Ein wenig andere Wege geht Postpath. Diese Applikation will einen Exchange-Server so ersetzen, dass die Clients davon nichts mitbekommen. Die Grundidee hierzu stammt vom Samba-Entwicklerteam. Das hat mit Hilfe von IP-Packetgrabbern beobachtet, wie Windows-Fileserver mit ihren Clients reden. Mit diesen Daten haben sie einen SBM/Cifs-Klon erstellt, der heute sogar einen Active-Directory-Server ersetzen kann.
Postpath hat das Mapi-Protokoll des Exchange-Servers beobachtet und neu geschrieben. Der Postpath-Mailserver verhält sich den Outlook-Clients gegenüber wie ein regulärer Exchange-Server. Dazu benötigt die Linux-Software trotzdem einen Active-Directory-Server. Dieser stellt das Benutzerverzeichnis, in welches sich Postpath einhängt.
Auf den ersten Blick erscheint das Ganze ein bisschen seltsam. Warum sollte sich ein Windows-Administrator in seine homogene Systemlandschaft einen Linux-Kuckuck einbauen wollen? Postpath gibt hier als Grund die Performance an. Exchange setzt einen bekanntermaßen gemütlichen Mail-Storage-Pool ein. Postpath verzichtet auf einen proprietären Pool und sichert stattdessen alle Mails in einzelnen Dateien innerhalb des Linux-Dateisystems.
Die Installation des Testsystems gestaltet sich im Testlabor problematisch. Obwohl die Software auch mit Centos 5 arbeiten soll, lässt sie sich mit diesem Betriebssystem nicht aufsetzen.
In einer VM mit Centos 4.5 laufen die Installation und Konfiguration im Textfenster durch. Dabei verlangt das Setup-Skript zuerst die Zugangsdaten zum AD-Controller und modifiziert dort das AD-Schema. Im weiteren Verlauf muss sich der Administrator durch Dialoge arbeiten, welche den SMTP-MTA Postfix konfigurieren und die grundlegenden Postpath-Einstellungen vornehmen. Zwischendrin installiert das Programm immer wieder fehlende Pakete nach und löscht störende Module. Der ganze Prozess dauert länger als eine Stunde – vorausgesetzt, der Administrator hat die Installation zuvor gründlich geplant. Nicht ohnr Grund liefert Postpath für den Test einen 100-seitigen Install-Guide, einen 260-seitigen Administration-Guide und einen 60-seitigen Troubleshooting-Guide mit.
Obwohl sich das Testteam an die Anweisungen des Installation-Guides hält, lässt sich der Postpath-Server nach Abschluss aller Konfigurationsoptionen nicht starten. Die Software bricht mit der Fehlermeldung ab, dass sie die Konfigurationsdaten des Active-Directories nicht laden könne.
Nach Rücksprache mit dem Support stellt sich heraus, dass die Beta-Version den Verwaltungs-Account des PPSD-Servers nicht in die Administratoren-Gruppe einträgt, da diese Gruppe bei einem deutschen Windows anders heißt als bei der US-Variante. Nach dieser Korrektur folgt die kryptische Konfiguration der Mail-Konten mit Hilfe eines sehr altmodischen Text-Mode-Administrationstools. Dieses Tool muss der Administrator zwangsweise verwenden, um die Exchange-Einstellungen der einzelnen User anzupassen.
Jetzt folgt noch eine Odyssee durch viele Windows-Dialoge auf dem Domain-Controller, um den Zertifikatsdienst einzurichten und besondere, für Postpath benötigte Einstellungen anzupassen. Dann endlich kann sich Outlook mit dem Exchange-Klon in Verbindung setzen. Auch das auf Zimbra basierende Web-GUI funktioniert dann. Der Haken dabei: Hier gibt es keinen Zugriff auf öffentliche Ordner wie gemeinsame Adresslisten oder Kalender. Dieses Feature soll erst noch kommen.
Fazit: Die Idee, einen Exchange-Server nahtlos durch Postpath zu ersetzen klingt sehr verlockend. Es bleibt zu hoffen, dass die Verwaltung und Konfiguration in künftigen Versionen dramatisch einfacher werden. Bislang gestaltet sich das Setup sehr umständlich, die Verwaltung kryptisch, und einige wichtige Funktionen wie der Web-Zugriff auf Gruppendaten fehlen.
Postpath gelobt Besserung und verspricht unter anderem ein grafisches Admin-Tool und Gruppen-Folder im Web-GUI mit einem der nächsten Releases. So viel lässt sich schon einmal feststellen: In der Zeit, welche das Postpath-Setup beansprucht, lassen sich problemlos mehrere Exchange-Server einrichten.