CRN: Home Office, Familienzeit und Sabbaticals statt Karriere und Gehaltserhöhung?
Greis: Eine sehr wichtige Frage, wenn es um die Zukunft der Arbeit geht. Neben der Demografie und den Entwicklungen bei Berufsbildern ist das eine Frage nach den Lebenswelten der jüngeren Generationen.
Wir erleben heute schon eine Generation die das Leben in den Mittelpunkt stellt, die Arbeit rund um ihr Leben organisiert und nicht anders herum. Es geht weniger oder fast gar nicht mehr um Geld, Sicherheit und einen lebenslang sicheren Arbeitsplatz. Es geht um Sinn in der Arbeit, darum Impact zu erzeugen. Oder wir treffen junge Menschen, die plötzlich mal ein paar Monate Pause machen wollen, vielleicht weil es die Lebenssituation erfordert. Oder sie planen eine Weltreise bereits ein paar Jahre nach Berufsbeginn. Mit Blick in die Zukunft scheint die 3-Tage-Woche auch nicht mehr ganz unvorstellbar zu sein: 3 Tage einer festen Arbeit nachgehen und 2 Tage etwas anderes machen, z.B. einer Selbstständigkeit nachgehen – das eigene Unternehmen gründen. Dazu braucht es im Übrigen keine Gewerkschaften um das zu kommunizieren oder in einen Tarifvertrag zu pressen.
CRN: Wie kann man die ältere Generation auf der Reise in die digitale Transformation mitnehmen?
Greis: Indem man die „digitale Transformation“ mit normalen Worten erklärt und nicht in einem Anfall von „Buzzworderitis“ und mit Katastrophenszenarien den Abstand nur weiter erhöht. Wir müssen mit einer Sprache und in Bildern sprechen die anschlussfähig sind und eher Neugier erzeugen statt Angst. Digitale Transformation ist nicht nur eine Frage des Alters. Jedoch wird man an Menschen, die sich nicht öffnen auch nur schwer oder manchmal auch gar nicht rankommen. Dramatisch empfinden wir aber wie oft ältere Menschen aufgrund von Unternehmenspolitik ab einem bestimmten Alter verabschiedet werden und somit wertvolles Wissen und Erfahrung verloren geht. Andererseits gibt es viele ältere Menschen die wollen ja noch Arbeiten, auch in der Welt der Digitalisierung, nur vielleicht nicht 5 Tage die Woche. Es wird Möglichkeiten geben in der Zukunft über Dienstleister wie CompuSafe Lösungen anbieten zu können, um diese Asynchronität zur Arbeitsnachfrage bei Unternehmen zu lösen. Es handelt sich um die gleichen Herausforderungen wie bei der Frage der Lebenswelten jüngerer Generationen.
CRN: Wer profitiert davon, wer wird sich schwertun?
Greis: Durch einen deutlich höheren Grad an Automatisierung entfallen einfache Berufsbilder. Diese werden standardisiert. Der Anteil der Kreativ- und Wissensarbeit an der Wertschöpfung nimmt dagegen weiter zu. Die durchschnittliche Arbeitszeit wird aufgrund weitgehender Automatisierung sinken.
Viele Menschen haben mehr Freizeit. Bei den wenigen Kreativ- und Wissensarbeitern führt dies zu einer extremen Arbeitszeitverdichtung. Auszeiten für Kreativarbeiter zum Erhalt des Kreativitätspotenzials und der mentalen Gesundheit gewinnen an Bedeutung. Beide Entwicklungen führen zu einer ungleichen Verteilung von Arbeitszeit und Einkommen.