Einer der größten deutschen Apple-Händler macht alle Filialen dicht. Gravis-Gründer Archibald Horlitz gibt Apple die Schuld am Niedergang: Seit dem iPhone sei der Hersteller der Meinung, dass er keine Händler mehr brauche. Apple Premium Reseller Comspot will in Deutschland dagegen weiter wachsen.
Das Ende des Apple-Händlers Gravis schlägt in der Branche hohe Wellen. Für einen Reseller lässt sich offensichtlich mit den hochpreisigen Edelprodukten der begehrtesten Elektronikmarke der Welt kein überlebensfähiges Geschäft betreiben.
Der Niedergang verlief schleichend, zuletzt aber immer schneller. Seit 2022 schrieb Gravis Quartal für Quartal rote Zahlen. Eigentümer Freenet versuchte im vergangenen Jahr noch, mit einem neuen Storekonzept und einem neuen Markenauftritt das Ruder wieder herumzureißen und zog jetzt die Reißleine. Nach fast 40 Jahren wird Apples einst wichtigster deutscher Partner jetzt abgewickelt.
In seinem Abschiedsgruß auf Linkedin gibt Gravis-Gründer Archibald Horlitz Apple die Hauptschuld an dem Debakel. Apple sei offensichtlich der Meinung, dass der Markt, sprich die Kunden, Gravis nicht mehr benötigten, so Horlitz. Ganz offensichtlich glaubt man aber wohl bei Apple seit Einführung des Selbstläufers iPhone, dass der Handel nicht mehr gebraucht wird.
Wie Horlitz berichtet, wurden Gravis und auch die wenigen anderen Fachhändler bei der Belieferung mit neuen Apple-Produkten schon seit Jahren extrem benachteiligt: „So wurde z. B. das iPhone 15 zur Markteinführung in einer ersten Stückzahl von 50 Stück an Gravis geliefert, während zeitgleich zehntausende Stück von Apple selbst und über die Telkos ausgeliefert wurden. Erst wenn die initialen Vorbestellungen von Apple selbst abgedeckt sind, wird Gravis mit vernünftigen Mengen beliefert“.
Bis zur iPhone-Einführung hatten laut Horlitz „alle Apple Produkte Handelsmargen, die auch für den stationären Einzelhandel auskömmlich waren, der typischerweise eine Betriebskosten für Personal, Miete, Finanzierung, etc. von ca. 14-18 Prozent hat. Beim iPhone wurde die Gelegenheit genutzt die Marge dieses neuen Produkts auf ca. 8 Prozent zu reduzieren.“
2001 hatte Apple Gravis sogar übernehmen wollen. Der unterschriftsreife Verkauf sei damals wegen der 9/11-Anschläge gescheitert, berichtet Horlitz. Als Apple 2005 mit dem ersten Apple-Store in München begann, eigene Stores in Deutschland aufzubauen, war der Weg vorgezeichnet.
„Apple hat in den letzten Jahren klar entschieden, dass der Fachhandel zukünftig keinen Platz in der Vertriebsstruktur von Apple hat“, so sein bitteres Fazit. Nicht einmal die vergleichsweise schlechten Margen seien das primäre Problem, sondern die fortlaufende Nicht- bzw. Schlechtbelieferung mit Produkten, insbesondere zum Marktstart. „Gegen einen übermächtigen (Ex)Partner wie Apple kann Gravis nicht bestehen“.
Gravis-Konkurrent Comspot weiter auf Wachstumskurs
Gravis war nicht der einzige, aber wohl der bekannteste Apple-Reseller in Deutschland. Michael Hencke, Geschäftsführer des Mitbewerbers Comspot, bedauert es, dass ein langjährige Marktbegleiter verschwindet. Die genannten Gründe für das Scheitern, wie Corona, ein immer stärker werdender Onlinehandel sowie das eng gestrickte Konditionsmodell von Apple, seien aber nur ein Teil des Problems.
„Sich im Apple-Umfeld erfolgreich im Markt zu positionieren, war noch nie einfach. In den letzten Jahren haben sich negative Trends drastisch verschärft und nur, wer sich hier omnipräsent durchnavigieren kann, hat eine Chance“, meint Hencke. Comspot, ein Tochterunternehmen von Byteclub, ist mittlerweile der größte Apple Premium Reseller Europas.
Das Unternehmen setze stark auf Vielseitigkeit und biete Lösungen für Privat- und Businesskunden an. Zum Angebot gehören auch Mietmodelle für Unternehmen. Hencke sei davon überzeugt, dass neben dem Onlinegeschäft auch der stationäre Handel nach wie vor wichtig sei – allen Herausforderungen zum Trotz. „Denn auch wenn viele das Netz nach dem billigsten Angebot durchpflügen, gibt es auf der anderen Seite wiederum auch viele, die sich in einer angenehmen Atmosphäre vor Ort über neueste Technologien informieren und mit Gleichgesinnten im persönlichen Gespräch austauschen wollen - und dabei auch gleich ihre passende IT-Ausstattung zusammenstellen können“, so Hencke.
Comspot hat vor kurzem einen neuen Store in Oldenburg eröffnet und ist als Apple Premium Partner damit jetzt an 19 Standorten vertreten. Hencke betont: „Wir wollen weiterwachsen, denn Service und Präsenz durch Apple Premium Partner haben nach wie vor ihre Berechtigung – auch wenn der Markt nicht einfacher wird.“