Paypal und Papst eint mehr als »Pa«

Im Dialog mit den Toten

19. Juli 2018, 10:00 Uhr | Jona van Laak
Die Leichensynode von Rom (Foto: Wikipedia)

Ob Papst oder Paypal, wer den Dialog mit den Toten sucht, kann sich gehörig die Finger verbrennen.

Laut hallte das Brüllen durch die langen Flure und Gemächer der päpstlichen Residenz. Schnell war klar: Der Papst hatte schlecht geschlafen. Nun wäre das an sich noch kein Grund zur Beunruhigung gewesen, denn auch Päpste schlafen einmal schlecht. Doch diesmal, an diesem sommerlichen Tag im Juni des Jahres 897, an dem die Hitze die Marmorfassaden zum Glühen und die Würdenträger zum Schwitzen brachte, gebar die Wut Stephan VI. ein noch nie da gewesenes Zeremoniell. Er ließ den verwesten Leichnam seines Vorgängers Formosus aus der päpstlichen Gruft zerren, in weiße Gewänder hüllen und auf einen Thron setzen. Dann begann ein dreitägiges und an Merkwürdigkeit kaum zu überbietendes Spektakel, überliefert als die Leichensynode von Rom.

Stephan VI. warf seinem Vorgänger Eidbruch und Wahlbetrug vor. Ein Diakon übernahm die Verteidigung. Doch das Urteil stand bereits zu Beginn fest und so wurde der Leichnam seiner Kleider beraubt und der Schwurfinger abgehackt. Anschließend versenkte man die körperlichen Reste im Tiber. Stephan VI wiegte sich im Triumph. Hätte er doch besser mal die Dienste einer Kommunikationsagentur in Anspruch genommen, denn so ein Dialog mit den Toten ist ein heikles Unterfangen. Die Außenwirkung war, sagen wir es vorsichtig, katastrophal. Die Bevölkerung Roms war entsetzt und als wenig später die Kuppel der Lateran-Basilika einstürzte, stürmte das Volk die päpstliche Residenz, um Gott nicht weiter zu erzürnen. Der Triumphator landete im Kerker, wo er wenig später erdrosselt aufgefunden wurde.

Da klingt es wahrlich nach schlechten Omen, dass Paypal jetzt auch in den Dialog mit den Toten eingetreten ist. »Ihr Tod verstößt gegen unsere Geschäftsbedingungen«, hat der Zahlungsdienstleister einem Witwer im automatisierten Schreiben mitgeteilt: Wer stirbt, verstößt gegen Paragraf 15.4. Im Vergleich zu Stephan VI. fehlt Paypal vielleicht noch etwas die sakrale Würde und christliche Missionierungsabsicht, doch an monotheistischer Gemeinsamkeit mangelt es nicht: denn die Anbetung des Geldes kann die krudesten Folgen haben.


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