Test: Mobotix Mxcontrolcenter

IP-Kameras unter einem Hut

29. Mai 2007, 22:00 Uhr | Kurt Pfeiler

Einfache freie Monitoring-Tools zur Überwachung von Netzwerkkameras sind oft herstellerspezifisch ausgerichtet. Anspruchsvollere Produkte beschränken eine kostenlose Nutzung hingegen meist auf eine einzige Kamera. Mobotix bietet mit dem Mxcontrolcenter ein Tool, das kostenlos und unbeschränkt nutzbar ist und zudem auch IP-Kameras anderer Hersteller integriert.

Das Windows-Tool Mxcontrolcenter (Mxcc) von Mobotix ist für LANline-Leser nicht vollkommen neu:
Schon frühere Tests von Mobotix-Netzwerkkameras (siehe LANline 11/2003 und 4/2005) erwähnten dieses
Programm kurz am Rande. Damals nannte es sich noch MxPEG-Viewer. Dies verwies noch deutlich auf die
seinerzeit strikte Mobotix-Ausrichtung des Tools – ist MxPEG doch das proprietäre (wenn auch offen
dokumentierte) Videokomprimierungsverfahren des Herstellers.

Allerdings fällt die Unterstützung von MxPEG durch Video-Monitoring-Lösungen fremder Anbieter
meist eher dürftig aus, die Standardeinbindung erfolgt oft über Motion JPEG (MJPEG), das Mobotix
natürlich auch bietet. So ist es kein Wunder, dass der Hersteller mit dem "Viewer"-Tool nicht nur
seinen Anwendern etwas "Adäquates" an die Hand geben wollte, sondern auch gegenüber
Fremdherstellern die technischen Qualitäten seines Protokolls demonstrieren wollte. Aus dieser
Historie heraus ist mittlerweile ein Tool entstanden, das – aktuell in der Version 1.3.6 – als
Video-"Leitstand-mit-Recherche" ernst zu nehmen ist und vom Hersteller energisch weiterentwickelt
wird. Auch die aktuelle Namensänderung des kostenlos zum Download
(www.mobotix.com/ger_DE/support/) angebotenen Programms soll dies zum Ausdruck bringen.

Dabei vollzog sich schon vor einiger Zeit eine wesentliche Öffnung des seitdem als "Mxviewer"
bezeichneten Produkts: Prinzipiell lassen sich in rudimentärer Weise (Anzeige des Video-Streams)
beliebige Netzwerkkameras integrieren, sofern sie MJPEG unterstützen, und der Anwender den
entsprechenden URL-Pfad selbst adressiert. Mit dem Mxcc baut Mobotix die direkte Unterstützung von
Fremdkameras deutlich aus: Dies bezieht sich vorläufig auf Axis, weitere Hersteller sollen folgen.
Damit wird das Programm aber nicht nur für reine Mobotix-Anwender interessant, sondern auch für
heterogene Überwachungsumgebungen.

Installation

Mxcc liegt zur Installation als Msi- oder als Zip-Datei vor. Letztlich werden nur die Exe-Datei
sowie (bei Bedarf) die deutsche Sprach-Dll benötigt. Die Ini-Datei für die Konfiguration legt das
Programm nach der ersten Sitzung selbst an. Es ist also durchaus möglich, das Tool in
unterschiedlichen Verzeichnissen beispielsweise mit verschiedenen Konfigurationen oder in
verschiedenen Versionen zum direkten Aufruf zur Verfügung zu halten. Sogar der mobile Einsatz via
USB-Stick stellt damit kein Problem dar. Keinesfalls verzichten sollte der Anwender auf das
(deutsche) Handbuch, das als PDF-Datei separat zum Download bereitsteht.

Mxcc lässt sich beim Programmaufruf mit einer Mxg-Datei (Speicherformat für MxPEG) als Parameter
verknüpfen und dient dann lediglich als Player für diesen Videoclip. Im Normalfall hingegen führt
das Programm beim ersten Aufruf einen automatischen Suchlauf nach Mobotix-Kameras im lokalen
Ethernet-Segment durch und bietet diese zur Übernahme in ein Standard-Layout an. Andere Kameras –
zum Beispiel auch Axis-Modelle – lassen sich später einzeln hinzufügen. Dies gilt auch für Kameras,
bei denen passwortgeschützte Zugriffe nötig sind. Im günstigsten Fall präsentiert sich dem Anwender
gleich nach dem Erststart ein übersichtlicher Videomonitor aller lokalen Mobotix-Kameras.

