KI für die Straße

Wie Foretellix autonome Mobilität sicherer macht

19. August 2025, 10:50 Uhr | Diana Künstler
© aslysun – shutterstock.com

Foretellix will die Entwicklung autonomer Fahrzeuge beschleunigen – mit einer datengetriebenen Toolchain, die reale und simulierte Szenarien vereint. So werden selbst seltene Verkehrssituationen zuverlässig test- und trainierbar.

Janine Günther, Foretellix
Janine Günther, Director of Product Solutions bei Foretellix: „Es gibt Szenarien, die findet man auf der Straße nie, aber genau diese müssen wir testen.“
© Foretellix

Autonomes Fahren gilt als die Königsdisziplin moderner Mobilität, doch gerade auf dem Weg dorthin tun sich enorme Herausforderungen auf. „Mir ist noch nie ein Kind vors Auto gerannt und ich habe schon ein paar Kilometer hinter mir“, sagt Janine Günther, Director of Product Solutions bei Foretellix. Was Günther damit unterstreicht: Grenzfälle, sogenannte „edge cases“, sind im realen Fahrbetrieb kaum erfassbar, aber essenziell für das Training autonomer Systeme. Foretellix will dieses Dilemma mit einer intelligenten Datenautomatisierung auflösen.

Das 2018 gegründete Unternehmen mit Hauptsitz in Tel Aviv und Niederlassungen in Europa, den USA und Asien hat sich der Entwicklung einer skalierbaren, offenen Toolchain für KI-gestützte AV-Systeme verschrieben. Im Zentrum steht die Plattform „Foretify“, die reale Fahrdaten kuratiert, synthetische Szenarien generiert und deren Wirkung umfassend validiert. Laut Unternehmensangaben lassen sich damit nicht nur Entwicklungszeiten halbieren, sondern auch Einsparungen in Höhe mehrerer hundert Millionen US-Dollar realisieren. Ein Argument, das auch im Einkauf der OEMs Gehör finden dürfte (Anm.d.Red.: Original Equipment Manufacturer, deutsch Erstausrüster).

Simulation trifft Realität: die Foretify-Toolchain

Kern der Foretellix-Lösung ist eine modulare Toolchain, die sämtliche Stufen des autonomen Fahrens abdeckt: vom Datensammeln über die Simulation bis hin zur Sicherheitsbewertung. Dabei setzt Foretify sowohl auf reale Fahrdaten als auch auf Szenarien, die rein synthetisch erzeugt werden: etwa mit Nvidia Omniverse und Cosmos, mit denen sich realitätsnahe Verkehrssituationen inklusive Sensordaten in großem Maßstab simulieren lassen.

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„Die Kombination aus realen Fahrdaten und synthetischen Szenarien bringt die Sicherheit auf ein neues Level.“

„Die Kombination aus realer Welt und Simulation erlaubt es uns, nicht nur bekannte Risiken zu testen, sondern auch unbekannte zu entdecken“, so Günther. Besonders hilfreich sei das beim Training KI-gestützter Fahrfunktionen. Denn nur wenn auch die seltensten Verkehrssituationen in der Simulation abgebildet und systematisch variiert werden, lassen sich Systeme robust trainieren und absichern. Foretellix verfolgt dabei einen End-to-End-Ansatz, der sich laut Günther bewusst von anderen Anbietern abhebt, die oft nur punktuelle Lösungen liefern.

Sicherheit per Design und mit offenen Standards

Das israelische Unternehmen versteht sich nicht nur als Technologieanbieter, sondern auch als Enabler für Compliance und Sicherheit. Die Plattform unterstützt etwa durchgängige Dokumentation und liefert Berichte, die direkt in regulatorische Prüfverfahren eingebunden werden können, sei es in den USA mit ihrem Self-Certification-Ansatz oder im europäischen Zertifizierungsrahmen. Damit wird Foretellix zu einem zentralen Werkzeug bei der Erstellung von Nachweisen für den „Safety Case“ oder zur Einhaltung von Standards wie ISO 26262 oder UL 4600. Diese strukturierte Nachweisführung wird für OEMs immer entscheidender und ist dank Foretellix datenbasiert automatisierbar.

Foretellix Software UI
Foretellix Software UI
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Ein weiterer zentraler Baustein: offene Schnittstellen und Standards. So unterstützt Foretellix etwa den DSL-basierten OpenScenario-Standard, der Verkehrsszenarien effizient und sinnvoll beschreibbar macht. „Wenn man hundert Fahrzeuge in einem Szenario steuern möchte, dann muss auch gewährleistet sein, dass ihre Bewegungen physikalisch wie menschlich sinnvoll bleiben“, erklärt Günther. Gleichzeitig lässt sich Foretify flexibel in bestehende OEM- oder Zulieferer-Toolchains integrieren – von IPG CarMaker bis dSpace. In der Praxis bedeutet das: Foretify fungiert als generische Schnittstelle mit Plug-and-Play-Ansatz, auf der sich kundenspezifische Erweiterungen modular aufsetzen lassen.

Auch in Sachen Cybersicherheit bietet Foretellix Ansatzpunkte: Zwar sei das Thema in der Praxis heute noch weniger präsent, doch durch sogenannte Fehlerinjektionen lässt sich schon heute simulieren, wie Systeme auf gezielte Störungen reagieren. „Wir schaffen damit die Voraussetzung, auch auf künftige Bedrohungen vorbereitet zu sein“, so Günther. Zudem ermöglicht die Toolchain, Simulations- und Fahrdaten einheitlich zu bewerten – ein kritischer Schritt, um auch in hochvernetzten Fahrzeugarchitekturen konsistente Sicherheitsbeurteilungen zu ermöglichen.

Strategischer Fokus auf Deutschland und partnerschaftliches Ökosystem

Mit Kunden wie Volvo, Daimler Truck-Tochter Torc, Woven by Toyota oder Nuro ist Foretellix international gut aufgestellt. Auch der deutsche Markt, betont Günther, sei für das Unternehmen strategisch relevant – nicht zuletzt wegen seiner starken OEM-Landschaft und der zunehmenden Bestrebungen, bei KI-Technologien aufzuholen.

Vor Ort agiert das Unternehmen mit einer eigenen GmbH und setzt auf lokale Ansprechpartner. Das ist ein bewusster Schritt, um Nähe zu Kunden und regulatorischen Anforderungen herzustellen. Im Zentrum stehen dabei nicht nur Technologiepartnerschaften wie mit Nvidia, sondern auch die langfristige Zusammenarbeit mit Entwicklungsteams. Günther betont: „Unsere Toolchain ist zwar Plug and Play, aber sie erlaubt dennoch maßgeschneiderte Lösungen und genau das braucht der Markt.“ Die Fähigkeit, sich nahtlos in bestehende Entwicklungsprozesse einfügen zu können, ist dabei ein wesentlicher Differenzierungsfaktor gegenüber klassischen Simulationsanbietern.

„Foretellix liefert die Daten, mit denen autonome Systeme nicht nur trainiert, sondern auch validiert und freigegeben werden können.“

Was die Zukunft betrifft, gibt man sich ambitioniert: Foretellix will die datengestützte KI-Entwicklung weiter vorantreiben, neue Szenarien erschließen und die Validierung noch robuster machen. Das Ziel ist klar: autonome Mobilität schneller, sicherer und für alle zugänglich zu machen.


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