Neue Anwendungsgebiete, neue Verkabelungsstrukturen
10. Oktober 2018, 15:00 Uhr |
Autor: Alfred Huber / Redaktion: Diana Künstler
Unaufhaltsam bahnt sich Ethernet seinen Weg hin zum universellen Übertragungsprotokoll für alle nur vorstellbaren Anwendungsfälle, in denen (Daten-)Kommunikation verwendet wird. Die nächste Abwandlung steht bereits vor der Tür: die Automotive-Industrie schickt sich gerade an, Ethernet in Fahrzeuge zu implementieren.
Richtig messen nach den neuen Link-Definitionen.
Lange Zeit waren strukturierte Verkabelungen reserviert für den Einsatz in Netzwerken der Bürokommunikation. Als Verbindungsader von aktiven Geräten, welche die jeweiligen Protokolle untereinander austauschten. Heutzutage werden die Einsatzbereiche jedoch immer vielfältiger. Diente ein Netzwerk früher nur zur Verknüpfung von Computern, so werden jetzt nicht nur zusätzlich Telefone, sondern weit mehr Anwendungen auch über dieselbe Struktur geführt. Früher war auch der Aufbau einer derartigen (Daten-)Übertragungstrecke eindeutig definiert: Sie bestand aus einem festen Verlegekabel, das an beiden Enden mit passiven Komponenten, meist RJ45-Buchsen, abgeschlossen war und dann mittels flexiblen Anschlussschnüren, auch Patchkabel genannt, beispielsweise die Verbindung zwischen einem Switch und einem Endgerät (beispielsweise PC oder Drucker) herstellte. Mit dem Einzug von Ethernet in immer mehr Anwendungsbereiche wird diese Form der Übertragungsstrecke aufgelöst.
In der industriellen Umgebung wurde kürzlich eine Direktverbindung normiert, bei der anstelle von Buchsen und Anschlussschnüren für die Verbindung der aktiven Komponenten direkt am Verlegekabel bereits Stecker montiert werden. Diese neue Form der Übertragungsstrecke wird „Ende-zu-Ende“, „End-to-End“-Link, oder kurz „EzE“ beziehungsweise „E2E“ genannt. Das IoT (Internet of Things), bei dem immer mehr Gerätschaften netzwerkfähig werden, erweitert die Struktur der bisherigen Kommunikationsverkabelung noch um eine weitere Art der Übertragungsstrecke, dem sogenannten „Direct Connect“. Oder wie der Fachausdruck aus dem amerikanischen ANSI/TIA-Normentwurf heißt: dem „Modular Plug Terminated Link“, kurz MPTL. Hier befindet sich üblicherweise auf der Verteilerseite eine Buchse als Abschluss, aber auf der Gegenseite wieder ein Stecker, wie beim E2E. Diese Struktur wird verwendet, wenn IP-fähige Geräte fest eingebaut werden, wie zum Beispiel LED-Beleuchtungen, Elemente der Gebäudeautomatisierung oder klassischerweise Access Points und Überwachungskameras. Dabei wird das Verlegekabel ohne den Umweg einer Dose inklusive Patchkabel direkt im Endgerät eingesteckt.
Um all diese neuen Streckendefinitionen auch mittels bestehender Messtechnik sinnvoll vermessen zu können, haben die Normierungsorganisationen neue Standards verabschiedet beziehungsweise Entwürfe erarbeitet, die den Messgeräten vorgeben, in welchem Aufbau und gegen welche Grenzwerte zu messen ist. Somit wird auch der Spielraum für Falschmessungen an diesen Strukturen sehr eng und die Aussagen zum Betrieb der Anlage verlässlicher.
Klassische Topologien Bisher hat man bei der strukturierten Verkabelung beziehungsweise „anwendungsneutralen Kommunikationskabelanlage“ zwei Topologien unterschieden. Zum einen die sogenannte „Installationsstrecke“ (engl. Permanent Link) und zum anderen die „Übertragungsstrecke“ (engl. Channel Link).
Installationsstrecke: Bei dieser Strecke handelt es sich um den Teil der Verbindung, der fest in das Gebäude eingebaut wird, üblicherweise bestehend aus einem Datenkabel, einem Verteilfeld im Datenschrank und der Auslassdose im Raum. Diese Strecke kann heutzutage noch einen zusätzlichen passiven Sammelpunkt im Raum enthalten, der mehr Flexibilität auf den letzten Metern hin zum jeweiligen Arbeitsplatz im Raum ermöglicht. Messtechnisch ist zu beachten, dass als zu testende Strecke wirklich nur die Werte von gesteckter Verbindung zu gesteckter Verbindung ermittelt werden und sämtliche Anteile der verwendeten Messkabel und eventuellen Steckverbindungen am Messgerät nicht in die Messung miteinbezogen werden dürfen. Mit der neuesten Ausgabe der ISO/IEC 11801-1 vom November 2017 und den kommenden europäischen und deutschen (DIN) EN 50173-1-Ablegern wird die Installationsstrecke wieder unterteilt in vier unterschiedliche Konfigurationen – je nach Verwendung als Backbone im primären oder sekundären Teilbereich der Verkabelung oder als Verbindungsstrecke zwischen Verteiler und einem Endgeräteanschluss oder einem Sammelpunkt, der noch erweiterbar ist.
Übertragungsstrecke: Die Übertragungsstrecke bildet den kompletten passiven Übertragungsweg zum Beispiel zwischen einem Switch und einem PC. Sie besteht aus einer Installationsstrecke plus den jeweils erforderlichen Rangier- und Geräteverbindungsschnüren. Auch können noch zusätzliche Durch- oder Rangierverbindungen bis zu vier Übergänge auf einer Übertragungstrecke bedeuten. Messungen von Übertragungstrecken sind in der Regel nicht als Abnahmemessungen einer Anlage geeignet, da zu diesem Zeitpunkt selten die später verwendeten Schnüre zur Verfügung stehen und jegliches Wechseln derselben die Messungen auch wieder hinfällig macht. Auch sind diese Messungen bei Abnahmen in Verruf geraten, weil sie mitunter Möglichkeiten des „Unterschleifs“ eröffnen, der einen Endkunden durchaus deutlich übervorteilen könnte. Außerdem schließt die Messung der Übertragungsstrecke die Verbindungen am anwendungsspezifischen Gerät per Definition aus. Üblicherweise finden Channel-Link-Messungen daher nur im Fehlerfall statt, wenn ein kompletter passiver Verbindungsweg nicht mehr funktioniert.
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