Verglichen mit magnetischen HHDs spielen SSDs in einer eigenen Liga, dennoch kann es bei ihnen Unterschiede bei Lese- und Schreibgeschwindigkeiten geben. Vieles hängt von der Anwendung ab, die auf die Daten zugreift. Der Schlüssel liegt in spezieller Software für die Anwendungsoptimierung der SSD.
Der Artikel liefert unter anderen Antworten auf folgende Fragen:
In Deutschland gilt auf vielen Autobahnen (nach wie vor) kein Tempolimit. Reisegeschwindigkeiten von mehr als 130 Stundenkilometern sind deshalb keine Seltenheit. Wer allerdings auf Bergstraßen oder unbefestigten Feldwegen unterwegs ist, kommt mit einem Geländefahrzeug oft schneller ans Ziel als mit einem tiefergelegten Sportwagen. Ein Beispiel, das verdeutlicht: Das „Werkzeug“ sollte passend zur Aufgabe gewählt werden – nicht nur auf der Straße. Im Rechenzentrum bewegen sich Daten mit Lichtgeschwindigkeit, also deutlich schneller als jeder Sportwagen. Doch die Verkehrsbedingungen im Rechenzentrum sind genauso unterschiedlich wie die auf realen Straßen: Manche Daten können sich ungehindert auf mehrspurigen Glasfaserautobahnen bewegen, während andere sich ständig in den Gassen mehrschichtiger Anwendungslandschaften hin und her bewegen oder mit dem ständigen Berufsverkehr der Datenspeicherung zurechtkommen müssen.
Diese Analogie zeigt, dass auch im Rechenzentrum die Wahl des geeigneten Equipments darüber entscheidet, wie schnell und effizient Daten von A nach B kommen. Aus diesem Grund haben Solid-State-Drives (SSDs) die Hard-Disk-Drives (HDDs) weitgehend ersetzt: SSDs lesen Daten etwa zwanzigmal schneller als HDDs und schreiben Daten bis zu zehnmal rascher.
Verglichen mit den mittlerweile fast altmodisch anmutenden magnetischen HHDs spielen SSDs also in einer eigenen Liga, dennoch kann es bei ihnen erhebliche Unterschiede bei den Lese-/Schreibgeschwindigkeiten geben. Vieles hängt von der Anwendung ab, die auf die Daten zugreift: Video-Streaming hat andere Anforderungen an die Interaktion mit SSDs als interaktive Cloud-Anwendungen oder maschinelles Lernen. Aus diesem Grund investieren Hyperscaler, also große Cloud-Anbieter wie zum Beispiel AWS oder Microsoft, viel Zeit, Aufwand und Ressourcen, um ihre eigene Rechenzentrumsausrüstung zu konfigurieren oder manchmal sogar selbst zu entwerfen.
Kleinere Service-Provider und Rechenzentrumsbetreiber haben nicht den Luxus, Server und Speicher an ihre individuellen Anforderungen anzupassen – sie müssen auf Standard-Hardware zurückgreifen. Dies bringt verschiedene Herausforderungen mit sich: So kommt es bei Standard-SSDs zu Latenzspitzen, während regelmäßig Speicherwiederherstellungsroutinen ausgeführt werden, die passenderweise „Garbage Collection“ genannt werden. Diese Spitzen können beim Streaming von Filmen störende Unterbrechungen verursachen oder E-Commerce-Transaktionen verlangsamen. Die Möglichkeit, SSD-Hardware so anzupassen, dass sie solche Probleme bewältigen kann, verschafft den Hyperscalern also definitiv einen Vorsprung.
Für Betreiber von Rechenzentren gibt es jedoch eine weitere Möglichkeit, SSDs auf die Anforderungen einzelner Anwendungen abzustimmen. Der Schlüssel liegt in spezieller Software, die analysiert, wie eine Anwendung die SSD nutzt beziehungweise beansprucht. Wie häufig schreibt die Anwendung Daten und wie schnell? Werden die Daten zufällig oder sequentiell geschrieben? Durch die Analyse des Anwendungsverhaltens kann die SSD-Firmware so optimiert werden, dass sie genau das liefert, was die Anwendung benötigt. Gleichzeitig wird dadurch eine unnötige Abnutzung der SSD vermieden.
Die anwendungsspezifische Anpassung von SSDs zielt in erster Linie auf eine Leistungssteigerung ab, aber gleichzeitig können Rechenzentrumsbetreiber auch TCO-Vorteile erzielen. Konkret profitieren Betreiber in dreierlei Hinsicht von diesem Ansatz:
In einem hart umkämpften Markt müssen Betreiber von Rechenzentren ihre SSD-Ausstattung so genau wie möglich an die Anwendungslast anpassen. Beim Kauf eines Autos ist relativ leicht abzuschätzen, welche Art oder welches Modell man wählt. Entscheidend sind individuelle Fahrgewohnheiten sowie die Straßenbedingungen, mit denen man am häufigsten konfrontiert wird. Sind es vorwiegend Autobahnen, Stadtverkehr oder doch überwiegend Schotter und unbefestigte Straßen im Gelände? Bei der Datenverarbeitung in Rechenzentren ist die Notwendigkeit, die Ausrüstung an die jeweilige Aufgabe anzupassen, weniger offensichtlich. Allerdings ist sie umso wichtiger, gerade wenn man bedenkt, dass das Nutzererlebnis von Millionen von Kunden davon abhängen kann. Die Optimierung der SSD-Firmware für einzelne Anwendungen verschafft Betreibern von Rechenzentren die Pole-Position in ihrem jeweiligen Marktsegment – durch schnellere, langlebigere und zuverlässigere Laufwerke.