Daten auf der digitalen Überholspur

Anwendungsoptimierte SSDs

15. Februar 2023, 6:50 Uhr | Autor: Matthias Poppel / Redaktion: Diana Künstler
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Verglichen mit magnetischen HHDs spielen SSDs in einer eigenen Liga, dennoch kann es bei ihnen Unterschiede bei Lese- und Schreibgeschwindigkeiten geben. Vieles hängt von der Anwendung ab, die auf die Daten zugreift. Der Schlüssel liegt in spezieller Software für die Anwendungsoptimierung der SSD.

Der Artikel liefert unter anderen Antworten auf folgende Fragen:

  • Warum haben SSDs die HDDs im Rechenzentrum weitgehend ersetzt?
  • Warum kommt es bei Standard-SSDs im Rechenzentrum zu Latenzspitzen?
  • Wie kann Anwendungsoptimierung mittels Software helfen, diese Lastspitzen abzumildern?
  • Was sind Vorteile der SSD-Optimierung für Rechenzentrumsbetreiber?

In Deutschland gilt auf vielen Autobahnen (nach wie vor) kein Tempolimit. Reisegeschwindigkeiten von mehr als 130 Stundenkilometern sind deshalb keine Seltenheit. Wer allerdings auf Bergstraßen oder unbefestigten Feldwegen unterwegs ist, kommt mit einem Geländefahrzeug oft schneller ans Ziel als mit einem tiefergelegten Sportwagen. Ein Beispiel, das verdeutlicht: Das „Werkzeug“ sollte passend zur Aufgabe gewählt werden – nicht nur auf der Straße. Im Rechenzentrum bewegen sich Daten mit Lichtgeschwindigkeit, also deutlich schneller als jeder Sportwagen. Doch die Verkehrsbedingungen im Rechenzentrum sind genauso unterschiedlich wie die auf realen Straßen: Manche Daten können sich ungehindert auf mehrspurigen Glasfaserautobahnen bewegen, während andere sich ständig in den Gassen mehrschichtiger Anwendungslandschaften hin und her bewegen oder mit dem ständigen Berufsverkehr der Datenspeicherung zurechtkommen müssen.

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Die „Verkehrsbedingungen“ im Rechenzentrum sind genauso unterschiedlich wie die auf realen Straßen: Manche Daten können sich ungehindert auf mehrspurigen Glasfaserautobahnen bewegen, während andere sich ständig in den Gassen mehrschichtiger Anwendungslandschaften hin und her bewegen oder mit dem ständigen Berufsverkehr der Datenspeicherung zurechtkommen müssen.
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Diese Analogie zeigt, dass auch im Rechenzentrum die Wahl des geeigneten Equipments darüber entscheidet, wie schnell und effizient Daten von A nach B kommen. Aus diesem Grund haben Solid-State-Drives (SSDs) die Hard-Disk-Drives (HDDs) weitgehend ersetzt: SSDs lesen Daten etwa zwanzigmal schneller als HDDs und schreiben Daten bis zu zehnmal rascher.

Verglichen mit den mittlerweile fast altmodisch anmutenden magnetischen HHDs spielen SSDs also in einer eigenen Liga, dennoch kann es bei ihnen erhebliche Unterschiede bei den Lese-/Schreibgeschwindigkeiten geben. Vieles hängt von der Anwendung ab, die auf die Daten zugreift: Video-Streaming hat andere Anforderungen an die Interaktion mit SSDs als interaktive Cloud-Anwendungen oder maschinelles Lernen. Aus diesem Grund investieren Hyperscaler, also große Cloud-Anbieter wie zum Beispiel AWS oder Microsoft, viel Zeit, Aufwand und Ressourcen, um ihre eigene Rechenzentrumsausrüstung zu konfigurieren oder manchmal sogar selbst zu entwerfen.  

Kleinere Service-Provider und Rechenzentrumsbetreiber haben nicht den Luxus, Server und Speicher an ihre individuellen Anforderungen anzupassen – sie müssen auf Standard-Hardware zurückgreifen. Dies bringt verschiedene Herausforderungen mit sich: So kommt es bei Standard-SSDs zu Latenzspitzen, während regelmäßig Speicherwiederherstellungsroutinen ausgeführt werden, die passenderweise „Garbage Collection“ genannt werden. Diese Spitzen können beim Streaming von Filmen störende Unterbrechungen verursachen oder E-Commerce-Transaktionen verlangsamen. Die Möglichkeit, SSD-Hardware so anzupassen, dass sie solche Probleme bewältigen kann, verschafft den Hyperscalern also definitiv einen Vorsprung.

