Künstliche Intelligenz

Agentic AI als vollwertiges Teammitglied?

13. August 2025, 16:12 Uhr | Autor: Benjamin Bohne / Redaktion: Sabine Narloch
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Künstliche Intelligenz übernimmt als Agentic AI immer mehr eigenständig Aufgaben. Doch damit KI-Agenten effektiv und ethisch agieren, bedarf es klarer Rahmenbedingungen. Über eine Arbeitswelt, in der KI-Agenten zu komplentären Kräften in hybriden Teams werden.

Künstliche Intelligenz hat sich in den letzten Jahren von einem Hype-Thema zu einer verlässlichen Größe im betrieblichen Alltag entwickelt. Was in vielen Unternehmen einst als Experiment begann, ist heute fester Bestandteil moderner Wertschöpfungsketten. Besonders deutlich zeigt sich diese Entwicklung an einem neuen Meilenstein: der agentenbasierten KI (Agentic AI).

Diese agiert nicht länger nur reaktiv auf Befehle, sondern übernimmt eigenständig Aufgaben und passt ihr Verhalten dynamisch an neue Kontexte an. Sie plant, entscheidet und führt Aufgaben auf der Grundlage von Zielen und Kontext aus – fast so, als wäre sie ein vollwertiges Mitglied des Teams. Und wie in jedem effektiven Team hängt der Erfolg davon ab, wie gut jeder Akteur seine Rolle versteht, mit anderen zusammenarbeitet und reagiert.

Deutschland und Europa bleiben dabei keineswegs am Rand der Entwicklung stehen. Im Gegenteil: Mit einer wachsenden Zahl von Anwendungsfällen und gezielten Investitionen in datengetriebene Infrastrukturen bereiten sich Unternehmen darauf vor, agentenbasierte KI systematisch in ihre Arbeitsabläufe zu integrieren. Laut einer aktuellen Cloudera Studie aus diesem Jahr gaben 66 Prozent der IT-Führungskräfte in Deutschland an, in den letzten zwei Jahren KI-Agenten implementiert zu haben – Tendenz steigend. Dies ist nicht verwunderlich, da 93 Prozent der befragten deutschen Entscheider Investitionen in KI-Agenten als entscheidend ansehen, um einen Vorsprung auf dem Markt zu halten

Vom Werkzeug zum Kollegen

Die eigentliche Revolution liegt nicht in der Technologie selbst, sondern in ihrer Rolle im Teamgefüge. Agentenbasierte KI transformiert sich im Tagesgeschäft vom rein unterstützenden Werkzeug zu einem aktiven, mitdenkenden Partner. In alltäglichen Szenarien analysieren diese Systeme eigenständig Daten, priorisieren Aufgaben und koordinieren sich mit menschlichen Kollegen. Sie übernehmen Routineaufgaben wie die Optimierung der Infrastruktur, die Triage des Kundendienstes und die Überprüfung der Einhaltung von Vorschriften. Außerdem unterstützen sie bei der Beantwortung von Kundenanfragen oder der dynamischen Anpassung von Lieferketten. So können sich die menschlichen Teams noch besser auf strategische und kreative Prioritäten konzentrieren.

Die Grundlage für diesen Wandel ist bereits vorhanden. In Europa haben Unternehmen in den letzten Jahren robuste Datenstrategien entwickelt und mit KI und maschinellem Lernen (ML) experimentiert. Sie haben in eine skalierbare Infrastruktur investiert, Datensilos aufgebrochen und den Wert von KI in bestimmten Geschäftsfunktionen nachgewiesen. Jetzt sind sie bereit für den nächsten Schritt.

Ein Beispiel ist der Energiesektor. Deutsche Versorgungsunternehmen setzen KI-Agenten ein, um Stromnetze in Echtzeit zu steuern, Ausfälle zu vermeiden und gleichzeitig gesetzliche Berichtspflichten zu erfüllen. Im Telekommunikationsbereich können KI-Tools eingesetzt werden, um die Servicebereitstellung durch intelligente Analysen zu verbessern. In der Industrie helfen KI-Agenten bei der Qualitätssicherung, indem sie Anomalien erkennen, die menschlichen Prüfern auf den ersten Blick entgehen können. Im Gesundheitswesen nutzen Krankenhäuser Daten in großem Umfang, um Diagnoseentscheidungen zu unterstützen und die Pflegeprozesse zu optimieren. Diese Entwicklungen zeigen: Agentenbasierte KI kann dort entlasten, wo Routine und Komplexität aufeinandertreffen.

