Internet-Business

Google will China den Rücken kehren

16. März 2010, 9:41 Uhr | Bernd Reder
Auslaufmodell? Angeblich will Google seine Aktivitäten in China einstellen.

Nach Informationen von Insidern wird Google seine Aktivitäten in China einstellen. Der Betreiber der weltweit führenden Suchmaschine reagiert damit auf die harte Linie der chinesischen Regierung, die weiterhin auf einer Zensur von Suchresultaten besteht.

Der Erbe? Microsofts Suchmaschine Bing hat in China einen Marktanteil von deutlich unter 1 Prozent.
Der Erbe? Microsofts Suchmaschine Bing hat in China einen Marktanteil von deutlich unter 1 Prozent.

Google will in den kommenden Wochen seine Aktivitäten in China einstellen. Das jedenfalls meldet das Wall Street Journal. Das Wirtschaftsblatt beruft sich auf Informationen aus »gut unterrichteten Kreisen«.

Wie berichtet (siehe »Verwandte Artikel«), wollte Google in Verhandlungen mit der chinesischen Regierung erreichen, dass die Resultate der Suchmaschine nicht mehr von »unliebsamen« Ergebnissen gesäubert werden müssen. Dies lehnt China strikt ab.

Am vergangenen Freitag drohte Li Yizhong, der Minister für Industrie und Informationstechnologie, der US-Firma unverhohlen mit »Konsequenzen«, falls Google die Internet-Zensur aufheben sollte. Offenkundig sieht das Unternehmen nach diesen Signalen keine Chance mehr, zu einer Einigung mit den Machthabern in China zu kommen.

Trend zu »chinesischem Internet«

Sollte Google China den Rücken kehren, würde dies nach Einschätzung der meisten Fachleute den Trend verstärken, ein rein »chinesisches Internet« zu schaffen. Derzeit hat China an die 400 Millionen Internet-User. Pro Tag kommen laut WSJ rund 250.000 hinzu.

Dank der rigiden Zensur des Internet-Zugangs und der Inhalte durch die Behörden steht diesen Nutzern nur ein Bruchteil der Informationen zur Verfügung, auf den User in anderen Regionen zugreifen können. So werden Online-Medien wie Wikipedia, Youtube oder News-Dienste rigoros ausgesperrt.

Der Ausstieg Googles würde es Chinas Machthabern somit deutlich einfacher machen, die Kontrolle über den Internet-Content auszubauen.

Microsoft will Google beerben

Vom Rückzug Googles aus China würde in erster Linie der einheimische Suchmaschinen-Betreiber Baidu profitieren. Dieser hatte nach Angaben der Webanalyse-Firma Stat Counter am 10. März in China einen Marktanteil von rund 57 Prozent. Google kam auf 41 Prozent. Andere Suchmaschinen wie Yahoo (1,47 Prozent) und Microsoft-Bing (0,09 Prozent) spielen keine Rolle.

Ein Unternehmen, das vom Streit Googles mit China profitieren könnte, ist Microsoft. Ein Sprecher der Firma bekräftigte, man werde mit der eigenen Suchmaschine Bing in jedem relevanten Markt antreten, also auch China.

Der Softwarehersteller hat in den vergangenen Monaten eine konziliante Politik gegenüber Chinas Machthabern betrieben. Ein Grund dafür ist, dass Microsoft auf die Kooperation mit den dortigen Behörden angewiesen ist, um Raubkopien von Produkten wie Office und Windows den Garaus zu machen. China gilt als Hochburg, was den Einsatz von gecrackten oder nachgemachten Microsoft-Programmen betrifft.


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