einer komplexen Umgebung darstellen kann. Besonders interessant erscheint die zentrale Integration von Skype, die den Benutzern erlaubt, Skype-Kontakte direkt in Lync anzulegen und zu nutzen. Zunächst unterstützt die Lösung - neben der Anzeige des Präsenzzustands - Instant Messaging und Telefonie, Videotelefonie soll später hinzukommen. Damit sind über 280 Millionen Skype-Benutzer weltweit kostenlos und komfortabel aus Lync direkt erreichbar. Derzeit ist noch nicht abzusehen, was dies für die Entwicklung der globalen Kommunikation bedeutet. Die Tatsache, dass Microsoft Skype für den stolzen Preis von 8,5 Milliarden Dollar übernommen hat und Konkurrent Cisco versucht, gegen diesen Deal anzukämpfen, lässt vermuten, dass es dabei durchaus um größere Strategien geht. Unternehmen können mit der Funktion "Persistant Chat" dauerhafte Chatrooms zu verschiedenen Themen einrichten. Dabei lässt sich der Kommunikationsverlauf von den Teilnehmern auch nachträglich verfolgen, um zum Beispiel Benutzer einzubinden, die im Schichtbetrieb arbeiten. Persistant Chat erlaubt eine Kanalisierung des Informationsflusses nach Themengebieten - unterstützt durch eine zentrale Konfiguration berechtigter Benutzer. Diese Funktion existierte zwar bereits in Lync 2010, allerdings war bisher der Lösung deutlich anzusehen, dass sie aus einem zugekauften Produkt entstanden ist. Mit Lync 2013 hat Persistant Chat nun endgültig eine komfortable grafische Administration erhalten. Zudem integrieren sich die Chats in die vorhandenen Lync-Server sowie in den Client, der diese Funktion nun komplett selbst unterstützt, ohne ein separates Anwendungsprogramm zu benötigen. Lync in der Cloud Mit Office 365 unterstützt Microsoft seit einiger Zeit auch die Verwendung von Lync im Rahmen eines Online-Service-Angebots. Dabei ist jedoch gerade die herkömmliche Telefonie in der Regel nicht nutzbar. Lediglich in den USA und Großbritannien lassen sich ein- und ausgehende Gespräche über spezialisierte Provider führen ("Lync-to-phone"). Es ist jedoch neuerdings möglich, eine lokale Installation von Lync 2013 mit der Cloud zu verbinden. In diesem so genannten "Hybridmodus" können auch Cloud-basierende Benutzer die lokale ("On Premise") Telefonieinfrastruktur mitnutzen und ein- und ausgehende Gespräche über die gewohnten Rufnummern führen. Clients, Video und Mobility Lync 2013 bringt am Arbeitsplatz eine Vielzahl von Erweiterungen und Verbesserungen. Dazu kommen komplett neue Lösungen für Mobilgeräte sowie für die Web-basierende Nutzung. Nachfolgend einige Beispiele, die komplette Liste der Neuerungen würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen. So hat Microsoft die Bedienung des Lync-Clients weiter vereinfacht. Abhängig vom jeweiligen Kontext sind jetzt wichtige Funktionen ohne Umwege direkt erreichbar und lassen sich auch auf Tablet-PCs komfortabel mit dem Finger bedienen. Parallele Konversationen sowie Persistant Chats sind nicht mehr auf einzelne Fenster verteilt, sondern in Registerkarten zusammengefasst. Ferner unterstützt Lync 2013 auch verschiedene Virtual-Desktop-Umgebungen für Audio und Video. Damit stehen diese Dienste auch auf Thin-Clients zur Verfügung. Die "Lync Web App" wiederum läuft in verschiedenen gängigen Browser- und Betriebssystemumgebungen, sodass externe Teilnehmer auch ohne Installation eines Lync-Clients vollwertig integriert sind. Für Videogespräche und -konferenzen unterstützt die Lösung endlich auch die weit verbreitete H.264-SVC-Kodierung, wobei sich auch lokal vorhandene Hardwareressourcen nutzen lassen, um bei geringerer CPU-Last eine höhere Videoqualität zu erzielen. "Konferenzen" können jetzt zudem mehrere HD-Videoquellen zusammenfassen, damit nicht nur der gerade aktiven Teilnehmer zu sehen ist. Nicht zuletzt hat Microsoft Client Apps für die wichtigsten Mobilplattformen angekündigt, unter anderem für Windows Phone, Nokia Symbian, Apple IOS und Android. Im Gegensatz zu den bisherigen Lösungen unterstützen diese Clients direkte Sprach- und Videotelefonate über die jeweilige Internet-Verbindung. Dies lässt sich bei Bedarf durch Administratoren einschränken beziehungsweise unterbinden. Allerdings werden diese Applikationen wohl erst mit etwas Verzögerung verfügbar sein. Parallel dazu gibt es separate Clients als Apps für Windows 8, die auch auf der ARM-basierenden Plattform Windows RT funktionieren und das neue Tablet-basierende Design voll unterstützen. Offen bleibt allerdings, ob Microsoft mit den neuen Windows-Phone-8-Geräten, die dieselbe ARM- beziehungsweise RT-Technik nutzen, endlich Marktanteile gewinnen kann.