Trumps Protektionismus

Cloud Cocooning

9. Dezember 2016, 13:18 Uhr | Peter Tischer

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Flucht vor US-Anbietern

Am 20. Januar 2017 um die Mittagsstunde übergibt Obama Trump im Weißen Haus die Amtsgeschäfte. Macht der Neue sein Versprechen wahr, das transpazifische Handelsabkommen TPP mit elf asiatisch-pazifischen Staaten, darunter Australien und Japan, zu kündigen, werde es »binnen kürzester Zeit« zu einer Cloud-Regionalisierung in dieser Region kommen, prophezeit Jens Weller, Geschäftsführer des Cloud-Telefoniespezialisten Toplink. Ähnliches könnte sich auf allen Kontinenten, also auch in Europa, wiederholen. Denn aus Angst vor Spionage würden, Weller zufolge, Anwender ihre Datenspeicherung in einer »sicheren Cloud innerhalb der firmenspezifischen politischen Hemisphäre« bevorzugen. Deutsche Unternehmen werden demnach eine Cloud wählen, die unter deutschen Datenschutzbestimmungen betrieben wird.

Deutsche Unternehmen, so Wellers Folgerung, würden US-Anbieter »scharenweise verlassen« und in heimische Clouds wechseln. »Seit der nächste US-Präsident feststeht, haben sich die Anfragen bei uns um 30 Prozent erhöht«, beteuert der Toplink-Manager. Die Weltpolitik führe demnach zu einem Cloud Cocooning, also einem Rückzug in die eigenen vier Wände (eines deutschen Rechenzentrums oder des eigenen Serverraum.

Rückzug ins Regionale, ins traute und vertraute Heim: Läuten Populisten wie Trump eine neue IT-Ära des (Cloud-)Biedermeier ein? Das läge zwar nahe, doch für die durchaus handfesten Vorteile räumlicher Nähe und damit verbundener rechtlicher Sicherheit braucht es keine Schützenhilfe unberechenbarer Trumps. Schon seit Jahren verfolgen IT-Hersteller, MSPs und IT-Dienstleister eine Strategie der Regionalisierung ihrer Rechenzentren.

Die hierzulande tätigen US-Hersteller haben lange vor Trump eine Strategie des Cloud Cocooning ausgerufen. Datentreuhänder T-Systems beispielsweise überwacht und kontrolliert in seinen Rechenzentren in Frankfurt und Magdeburg die Microsoft-Cloud. Aus welchen Gründen auch immer Behörden Zugriff auf Daten außerhalb ihrer politischen Hemisphäre begehren, so leicht wie in den vergangenen Jahren wird es ihnen nicht mehr gemacht. Die IT-Industrie hat ihre regionalen Schutzschilde gegen Trump schon längst in Stellung gebracht. Die Zukunft der Cloud ist auch ohne Trump regional.


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