Daten als Fundament – Vertrauen als Voraussetzung

Doch mit der Verantwortung wächst auch der Anspruch. Damit KI-Agenten effektiv und ethisch agieren können, müssen klare Rahmenbedingungen geschaffen werden – insbesondere in Europa, wo Datenschutz und Regulierung eine zentrale Rolle spielen. Die europäische KI-Verordnung (AI Act) setzt neue Maßstäbe für Transparenz, Risiko-Management und Datenqualität. Unternehmen in Deutschland müssen sicherstellen, dass KI nicht nur leistungsfähig, sondern auch nachvollziehbar, kontrollierbar und diskriminierungsfrei ist.

Dies bestätigt auch die Cloudera Studie: 53 Prozent der Befragten in Deutschland äußern Bedenken hinsichtlich möglicher Verzerrungen bei Fairness und Unvoreingenommenheit. Um dem entgegenzuwirken, haben bereits 42 Prozent Maßnahmen zur regelmäßigen Überprüfung von KI-Agenten eingeführt, 37 Prozent kombinieren sogar mehrere Verfahren zur Fairness-Sicherung – etwa durch menschliche Kontrollinstanzen, differenzierte Trainingsdaten und Audits.

Hier zeigt sich auch die Relevanz moderner Datenplattformen: Statt Daten an externe Modelle auszulagern, werden KI-Agenten direkt an unternehmenseigene Datenquellen angebunden – sicher, compliant und lokal. Durch Edge Computing und hybride Cloud-Architekturen werden sensible Informationen dort verarbeitet, wo sie entstehen. Gleichzeitig sorgen Kontrollmechanismen dafür, dass Entscheidungen jederzeit überprüfbar und rekonstruierbar bleiben. So entsteht das Vertrauen, das nötig ist, um agentenbasierte Systeme tief in Arbeitsprozesse einzubetten.

Hybride Teams als neues Normal

Das Zukunftsbild, das sich abzeichnet, ist nicht das einer KI-getriebenen Arbeitswelt ohne Menschen, sondern das einer Zusammenarbeit auf Augenhöhe. KI-Agenten ersetzen keine Fachkräfte, sie unterstützen sie. Sie verhalten sich wie Spezialisten in einem funktionsübergreifenden Team. So wie ein Marketingleiter, ein Compliance-Beauftragter und ein IT-Ingenieur parallel an der Durchführung einer Kampagne arbeiten, können KI-Agenten, unter angemessener menschlicher Aufsicht, zunehmend eigenständig Aufgaben erledigen und dabei die übergeordneten Geschäftsziele im Auge behalten.

Wer dieses Potenzial heben will, sollte nicht auf große Umwälzungen warten, sondern konkrete Schritte gehen: Anwendungsfälle identifizieren, Infrastruktur ausbauen, Kompetenzlücken schließen und eine Unternehmenskultur fördern, die Offenheit für technologiegestützte Zusammenarbeit zeigt.

Deutsche Unternehmen verfügen über viele dieser Voraussetzungen. Die industrielle Stärke, die datengetriebene Produktion und die hohe Fachkompetenz im Mittelstand bieten ideale Ausgangsbedingungen. Was nun zählt, ist der Wille zur Umsetzung. Denn die Organisationen, die es schaffen, Menschen und KI-Agenten als komplementäre Kräfte zu begreifen, werden sich in einem zunehmend dynamischen Marktumfeld einen entscheidenden Vorteil sichern.

In der Zukunft der Arbeitswelt geht es nicht um Mensch oder Maschine. Es geht um Mensch und Maschine – gemeinsam, vernetzt und auf gemeinsame Ziele ausgerichtet. 

Benjamin Bohne ist Group Vice President Sales Central EMEA bei Cloudera

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