Kernfunktionen

Die gleichzeitige Liveüberwachung vieler Kameras stellt eine der zentralen Aufgaben von Mxcc
dar. Das Tool bietet dazu flexible Darstellungs- und Gruppierungsmöglichkeiten in vorgegebenen oder
frei definierten und mit Lageplänen hinterlegten Layouts sowie die schnelle Vergrößerung einzelner
Kameras bei Bedarf. Wie im Test (basierend unter anderem auf einer Betavariante der in Kürze
verfügbaren Version 1.4.x) realisiert, lassen sich hier auch sehr schön Systeme unterschiedlicher
Hersteller zusammenführen: Lokal standen von Mobotix die aktuellen Modelle M12 und M22 sowie eine
alte M1 zur Verfügung und zugleich von Axis das neue Modell 212 PTZ (siehe separater Test in dieser
Ausgabe) beziehungsweise eine ältere 205. Über das Internet remote zugeschaltet waren ferner
weitere Mobotix-Modelle (M1, M10 und M22) sowie zwei Demokameras von Axis (213 PTZ und 214
PTZ).

Zu den traditionellen Kernfunktionen von Mxcc zählt die Visualisierung von Kameraalarmen
(Events). Bei Mobotix-Kameras kann das Programm Zusatzinformationen im Video-Stream auswerten, um
optisch oder auch akustisch auf Überwachungsereignisse aufmerksam zu machen. Zusätzlich lassen sich
Alarmbilder in einer separaten Bildliste sammeln und bei Bedarf nach Kameras gefiltert betrachten.
Hinzu kommt die grundsätzliche Fernsteuerungsmöglichkeit von Mxcc durch TCP- oder
HTTP-Notifikationen, die beispielsweise auch viele Kameramodelle von Axis unterstützen. Mit der
Fernsteuerung können sich im Ereignisfall Kameras beispielsweise mit einem jeweils vordefinierten "
Vorzugs-Layout" selbst aufschalten. Ist Mxcc aktuell als Windows-Fenster minimiert, öffnet sich
automatisch das volle Anzeigefenster. Im Test konnte auch die Axis 212 PTZ über HTTP-Notifikationen
problemlos das Mxcc steuern.

Bildaufzeichnungen

Bei der integrierten Bildaufzeichnung – oft ein Kernelement von Monitoring-Lösungen – hält sich
Mxcc deutlich zurück: Das so genannte lokale Recording des Tools ist nur für die "schnelle
Aufzeichnung zwischendurch" konzipiert und pro Kamera auf maximal 128 MByte (Standard: 4 MByte)
beschränkt. Es funktioniert immerhin geräteunabhängig, also auch bei Axis-Modellen, und bietet
zudem verschiedene Exportmöglichkeiten. Für die Langzeitaufzeichnung von Kamerabildern vertraut
Mxcc auf die in den Mobotix-Kameras integrierten Speichermöglichkeiten beziehungsweise deren
Nutzung externer Dateiserver. Mxcc kann entweder über die Kamera oder direkt über den jeweiligen
Dateiserver (deutlich bessere Performance) auf die archivierten Bild- oder Videodaten zugreifen. Es
stellt damit eine interessante Alternative zum klassischen "Player"-Menü in der Weboberfläche der
Mobotix-Kameras dar.

Die Player-Unterstützung selbst ist in dem Tool keineswegs neu, allerdings findet sich seit
kurzem in Mxcc eine zusätzliche Funktion zur Ereignissuche, die sich in einem separaten Fenster
öffnet. Dieses bietet aufwändige Möglichkeiten, innerhalb einer oder mehrerer Kameras Events zu
suchen, anzuzeigen, nachzubearbeiten oder zu exportieren. Verschiedene Navigationsmöglichkeiten
unterstützten sowohl große Zeiträume (Rückgriff über mehrere Tage) als auch die Detailsuche bis hin
zum Einzelbild. Sogar eine Filterung nach unterschiedlichen Mobotix-Event-Typen ist realisierbar.
Insgesamt erscheint dieser neue Funktionsbereich viel versprechend, wenn auch aktuell noch nicht
ganz ausgereift.

Angesichts dieser Auswertungsmöglichkeiten von Langzeitarchiven stellt sich die Frage, wie es um
herstellerfremde Kameras bestellt ist, die in diesem Mobotix-eigenen Technikszenario nicht
mitspielen können. Ein Lösungsansatz kommt indirekt durch ein weiteres kostenloses Windows-Tool von
Mobotix, den "Mxserver". Dieser dient eigentlich in Verbindung mit einer im PC integrierten
Video-Grabber-Card zur Digitalisierung von Bildsignalen analoger Überwachungskameras und deren
Integration in Mobotix-Umgebungen. Nebenbei unterstützt Mxserver allerdings auch die
Daueraufzeichnung fremder IP-Kameras – aktuell lediglich für Axis-Modelle. Eine Frame-Grabber-Karte
ist in diesem Fall überflüssig, und es handelt sich damit um eine kostenlose PC-basierende
Recording-Lösung für eine oder mehrere entsprechende Kamerasysteme. Das geeignete
Visualisierungs-Tool ist auch hier wieder Mxcc, womit zugleich – zumindest für Axis – die Frage
nach einer Archivintegration geklärt ist. Im Test erwies sich dieses Zusammenspiel beider
Mobotix-Tools jedenfalls als tauglich. Da es sich allerdings um Dauer- und nicht um
Event-Aufzeichnung handelt, muss sich der Anwender bei der Recherche von Überwachungssituationen
entweder am Zeitpunkt oder an Parallel-Events von Mobotix-Kameras orientieren.

