DIE DEUTSCHE POSITION: Die Wirtschaftsmacht Deutschland ist noch nicht ganz in der digitalen Welt angekommen und hinkt in internationalen Vergleichen oft hinterher. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Digitalisierung deshalb zur Chefsache erklärt und sieht Estland als Vorbild. Auch beim Ziel eines digitalen Binnenmarktes ist sie auf der Seite Estlands. »Wir müssen möglichst vergleichbare Rechtslagen in allen europäischen Ländern haben«, sagte Merkel im Frühjahr. Dabei gehe es um den Umgang mit großen Datenmengen wie auch eigentumsrechtliche Fragen.
WAS DIE ANDEREN EU-STAATEN DENKEN: Trotz Bekenntnissen für mehr Digitalisierung hapert es in vielen EU-Mitgliedsstaaten mit der Umsetzung. Dabei ist die Furcht vor einer Lockerung des Datenschutzes eine hohe Hürde - die Empfindlichkeiten sind sehr unterschiedlich. Häufig mangelt es zudem an der nötigen IT-Infrastruktur. Auch laufen politischen Interessen in der EU auseinander, wie sich etwa bei diesem Thema zeigt: Ein Vorstoß von Deutschland und weiteren Ländern zur Besteuerung von global agierenden Internetgiganten nach ihrem europäischen Umsatz stößt bei einigen EU-Ländern auf Vorbehalte.
HAT EUROPA DENN KEINE ANDEREN PROBLEME? Doch. Und zwar zur Genüge. Dennoch wollen die EU-Spitzen in Tallinn bewusst auch über die digitale Wirtschaft und Gesellschaft sowie Themen wie den Ausbau des schnellen Internets, Datenaustausch und Cybersicherheit sprechen. »Wir verspürten ein starkes Verlangen unserer Partner in der EU, sich mit digitalen Fragen zu befassen», betont die estnische Staatspräsidentin Kersti Kaljulaid.