Im Interview mit CRN übt Thomas Deutschmann, CEO von Brainloop, harsche Kritik am neuen Datenschutzabkommen »EU-US Privacy Shield«. Statt der propagierten Sicherheit für Anbieter und Kunden, handle es sich dabei lediglich um ein »Safe-Harbor-Reloaded« mit erheblichen Lücken.
Angesichts der vollmundigen Ankündigungen der europäischen Politik zum »EU/US Privacy Shield kennt die Chancen und Risiken der internationale Grenzen überschreitenden Datenverarbeitung und -Speicherung in der Cloud aus dem geschäftlichen Alltag seines Unternehmens genauestens und gilt als ausgewiesener Compliance-Spezialist. Er stellt dem neuen Datenschutzabkommen ein äußerst schlechtes Zeugnis aus und sieht die vom EuGH abgeurteilten Forderungen damit nicht ausreichend erfüllt. Die Risiken für Anbieter und Kunden bei der Datenspeicherung außerhalb der EU bleiben damit seines Erachtens weitgehend bestehen.
CRN: Herr Deutschmann, wie schätzen Sie das neue Datenschutzabkommen Privacy Shield nach dem bisherigen Kenntnisstand ein? Wird das wirklich der große Schritt, als den es die EU-Kommission verkaufen will?
Deutschmann: Nachdem der Europäische Gerichtshof das Safe-Harbor-Abkommen im Oktober gekippt hatte, war die Spannung in Politik und Wirtschaft groß. EU und USA standen in der Pflicht, einen neuen rechtlichen Rahmen zur wirklich sicheren Zusammenarbeit zu schaffen. Der große Paukenschlag blieb jedoch definitiv aus. Ganz im Gegenteil. Es handelt sich vielmehr um einen faulen Kompromiss, um eine erste Frist wahren zu können. Zunächst gibt es ja lediglich eine Ankündigung. Ein endgültiger Entwurf soll erst in den nächsten Wochen folgen, wobei dieser auch zunächst von den Gremien abgesegnet werden muss. Die Ankündigung erinnert eher an ein Spiel auf Zeit und wirft neue Fragen auf.
CRN: Was halten Sie vom vagen Versprechen der USA, unter dem Privacy Shield keine massenhafte Überwachung mehr vorzunehmen?
Deutschmann: Ein unabhängiger Ombudsmann soll mit entsprechenden Kontrollbefugnissen ausgestattet werden und die Durchsetzung der Vereinbarung garantieren. Doch dieser Ombudsmann wird von US-amerikanischer Seite gestellt. Damit ist unklar, welche Interessen das US-Außenministerium tatsächlich verfolgt und wen es unterstützt. Sind es die Interessen der EU oder die der USA? Auch die Zusage des US-Geheimdienstkoordinators, europäische Daten künftig nicht mehr ungefiltert durchzusehen, beruhigt nicht. Ob die Überwachungen von EU-Bürgern durch die USA tatsächlich reduziert werden und das neue Abkommen die Forderungen des Europäischen Gerichtshofs erfüllt, ist mehr als fraglich.