Rechtsichere Abnahmemessung

Auf der sicheren Seite

18. August 2021, 7:00 Uhr | Autor: Matthias Caven / Redaktion: Diana Künstler
© funkschau

Das Verlegen oder die Erneuerung einer IT-Verkabelung ist anspruchsvoll. Meist werden Leistungsnachweise von den Elektroinstallateuren oder Netzwerktechnikern gefordert. Doch wie müssen diese aussehen? Was muss eigentlich getestet werden? Und zu was ist der beauftragte Betrieb verpflichtet?

Bei dem Verlegen oder der Erneuerung einer IT-Verkabelung ist der Aufwand mitunter hoch. Umso ärgerlicher ist es, wenn die gewünschte Gesamtperformance nicht so ausfällt wie gefordert. Dann geht schnell die Ursachenforschung los: Liegt es an der Verkabelung mit den Strecken- und Patchkabeln, an den Anschlusskomponenten wie Datendosen und Patchpanel oder wurden einfach nur Fehler bei der Konfektionierung der einzelnen Komponenten gemacht? Vertraglich aufgesetzte Leistungsbeschreibungen und -nachweise sind in diesem Fall hilfreich und sollten zum Standardprozedere gehören.

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§ 319 StGB - Baugefährdung
Ohne vertraglich vereinbarte Leistungsbeschreibung gilt der „Stand der Technik“ und der Auftragnehmer ist in der Pflicht, fragliche Punkte zu klären. Werden Verkabelungsnormen explizit gefordert, sollten diese genauestens bekannt sein.
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Grundsätzlich gilt: Entscheidend ist, was vereinbart wurde oder was in der Leistungsbeschreibung verlangt wird. Idealerweise sollten die beteiligten Parteien vor Beginn des Auftrags festlegen, welche Parameter mit der IT-Verkabelung erreicht werden müssen. Ist hier nichts vereinbart und der Auftraggeber zweifelt die Arbeit des Auftragnehmers an, können mögliche Ansprüche schnell vor Gericht landen: Auch das Gericht wird zuerst immer überprüfen, ob und was im Vorfeld vereinbart wurde. Waren die Absprachen unzureichend, muss nach dem „Stand der Technik“ geprüft werden und das heißt für das Gericht, dass bestehende Normen angewendet werden. Denn der „Stand der Technik“ wird mit der gängigen Expertenmeinung zu verschiedenen Sachverhalten gleichgesetzt – und diese spiegeln sich in den einschlägigen Normen wider.

Da die Datenverkabelung nur ein Teil der Gewerke einer Baumaßnahme ist, müssen auch noch weitere Vorschriften berücksichtigt werden. So erhält zum Beispiel auch der § 319 StGB Baugefährdung  (siehe Grafik Seite 33) seine Relevanz. Zugegeben, es hat noch keinen Fall gegeben, in dem jemand wegen einer nicht korrekt ausgeführten Datenverkabelung im Gefängnis gelandet ist. Da aber auch die Verkabelung mit dem Potenzialausgleich der 230V-Anlage gemäß Norm verbunden werden muss, kann es hier bei unsachgemäßer Handhabung zur Gefahr für Leib und Leben kommen.

Qualifizieren und zertifizieren

Ist also die geforderte Leistung nicht oder nur schwammig vereinbart worden, wird das Gericht im Streitfall den aktuellen „Stand der Technik“, also die aktuelle Norm, zu Rate ziehen. Als Folge daraus muss die IT-Verkabelung zwingend zertifiziert werden, um die geforderten Parameter der Verkabelungsnorm überprüfen zu können. Um diese Anforderung auch fachgerecht durchführen zu können, wird Wissen zur Norm. Ein Abnahme-Messgerät in Form eines Zertifizierers und natürlich entsprechende Fachkenntnisse im Umgang mit dem Gerät werden benötigt. Normen sind in der Umsetzung kein Betätigungsfeld für Laien. Nur dann kann eine anschließende einwandfreie Dokumentation erstellt werden.  

Damit aber nicht erst ein Richter die entsprechenden Forderungen aufstellt, sollte im Vorfeld der Umfang, die Art und die Dokumentation der Abnahmemessung vereinbart werden. Welche Messung die richtige ist, hängt wiederum von den Anforderungen des Auftraggebers ab: In öffentlichen Ausschreibungen oder bei Aufträgen durch Ingenieurbüros wird häufig die Erfüllung der entsprechenden Normen gefordert. Ist das der Fall, ist eine Abnahmemessung mit einem Zertifizierer erforderlich. Bei kleineren Gewerken, wie etwa bei Arztpraxen, Kanzleien oder Agenturen, wird oft nur ein Funktionsnachweis vereinbart, also ob die Daten auch an der entsprechenden Dose mit der gewünschten Geschwindigkeit und Güte ankommen. Dann ist eine sogenannte Qualifizierung, auch Validierung oder Speed Certification genannt, die richtige Messung. Der dafür benötigte Qualifizierer ist in der Anschaffung günstiger als ein Zertifizierer, kann aber einen aussagekräftigen Leistungsnachweis der Verkabelung erbringen.

Worin liegen die grundlegenden Unterschiede? Bei einer Zertifizierung werden sehr viele NF- und HF-Parameter einer Kabelstrecke bis zu einer festgelegten Übertragungsbandbreite in MHz gemessen. Die Norm unterteilt die Systeme in unterschiedliche „Schubladen“, welche in Kategorien oder Übertragungsklassen eingeteilt werden. Wenn man jetzt die am meisten genutzte Schublade mit 500 MHz herauszieht, dann wird hier von der Kategorie 6A beziehungsweise der Klasse EA gesprochen. Bei der Qualifizierung definiert sich die Leistungsfähigkeit der Verkabelung über die mögliche, maximale Datenrate. Dabei werden „echte“ Daten übertragen und es wird geprüft, wie viele Bits „verlorengehen“. Es darf bei diesem Test nur 1 Bit von 1.000.000.000 Bits verlorengehen. Daneben sollten noch weitere Parameter wie der Signal-Rausch-Abstand, eine eventuelle Übertragungsverzögerung im Kabel und natürlich der Verdrahtungsplan überprüft werden. Auch bei der Qualifizierung kann eine aussagkräftige Dokumentation erstellt werden.


  1. Auf der sicheren Seite
  2. Prüfen gemäß Stand der Technik

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