Armin Laschet glaubt, seine Wahlkampf-App wurde gehackt. Tatsächlich wurde eine massive Schwachstelle offenbart – und die digitale Inkompetenz eines Kanzlerkandidaten.
Nachdem bekannt wurde, dass die Wahlkampf-App der CDU »CDUconnect« personalisierte Daten speichert und diese – nicht nur die personenbezogenen Daten der Wahlkampf-Helfer und angesprochenen Unterstützern wie Name, Alter und Adresse, sondern sogar Gesprächsinhalte und die persönlichen Einstellungen der Befragten zur Partei – wurde die App zunächst abgeschaltet. Öffentlich einsehbar waren diese Daten ebenfalls. Die fündig gewordene Software-Expertin und Speakerin Lillith Wittmann konnte sich im Web-Interface ganz einfach selbst zum »Superadmin« machen und gab ihre Ergebnisse an Datenschutzbeauftragte in Berlin weiter. Schade eigentlich, ist doch ein schmucker Titel: »CDU-Superadmin«.
Inzwischen funktioniere die App wieder, die Lecks scheinbar geschlossen. Armin Laschet wurde in einem Prosieben-Interview zu dem Geschehen angesprochen und entgegnete Linda Zervakis nur: »Ja die funktioniert wieder. Da war ein Hacker«. Zervakis geht auf die Antwort leider nicht weiter ein und so bleibt eine wichtige Frage offen: Haben wir hier einen Kanzlerkandidaten, der nicht weiß, was überhaupt innerhalb seiner Partei vorgefallen ist oder kennt er den Unterschied zwischen Hackern und Security-Forschenden nicht? Wie ist es um die Digitalisierung in unserem Land bestellt, wenn eine führende Partei immer wieder Aussagen fällt, die eine karge digitale Kompetenz vermuten lässt? Ist das Internet für die CDU seit 2013 immer noch Neuland?
Denn auch 2021 weiß ein Kanzlerkandidat zu einer massiven Lücke in einer App seiner Partei schier nichts zu sagen und schiebt die Schuld einfach auf einen Hacker, der keiner ist. Frau Wittmann ist hinwieder alles andere als unbekannt, und dass sie keine kriminellen Absichten, sondern Aufklärung im Sinn hatte, muss hoffentlich auch niemand explizieren. Anstatt eigene Defizite um den Schutz für mehr als sehr persönliche Daten zu beichten und Buße zu tun, spricht Laschet im Interview des Unterhaltungssenders vergnügt über seine Fußball-Wetten: Die gibt er bevorzugt in Papierform am »Büdchen« ab, als das Internet zu nutzen – auch in Pandemiezeiten. Wittmann zweifelt: »Wenn eine Partei nicht fähig ist, ihre eigene Wahlkampf-App sicher und verantwortungsbewusst zu entwickeln, wie soll sie das dann mit der IT-Infrastruktur eines ganzen Landes hinbekommen?« Berechtigte Frage.
Lillith Wittmann hat die Wahlkampf-Apps der anderen Parteien ebenfalls unter die Lupe genommen: ein einzig Müßiggang. In der App der Grünen könne man einfach den Quellcode öffnen und die URL mit den 50.000 erfassten Hausbesuchen einsehen. Nach 30 Minuten Beschäftigung mit der SPD-App und ähnlichen Resultaten verlor Wittmann ihren Enthusiasmus. Verständlich, ist es immerhin nicht Aufgabe der Zivilgesellschaft unzulängliches Know-how innerhalb von Parteien zu kompensieren, dennoch tun es einige freiwillig.
Wieviel Digital-Kompetenz dürfen wir unseren Politikern zutrauen, die uns eigentlich den Weg der Digitalisierung ebnen sollen? Schalten wir das Internet vielleicht einfach wieder ab. Das setzt sich doch nicht durch.