Aktuelle Highlights

Deutlich weiterentwickelt hat Mobotix in den aktuellen Versionen von Mxcc PTZ-Funktionen (Pan,
Tilt, Zoom) und in diesem Zusammenhang die Nutzung von Joysticks (handelsüblicher
Drei-Achsen-USB-Joystick). Dieser lässt sich laut Dokumentation beispielsweise für die Steuerung
externer Rotoren (Fremdhersteller) bei Mobotix-Kameras nutzen. Höchst interessant ist allerdings
die automatische Unterstützung der integrierten PTZ-Funktionen von Axis-Kameras via Joystick (nicht
über die Maus). Die Funktionalität entspricht annähernd der von Axis im Webbrowser (Internet
Explorer) gebotenen. Im Test überzeugte diese PTZ-Steuerung sowohl bei den mechanischen
Axis-PTZ-Modellen 213 und 214, als auch bei dem rein digitalen PTZ-Modell 212. Allerdings sollte
Mobotix grundsätzlich noch Konfigurationsoptionen für die Joystick-Nutzung in Mxcc vorsehen,
beispielsweise eine Invertierung der Y-Achse – je nach Benutzergewohnheit. Die rudimentären
Digital-PTZ-Funktionen der eigenen Megapixel-Kameras unterstützt Mxcc übrigens nur über die
Maus.

Völlig geräteunabhängig ist allerdings die neue Client-seitige PTZ-Funktionalität des Mxcc, die
sich sowohl bei Livestreams als auch bei Archivbildern nutzen lässt. Der Anwender kann sie sowohl
mit der Wheel-Mouse als auch mit dem Joystick steuern. Besonders nützlich erscheint diese lokale
Vergrößerungstechnik in Verbindung mit der optionalen Entzerrung von Weitwinkel- oder
Fischaugenobjektiven: Speziell bei Decken- oder geneigter Wandmontage der Kamera lässt sich die
Perspektive des Betrachters dabei drehen und ermöglicht so einen virtuellen Rundumblick. Sogar eine
automatische Rotation ist vorgesehen, die im Test allerdings noch nicht perfekt funktionierte.

Insgesamt konnte diese innovative Technik, die sich übrigens auch mit Client-seitigen
Anpassungen für Bildhelligkeit-, -farbe, -kontrast und -schärfe kombinieren lässt, qualitativ und
in der Handhabung überzeugen. Insbesondere bei Megapixel-Streams stellt die lokale PTZ-Funktion
eine interessante Alternative zu serverseitigem Digital-PTZ dar, da sie sich sehr flexibel
einsetzen lässt und die Originaleinstellung der Kamera dennoch unverändert bleibt (wichtig
beispielsweise für die Aufzeichnung oder für Motion-Detection).

Im Rahmen von Mcxx lässt sich die lokale PTZ-Funktion auch fest mit einem Layout verknüpfen, und
der Benutzer kann jederzeit zwischen dem Originalbild und einer voreingestellten PTZ-Position
wechseln. Einzelbildausdrucke von solchen PTZ-Bildern enthalten aus Gründen der korrekten
Dokumentation übrigens jeweils das Originalbild als Vergleich. Eine interessante Anwendungsvariante
ergibt sich auch durch die Möglichkeit, dieselbe Kamera innerhalb eines Mxcc-Layouts mehrfach und
mit unterschiedlichen PTZ-Einstellungen beziehungsweise in Kombination mit dem Originalbild zu
präsentieren. So lässt sich der simultane Blick auf unterschiedliche Überwachungspunkte einer
Kamera realisieren.

Fazit

Viele Detailfunktionen von Mxcc müssen hier unberücksichtigt bleiben – beispielsweise auch das
Mehrbenutzerkonzept. Erwähnenswert sind allerdings noch aktuell anstehende Funktionserweiterungen:
Interessant dürfte für viele Anwender die Exportfunktion ins verbreitete Avi-Format sein. Für
Mobotix-Administratoren sollen eine Funktion für das zentrale Update der Kamerasoftware sowie ein "
Assistent" für kameraübergreifende Konfigurationsansichten und -änderungen hinzukommen.

Wie weit es Mobotix mit dem kostenlosen Mxcc noch treiben wird, bleibt eine spannende Frage. Das
Tool ließe sich sicher noch in viele Richtungen erweitern und verbessern. Inwieweit es die eigenen
Bedürfnisse ausreichend abdeckt, kann der Anwender problemlos selbst ausprobieren. Zumindest dürfte
Mxcc in Migrations- oder Konsolidierungsphasen von Überwachungsumgebungen eine wertvolle Hilfe für
das Anforderungsprofil an eine eventuell doch benötigte kommerzielle Leitstandlösung sein.


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