Dass die Wirtschaft die Arbeit der Regierung kritisiert, ist nicht neu. Kurz nach dem Rücktritt von SPD-Chefin Nahles aber wird der Industriepräsident mehr als deutlich - die Kanzlerin allerdings auch.
Die deutsche Industrie hat mit der Wirtschafts- und Steuerpolitik der Bundesregierung abgerechnet. Industriepräsident Dieter Kempf beklagte am Dienstag vor allem hohe Strompreise, zu viel Bürokratie und eine hohe Steuerlast. Auch beim Mobilfunkausbau komme die schwarz-rote Koalition nicht schnell genug voran. »Die Regierung hat einen großen Teil des in sie gesetzten Vertrauens verspielt«, sagte Kempf. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) konterte - es kam zu einem Schlagabtausch. Auch Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) mischte mit.
Kempf kritisierte beim Tag der Industrie in Berlin, die Koalition stehe für das »mutlose Abarbeiten kleinteiliger Sozialpolitik« und ein ungesundes Maß an Umverteilung. Die Regierung schade mit ihrer Politik Firmen. Mit Blick auch auf den Rücktritt von SPD-Parteichefin Andrea Nahles nach parteiinterner Kritik sagte der BDI-Chef, parteitaktische Spielchen dürften nicht länger die Richtung bestimmen: »Die Wähler durchschauen das Feilschen wie auf dem Basar und wenden sich ab von einer Politik nach dem Motto: "Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung gegen Soli-Abbau für alle".«
Dies sind zwei Punkte, die in der Koalition umstritten sind - deren Zukunft nach dem Nahles-Rücktritt und der Turbulenzen in der SPD unsicher ist. Die SPD will eine Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung - die Union aber will, dass nur Menschen davon profitieren, die dies auch brauchen. Beim Solidaritätszuschlag lehnt die SPD eine vollständige Abschaffung ab, wie dies die Wirtschaft und Teile der Union fordern.