Wachablösung an der Smartphone-Spitze. Innerhalb weniger Monate hat sich der chinesische Hersteller Xiaomi auf Platz drei hinter Samsung und Apple geschlichen.
Eigentlich brauchen Unternehmen meist einige Jahre Vorlauf, um sich überhaupt einen Namen auf dem weltweiten Markt zu machen. Anders Xiaomi. Der Smartphone-Hersteller aus Peking tritt mit einem Paukenschlag an das Licht der globalen Öffentlichkeit, der seinesgleichen sucht. Wurde Xiaomi noch im vergangenen Jahr in den Statistiken der Marktforscher von IDC unter der Kategorie »Andere« geführt, sprang das chinesische Unternehmen in den Zahlen des dritten Quartals ohne Umwege auf Platz drei – hinter Samsung und Apple. Die Absätze konnten sich mit 17,3 Millionen verkauften Smartphones mehr als verdreifachen. Der Marktanteil stieg von weltweit 2,1 auf 5,3 Prozent. Damit liegt Xiaomi noch vor Lenovo mit 5,2 und LG mit 5,1 Prozent. »Schlüssel zum Erfolg war die Veröffentlichung des Mi4-Smartphones im August, das der Hersteller als High End-Alternative zum Status Quo positionierte«, schreiben die Analysten von IDC.
Ein erstaunlicher Erfolg für ein Unternehmen, das erst vor vier Jahren durch den Geschäftsmann Lei Jun gegründet wurde. Nach eigenen Aussagen holte er Spezialisten von Microsoft, Google, Kingsoft, Motorola und Yahoo, um »High End-Technik zu entwickeln, die kein Vermögen kostet.« Dieses Ziel scheint erstaunlich schnell erreicht und eine große Gefahr für Samsung und Apple. Immerhin zeigen die im dritten Quartal um 74 Prozent gefallenen Gewinne von Samsungs Smartphone-Sparte, dass die etablierten Branchengrößen unter dem hohen Druck aus China leiden. Und jetzt kommt mit Xiaomi ein Hersteller, der zumindest im heimischen Markt aggressiv im High End-Segment angreift. Ein weiterer Beweis für das hohe Selbstbewusstsein, mit dem sich chinesische Unternehmen wie Huawei, Lenovo und eben Xiaomi in der ITK-Welt präsentieren. Lei Jung wird schon als Steve Jobs Chinas gehandelt und steht neben Alibaba-Gründer Jack Ma für das neue ITK-Gesicht der Volksrepublik.
Xiaomis rascher Aufstieg funktioniert jedoch nicht ohne teils harsche Kritik. Zuletzt warf Apples Designchef Jony Ive dem chinesischen Mitbewerber vor, »Diebstahl« zu betreiben und in Hinblick auf eigene kreative Arbeit »faul zu sein«. Hugo Barra, Xiaomis Vizepräsident, konterte gegenüber dem Wallstreet Journal, dass er ein großer Fan des iPhones sei und er das Gerät für das »schönste jemals designte Smartphone« halte. Aufgrund dieser Vorreiterrolle in Sachen Optik sei es daher nicht verwunderlich, wenn sich andere Hersteller von Apple inspirieren lassen. »Ich denke es ist großartig, dass Apple existierende Ideen nahm, die gut waren und eigene Designideen draufgesetzt hat«, so Barra. »Das ist es, was sie machen. Und das ist es, was wir machen.«
Fakt ist, dass Hersteller Xiaomi mit dem erfolgreich ist, was er macht. Das ist Smartphones zu einem sehr niedrigen Preispunkt zu verkaufen und pro Gerät nur wenig Gewinn zu erwirtschaften. Dafür gelingt es aber so hohe Mengen abzusetzen, dass die kleinen Beträge mehr als rentabel sind.
Trotz des plötzlichen Sprungs in die Top 3 des Smartphone-Marktes fußt dieser Erfolg aber letztendlich noch im eigenen Land. Hier vertreibt Xiaomi neben Handys mittlerweile auch Fernseher oder Router. Das Unternehmen will sich aber nicht auf den Heimatmarkt beschränken und plant eine starke Expansion in Staaten rund um den Globus. Darunter aufstrebende Märkte wie Brasilien oder Indien und asiatische Länder wie Singapur oder Taiwan. Ob Xiaomi-Geräte allerdings so schnell nach Europa kommen, ist noch unklar. Immerhin gelten die hiesigen Märkte als stark gesättigt und oft von Samsung und Apple dominiert. Letztendlich müsse sich laut den IDC-Analysten aber zeigen, »wie schnell das Unternehmen über die Grenzen der Heimat schreiten kann, um die Absätze zu erhöhen.« Erst dann lässt sich einschätzen, wie bedeutend der Überflieger auch für den weltweiten Smartphone-Markt wird.