Big Data schafft nicht nur den Zufall ab, sondern beseitigt auch das Bauchgefühl und stereotype Vorurteile. Im Datenjournalismus zeigt sich eine neue Sachlichkeit.
Editorial
Noch nie zuvor gab es so viele Quellen, aus denen Journalisten heute ihre Informationen beziehen können. Dazu gehören Blogs von Firmen und unabhängigen Bloggern ebenso wie das zu Xing gehörende Firmenbewertungsportal Kunundu, Expertenportale oder die von Firmen genutzten sozialen Kanäle. Die klassische Pressemitteilung ist nicht unbedingt mehr die erste Wahl – was für kontroverse Diskussionen unter den Gästen sorgte, die CRN zur Verleihung der diesjährigen Distributions-Awards einlud. Die von mir zitierte Studie einer PR-Agentur, die Journalisten nach bevorzugten Informationsquellen befragt hatte, ist freilich nicht repräsentativ. Natürlich lassen sich alle Medien bei der Wahl ihrer Themen immer auch von offiziellen Pressemitteilungen leiten.
Immer öfter aber kommunizieren Unternehmen interessante und auch brisante Sachverhalte außerhalb ihrer Presseportale in Blogs und Soziale Plattformen wie Facebook oder Twitter. Fast noch wichtiger als die offiziellen Statements hier sind die Kommentare Dritter, die aus diesen Quellen wertvolle Dialogplattformen machen.
Guter Journalismus - auch Online-Journalismus! - bezieht diese Informationen mit ein und wägt ihren Gehalt sorgsam ab. Das gehört zum guten Handwerk. Presse in Zeiten von Big Data wird vielleicht noch einmal ganz anders funktionieren. Datenjournalismus, der neue Trend bei Medienmachern, kommt ohne Pressemitteilungen, ohne Blogeinträge, ja sogar ohne unmittelbare Gespräche mit den handelnden Personen aus.
Denn Daten, die uns heute im Überfluss zur Verfügung stehen, erzählen Geschichten: Der Anteil der Plagiate in Doktorarbeiten (Projekt GuttenPlag) lässt sich mühelos grafisch darstellen oder das Bewegungsprofil eines Smartphone-Besitzers, im Hauptberuf Bundestagsabgeordneter, bequem auf der Landkarte nachverfolgen. Datenjournalistische Arbeit kommt sogar ohne Meinung eines Journalisten aus. Denn Daten, der wertvollste Rohstoff im Big Data-Zeitalter, sprechen allein für sich.
Mit den besten Grüßen
Martin Fryba
CRN-Chefredakteur