Digitale Überwachung

China schafft den »besseren Menschen«

1. März 2018, 8:33 Uhr | Peter Tischer

Fortsetzung des Artikels von Teil 5

Kontrolle durch digitalen Wandel

Mit seinen mehr als 770 Millionen Internetnutzern bietet China einen gewaltigen Datenpool. Rund eine halbe Milliarde Chinesen bezahlt heute schon bargeldlos mit dem Handy - am Marktstand, in Restaurants und beim Stromversorger. Die große Mehrheit ist auf der Allzweckplattform WeChat des Konzerns Tencent unterwegs. Im nächsten Jahr können sich Nutzer über WeChat sogar ausweisen: mit einem elektronischen Personalausweis.

Der digitale Wandel bringt Big Data und Big Brother zusammen. Nicht nur in China, sondern auch andernorts. In der Welt von Google, Facebook, Amazon, Baidu und Alibaba wird das Online-Verhalten der Nutzer verfolgt und vorhergesagt. Skeptiker warnen, dass auch andere Staaten der Versuchung nicht widerstehen könnten, Chinas Beispiel zu folgen und die Herrschaft digital durch Kontrolle abzusichern.

So schaut sich die Verwaltung der Nachbarschaft »Morgenröte« auf der anderen Straße des Sozialkreditamtes von Rongcheng schon die Aktivitäten ihrer 12 000 Bewohner auf sozialen Medien genau an. Auf einer Schautafel wird vor kritischen Äußerungen online gewarnt. Wenn jemand »im Internet Gerüchte verbreitet oder andere verleumdet«, könne die Familie nicht mehr als »zivilisiert« eingestuft werden.

Dass Äußerungen in sozialen Medien benotet werden, ist Herrn Chen neu. Er ist Unternehmer, hat zwei Kinder und wohnt seit zehn Jahren in dem Viertel. »Ich denke, dass das System die einfachen Menschen nicht zu sehr betrifft«, meint der 32-Jährige. »Aber ich habe das Gefühl, dass sich das Benehmen der Leute im letzten halben Jahr verbessert hat.« Viele Autofahrer stoppten endlich am Zebrastreifen.


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