Trainingsanbieter äußert herbe Kritik am Microsoft-Betriebssystem

Warum Unternehmen Vista derzeit meiden

17. September 2007, 22:51 Uhr |

Studien, die Windows Vista eine geringere TCO (Total Cost of Ownership, Gesamtbetriebskosten) als dem Vorgänger XP bescheinigen, gibt es reichlich. Die Realität sehe in Unternehmen allerdings anders aus, denn die Migration auf Vista bleibe auf absehbare Zeit ein teurer Kraftakt ohne erkennbaren Mehrwert, so Konstantin Mroncz, Geschäftsführer des auf Microsoft spezialisierten Schulungsinstituts Train + Consult.

Ob Unternehmen mit der Migration auf Windows Vista ihre TCO gegenüber den vorhandenen XP-Maschinen senken können, ist ein viel diskutiertes Thema in der IT-Presse und diversen Studien. Mroncz kann über den aktuellen Medien-Hype nur den Kopf schütteln. "Die Nachfrage nach Vista-Schulungen und -Consulting ist minimal, kaum ein Unternehmen will derzeit umstellen", sagt er. "Dies wird sich auf absehbare Zeit auch nicht ändern, denn es gibt wesentlich mehr Gründe, die gegen eine Migration sprechen als dafür."

So könne man beispielsweise vorhandene PCs aufgrund von Hardwarerestriktionen praktisch nicht erfolgreich auf Vista umstellen. Typische Bürorechner, die ein bis zwei Jahre alt sind, haben noch eine Single-Core-CPU und weniger als zwei GByte RAM. Das ressourcenhungrige Vista überfordere diese Maschinen, für die tägliche Arbeit werde die Geschwindigkeit inakzeptabel träge. Sollten die PCs schnell genug sein, ist die Migration dennoch nur in Ausnahmefällen wirtschaftlich sinnvoll. Zum einen müsse zeitaufwändig für jede Komponente im Rechner geprüft werden, ob es überhaupt passende Vista-Treiber gebe. Zum anderen seien viele offiziell freigegebene Vista-Treiber de facto noch im Beta-Stadium. Bei der Installation laufe zwar alles glatt, aber im laufenden Betrieb könnten dann einzelne Geräte den Dienst verweigern. Mroncz? Fazit: Wer wirtschaftlich migrieren will, braucht neue Hardware.

Die Produktivität einer Software hängt entscheidend davon ab, wie die Benutzer damit zurechtkommen. Unter diesem Aspekt ist die neue Oberfläche von Vista laut Mroncz eher ein Spielzeug für technisch affine Geeks als für normale Bürobenutzer. Die Umstellung der Anwender auf die neue Benutzeroberfläche dauere sehr lange, da diese selbst grundlegende Aktionen wie beispielsweise die Navigation im Explorer komplett neu lernen müssten. Die Administratoren kämpften – wenn auch auf einem anderen Level – mit ähnlichen Problemen. Um Vista effektiv zu verwalten, müssten sie sich erst zeitintensiv einarbeiten. Nachschulungen seien auch bei erfahrenen Fachkräften erforderlich, damit der Migrations- und Administrationsprozess nicht an fehlendem Wissen scheitert.

Die nächste Hürde sei die Kompatibilität von Vista zu vorhandenen Anwendungen. In homogenen Microsoft-Netzwerken spiele das Thema wohl keine größere Rolle, leider gäbe es diese in der Realität kaum. Software von Drittanbietern sei beinahe überall anzutreffen, und diese Firmen hätten die Entwicklung von Vista-kompatiblen Versionen oft noch nicht abgeschlossen.

Microsoft werbe zwar damit, dass der Desktop mit Vista viel besser zu verwalten sei, verschweige aber, dass für XP inzwischen das Gleiche gilt. Der praktische Microsoft Desktop Optimization Pack sei nicht exklusiv für Vista, sondern auch für XP freigegeben. So bleibe unter dem Strich nur ein theoretischer Sicherheitsgewinn, den Vista seinem Vorgänger voraus habe. In der Praxis seien die ständig aufpoppenden Warnhinweise sowohl für Administratoren als auch für Anwender allerdings so nervig, dass die Benutzerkontensteuerung oft einfach abgeschaltet werde. Und dann läge XP auch in diesem Punkt wieder mit Vista gleichauf.

"Vista ist derzeit nur ein weit vorangeschrittenes Beta-Release. Es verursacht viel Arbeit und hohe Kosten, bietet aber in der Praxis für Unternehmen keinen Mehrwert gegenüber XP. Ob sich das mit Service Pack 1 bessern wird, steht in den Sternen, denn das wird frühestens im März 2008 erhältlich sein. Und dann sollte man genau prüfen, ob es nicht sinnvoller ist, auf den Vista-Nachfolger zu warten, denn der soll schon Ende 2009 kommen", kommentiert Konstantin Mroncz die aktuelle Debatte.

LANline/jos


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