Eine vom ITK-Systemhausverband VAF veröffentlichte Voice-over-IP-Studie kommt zu dem Ergebnis, dass verbreitete Methoden zur Ermittlung von VoIP-Bandbreiten die tatsächlichen Anforderungen zum Teil drastisch unterschätzen. Viele VoiP-Netze könnten demnach unterdimensioniert sein.
Viele als »VoIP-ready« deklarierte Netze sind zu gering dimensioniert und mit unzureichenden Quality-of-Service-Mechanismen ausgerüstet. So lautet ein Fazit der Studie, die der Stuttgarter Telekommunikations-Experte Prof. Dr. Gerd Siegmund im Auftrag des Systemhausverbands VAF e.V. erstellt wurde. Qualitätsstörungen in falsch konzipierten Netzen seien nahezu unausweichlich, was aber in der Planung oft nicht erkannt werde. Der Grund dafür sind Rechenverfahren, welche die Besonderheiten der Telefonie in IP-Netzen nicht angemessen berücksichtigen.
In der Studie wird darum ein Referenzszenario für die VoIP-Modellierung entworfen, mit dessen Hilfe sich auch der Bandbreitenbedarf realitätsnah ermittelt lässt. Die Studie kann kostenlos auf der Internetseite des VAF www.vaf-ev.de heruntergeladen werden. Ergänzend bietet der Herausgeber ein Kalkulationstool, dessen Anwendung in Workshops einem breiten Fachpublikum praktisch erläutert wird.
Die VAF-Studie analysiert in einem Referenzsystem mit dem theoretischen Maximum von 30 VoIP-Kanälen unterschiedliche QoS-Methoden (VLAN, MPLS, DiffServ und Overprovisioning). Bereits in einem optimistischen Szenario von nur fünf Prozent Datenlast sinkt das noch für VoIP nutzbare Spektrum auf 24 bis lediglich 7 VoIP-Kanäle. Die je nach QoS und Datenlast entstehenden Verluste werden von gängigen Abschätzungsverfahren nicht erkannt.
Zu den Ursachen gehört nach Einschätzung der Verfasser die irrtümliche Übertragung von Erlang-Formeln aus der klassischen Telefonie zur Berechnung von Verkehrswerten. Ebenso verbiete sich das Addieren von VoIP-Kanalbandbreiten in Bit/s, da Paket-Wartezeiten einberechnet werden müssten. Die Vermischung von großen Daten- und kleineren Sprachdatenpaketen erzeuge zusätzliche Verluste. Diese für die Performance maßgeblichen Effekte könnten nur durch geeignete Modellierung in Wartezeitsystemen quantitativ ermittelt werden.
Die Studie richtet sich an ITK-Systemhäuser, Fachhändler und Hersteller, die mit der Planung und Realisierung von VoIP-Systemen und -Netzen befasst sind. Der Verband stellt die Studie und eine Anwendung mit neuem Kalkulationstool in bundesweiten Workshops vor.
29. März 2012 in Hilden bei Düsseldorf, 12. April 2012 in Darmstadt, 10. Mai 2012 in Ismaning bei München, 24. Mai 2012 in Leipzig.