Wie aufschlussreich Metadaten sein können, demonstrierte der Datenanalyst David Kriesel sehr anschaulich auf dem vergangenen Hackerkongress des Chaos Computer Clubs – nicht anhand von Telefon- oder Internet-Verbindungen, sondern mithilfe von Spiegel Online. Zwei Jahre lang betrieb er beim Nachrichtenportal seine eigene Vorratsdatenspeicherung und sicherte alle veröffentlichten Artikel, mittlerweile rund 80.000 Stück. Aus diesen extrahierte er Metadaten wie Veröffentlichungszeitpunkt, Rubrik, zugewiesene Schlagworte, Textlänge und die Autorenkürzel beziehungsweise Autorennamen. Daraus konnte er nicht nur viele Informationen zu internen Prozessen ableiten, etwa welche Rubriken besonders wichtig sind und daher besonders häufig gefüllt werden oder welche Themen die Redaktion als kontrovers einstuft und ohne Kommentarmöglichkeiten online stellt. Auch zahlreiche, durchaus private Informationen konnte er gewinnen: Zumindest teilweise lässt sich auf die Arbeitszeiten der Redakteure schließen oder wer gut mit wem kann und oft gemeinsam an Artikeln arbeitet. Oder wer regelmäßig gemeinsam abwesend ist und womöglich auch gemeinsam in den Urlaub fährt.
Noch viel weitreichendere Informationen lassen sich dagegen aus den Metadaten der elektronischen Kommunikation ableiten. Allein aus den Daten, wer zu welcher Uhrzeit mit wem kommuniziert, lässt sich das komplette soziale Umfeld ermitteln – und wer das Ganze noch mit den ebenfalls erfassten Standortdaten abgleicht und nach Mustern beziehungsweise auffälligen Unregelmäßigkeiten sucht, erfährt ziemlich schnell, wann ein Telefonat nur mit einem Kollegen, mit dem Ehepartner oder mit einer heimlichen Liebschaft geführt wurde. Nicht umsonst hatte Edward Snowden in einem Interview mit dem Spiegel vor einigen Jahren gesagt, Metadaten seien meist viel wertvoller als der eigentliche Inhalt der Kommunikation.
Dass das hiesige Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung kaum haltbar sein dürfte, bestätigte zuletzt sogar der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags. Dieser erstellte ein Gutachten für die Linkspartei, in dem er zu dem Schluss kam, das Gesetz erfülle nicht die Vorgabe des EuGH, »dass bereits die Speicherung von Vorratsdaten nur bei Vorliegen des Verdachts einer schweren Straftat zulässig ist« und »auf geografisch eingegrenzte Gebiete beschränkt bleiben« müsse, etwa einen Tatort.