Filesharing-Piratin oder harmlose Rentnerin

Gericht verurteilt Rentnerin wegen illegaler Uploads

20. Dezember 2011, 9:32 Uhr | Lars Bube
Eine Münchner Rentnerin soll ohne PC und Router illegal Filme ins Internet geladen haben. (Bild: Fotolia, Herby Me)

Das Amtsgericht hat eine Rentnerin aus München zur Erstattung von 651,80 Euro Abmahnkosten wegen des illegalen Uploads eines Hooligan-Films verurteilt. Dabei besitzt die Dame noch nicht einmal einen Computer.

Skurriler Ausgang eines Rechtsstreits um Filesharing: Eine Münchner Rentnerin wurde vom Amtsgericht dazu verurteilt, ihr auferlegte Abmahnkosten in Höhe von 651,80 Euro für illegale Uploads im Internet zu begleichen. Dabei ging es im speziellen Fall um die angebliche Bereitstellung eines Filmes über Hooligans, den der Rechteinhaber bemerkt und anschließend eine Abmahnung auf den Weg gebracht hatte. Die Rentnerin bestritt die Tat jedoch und bot dem Unternehmen als Kompromiss eine strafbewehrte Unterlassungserklärung an, die erst im Falle eines erneuten Verstoßes Konsequenzen gehabt hätte. Dies akzeptierte der Filmverleih nicht und reichte Klage ein.

Äußerst merkwürdig an der ganzen Geschichte ist allerdings, dass die Verurteilte gar keinen Computer besitzt. Und auch ihr Internetanschluss besteht eher rein theoretisch. Denn die Rentnerin hatte zwar vor über einem Jahr einen Internetanschluss samt Computer von ihrer Familie geschenkt bekommen, diesen jedoch nie benutzt. Deshalb hatte sie den Computer samt WLAN-Router und Co auch schon längst wieder verkauft, muss den Internetzugang jedoch noch bis zum Ablauf der üblichen Zweijahresfrist behalten. Da nach Aussage der Dame allerdings auch kein Dritter Zugang zu ihrem Internet gehabt haben kann, stellt sich nun die Frage, wie dann über ihre IP der beanstandete Upload zustande gekommen sein könnte.

»Die Rentnerin hat bestritten, dass die fragliche Datei über ihren Internet-Anschluss angeboten wurde. Derzeit gehen wir davon aus, dass es bei der Ermittlung oder Rückverfolgung der IP-Adresse zu einem Fehler gekommen ist. So lange die Betroffene hier allerdings nicht sagen kann, um was für einen Fehler es sich handelt, scheint sie jedenfalls vor dem AG München nicht mehr aus der Nummer herauszukommen«, erklärt Rechtsanwalt Christian Solmecke von der Kölner Medienrechtskanzlei Wilde Beuger Solmecke, der auf diesem Gebiet auf seine Erfahrung als rechtlicher Vertreter von bislang über 16.000 Filesharern zurückgreifen kann. Für ihn steht deshalb auch eindeutig fest: »Aus meiner Sicht handelt es sich um ein eindeutiges Fehlurteil«. Deshalb werde man nun Berufung einlegen und mit dem außergewöhnlichen Fall vor das Landgericht ziehen. »Was soll die arme Frau denn noch tun? Ohne W-LAN und ohne Computer kann sie einfach keinen Fehler gemacht haben. Das Amtsgericht München hätte nach meiner Auffassung, wie auch in einem anderen Fall das LG Stuttgart (Urteil vom 28.06.2011, AZ: 17 O 39/11), die Klage schlichtweg abweisen müssen, weil eine Verantwortlichkeit nicht feststand«, so Solmecke.


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