Für Betreiber von Rechenzentren gibt es jedoch eine weitere Möglichkeit, SSDs auf die Anforderungen einzelner Anwendungen abzustimmen. Der Schlüssel liegt in spezieller Software, die analysiert, wie eine Anwendung die SSD nutzt beziehungweise beansprucht. Wie häufig schreibt die Anwendung Daten und wie schnell? Werden die Daten zufällig oder sequentiell geschrieben? Durch die Analyse des Anwendungsverhaltens kann die SSD-Firmware so optimiert werden, dass sie genau das liefert, was die Anwendung benötigt. Gleichzeitig wird dadurch eine unnötige Abnutzung der SSD vermieden.

Die drei Vorteile der SSD-Optimierung

Die anwendungsspezifische Anpassung von SSDs zielt in erster Linie auf eine Leistungssteigerung ab, aber gleichzeitig können Rechenzentrumsbetreiber auch TCO-Vorteile erzielen. Konkret profitieren Betreiber in dreierlei Hinsicht von diesem Ansatz:

  1. Reduzierung der Latenzzeit: SSD-Firmware, die für einzelne Anwendungen optimiert ist, kann die Antwortzeiten beim Lesen und Schreiben um bis zu Faktor 2 reduzieren. So kann der Anbieter eines Video-Streaming-Dienstes die SSD-Firmware so anpassen, dass die eingangs erwähnte Garbage Collection während des aktiven Video-Streamings vermieden wird. Auf diese Weise ist der Betreiber in der Lage, garantierte Antwortzeiten für das Streaming anzubieten, was ihm unter Umständen einen merklichen Wettbewerbsvorteil verschafft.
  2. Langlebigkeit: SSDs müssen regelmäßig ausgetauscht werden, normalerweise nach drei Jahren. Stresstests zeigen, dass die Lebensdauer durch die Optimierung für bestimmte Anwendungen auf bis zu fünf Jahre verlängert werden kann. Der Grund: Schreibvorgänge werden gleichmäßiger über den SSD-Datenraum verteilt. Hyperscaler verwenden dafür eigene Methoden. Bei anwendungsoptimierten SSDs führt die SSD diese Anpassungen jedoch kontinuierlich und automatisch durch, ohne dass ein weiteres Eingreifen erforderlich ist.
  3. Konstante Leistung: Die anfängliche Lese-/Schreibleistung von SSDs neigt dazu, schnell abzunehmen. In der Regel ist sie bereits nach zwölf bis 18 Monaten deutlich geringer und sinkt in manchen Fällen auf nur noch ein Drittel der ursprünglichen Kapazität. Auch hier schneiden anwendungsoptimierte SSDs deutlich besser ab, indem sie spezifische Anpassungen vornehmen, um die Verarbeitung von Daten beim Schreiben zu verbessern: Ihre optimierte Firmware sorgt nicht nur für eine längere Lebensdauer der SSDs, sondern auch dafür, dass die Lese-/Schreibleistung mit einem Leistungsabfall von weniger als zehn Prozent viel näher am Ausgangsniveau bleibt. In Kombination mit dem verlängerten Lebenszyklus macht dieser Leistungsschub anwendungsoptimierte SSDs erheblich kosteneffizienter.

Start von der Pole-Position

Matthias Poppel, Swissbit
Als Chief Sales & Marketing Officer (CSMO) verantwortet Matthias Poppel seit 2018 die weltweiten Vertriebs- und Marketingaktivitäten von Swissbit. Er verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Halbleiter- und Modul-Industrie.
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In einem hart umkämpften Markt müssen Betreiber von Rechenzentren ihre SSD-Ausstattung so genau wie möglich an die Anwendungslast anpassen. Beim Kauf eines Autos ist relativ leicht abzuschätzen, welche Art oder welches Modell man wählt. Entscheidend sind individuelle Fahrgewohnheiten sowie die Straßenbedingungen, mit denen man am häufigsten konfrontiert wird. Sind es vorwiegend Autobahnen, Stadtverkehr oder doch überwiegend Schotter und unbefestigte Straßen im Gelände? Bei der Datenverarbeitung in Rechenzentren ist die Notwendigkeit, die Ausrüstung an die jeweilige Aufgabe anzupassen, weniger offensichtlich. Allerdings ist sie umso wichtiger, gerade wenn man bedenkt, dass das Nutzererlebnis von Millionen von Kunden davon abhängen kann. Die Optimierung der SSD-Firmware für einzelne Anwendungen verschafft Betreibern von Rechenzentren die Pole-Position in ihrem jeweiligen Marktsegment – durch schnellere, langlebigere und zuverlässigere Laufwerke. 


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