Wachsender Widerstand gegen die Cloud

„On-Premise lebt mehr denn je“

23. Februar 2022, 17:07 Uhr | Lars Bube

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Die Cloud, Windows 11 und schwarze Schafe

Überschüssige Software-Lizenzen können bares Geld bringen
© TASPP - Fotolia

ICT CHANNEL: Warum greifen Kunden zu gebrauchten Lizenzen?
Thyen: Softwareeinkäufer sind bei Standardsoftware zu Recht vor allem von Preisen getrieben. Mich verwundert es also nicht, dass häufig gebrauchte Software den Vorzug genießt – schließlich ist es dieselbe Lizenz. Mittlerweile dürfte die entsprechende Auswahl und ein Vergleich der Angebote zum Standard gehören.

ICT CHANNEL: Gleichzeitig haben aber doch im Rahmen der Pandemie viele Unternehmen ihr Office auf die Cloud-Variante MS 365 Umgestellt. Drückt das auf die Nachfrage und Preise, da einerseits viele Lizenzen frei werden, gleichzeitig aber das Interesse an der Standalone-Variante sinkt?
Thyen: In der Tat wurden durch den häufigen Umstieg große Mengen an Lizenzen frei. Erfreulich war hier, dass Microsoft infolge der andauernden Kritik der LizenzDirekt den 2020 plötzlich ergänzten Zusatz, dass nach Umstieg (von SA) auf Abos die Alt-Lizenzen behalten werden müssen, gestrichen hatte. Viele Unternehmen bleiben aber weiterhin bei den On-Premise Lizenzen, weil sie die dauerhaften Kosten und den Cloud-Zwang mit entsprechenden Risiken wie Lock-In-Effekten und mangelnden Datenschutz ablehnen. Hierbei hat die angekündigte Preiserhöhung der Abo-Lizenzen sicherlich geholfen.
Insofern ist von einem Preisverfall weniger auszugehen, da sich gleichzeitig die Zielgruppe auf Abnehmerseite erheblich erweitert hat. On-Premise lebt mehr denn je.

ICT CHANNEL: Welchen Effekt hat Windows 11 auf den Gebraucht-Markt?
Thyen: Windows 11 ist für den Gebraucht-Markt durchweg positiv. Denn die Begeisterung der Unternehmen, Hardware-Upgrades zwangsweise durchführen zu müssen, hält sich stark in Grenzen. Insofern wird die Gebrauchtversion von Windows 10 sicherlich attraktiv bleiben.

ICT CHANNEL: Nach dem Ende von Lizengo und Co. hat es nicht lange gedauert, bis andere vermeintliche Gebrauchtanbieter deren Position eingenommen haben – teils mit verdächtig ähnlichen Webseiten und Versprechen. Können Sie sich erklären, warum dieser Hydra so schwer beizukommen ist?
Thyen: Die Thematik ist auch uns ein besonderes Ärgernis. Als einer der Pioniere im Markt treiben uns solche Angebote manchmal in den Wahnsinn. Die allermeisten Unternehmenskunden würden so etwas gar nicht erst in Betracht ziehen. Dennoch verwundert es, dass die großen Hersteller nicht zumindest energischer bei den ganz „offensichtlich Verdächtigen“ vorgehen, die teilweise auch auf weltweit bekannten Plattformen zu absurden Preisen Lizenzen vertreiben. Wer das Geschäft richtig betreibt, sieht sich mit einer Komplexität und Kosten konfrontiert, die beim Handel mit neuen Lizenzen vermutlich deutlich geringer sind. Jeder Konzern in Europa, bei dem wir ungenutzte Lizenzen gekauft haben, wird Ihnen bestätigen, wie lange ein solcher Prozess dauert und wie viele Experten eingebunden sind. Wir großen Händler tauschen uns untereinander aus, um zumindest die etwas cleveren schwarzen Schafe einzufangen.
Final muss ich hier aber mal eine Lanze brechen für diesen Markt: Bezogen auf das „virtuelle Produkt“, die Mengen, die freie Handelsmöglichkeit und vieles mehr, ist der Lizenzbetrug im privaten Umfeld in ganz Europa um ein Vielfaches größer und im Verhältnis der insgesamt gehandelten Lizenzen sehr gering. Außerdem ist systembedingt selbst beim Handel mit neuen Lizenzen ein solcher Betrug möglich und somit auch wahrscheinlich. Den Markt also schlechtzureden und Unsicherheiten zu schüren kann nur dem Hersteller dienen. In Zeiten, in denen Millionen von Menschen durch global agierende Automobilhersteller oder börsennotierte Finanzdienstleister betrogen werden, sollte man sich auch immer über Verhältnisse bewusst sein.

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