funkschau: Welche Vorteile bietet SD-WAN gegenüber WAN?
Critcher: Ein wichtiger Vorteil von SD-WAN ist die Erhöhung der Ausfallsicherheit. Es leitet die Datenströme bei einem Ausfall unmittelbar um und Geschäftsprozesse können entsprechend unterbrechungsfrei weiterlaufen. Außerdem bietet SD-WAN eine bessere Performance-Verlässlichkeit, da die Qualität auch bei einem großen, interkontinentalen Datentransfer bestehen bleibt und Latenzzeiten dennoch geringgehalten werden. Das liegt daran, dass SD-WAN den Datenverkehr intelligent steuert und priorisiert. Der dritte Vorteil ist die Kosteneffizienz: Durch den einfachen und effizienten Datentransfer entstehen weniger Kosten.
funkschau: Und welche Nachteile stehen dem gegenüber?
Critcher: Alle genannten Vorteile können natürlich nur realisiert werden, wenn vorab KPIs definiert wurden, die in Beziehung zu der Zuverlässigkeit, der Kontinuität, den Kosten und der Produktivität stehen. Beispielsweise kann keine Kostensenkung erzielt werden, wenn keine Grenzwerte für die Messung der Produktivität bekannt sind. Vor diesem Hintergrund ist das SD-WAN-Marketing wahrscheinlich der größte Nachteil, da Technologie immer noch im Reifeprozess ist. Einige Unternehmen waren der Meinung, dass SD-WAN ohne Veränderungen oder Anpassungen der bestehenden Umgebungen implementiert und angewendet werden kann und dass Richtlinien automatisch erstellt werden. Es bedarf jedoch nach wie vor einem von Menschenhand geleiteten Design und Input.
funkschau: Wie sieht es mit dem Aspekt der Sicherheit von SD-WAN aus?
Critcher: Die Sicherheit ist ein großes Anliegen, da SD-WAN die Public Cloud und das Internet nutzt, um die Kostensenkungen zu realisieren. Selbst bei verschlüsselten Tunneln gibt es immer eine Hintertür, über die sich Cyberkriminelle einschleichen können. Ohne eine eingebaute Firewall reicht es möglicherweise nicht aus, nur auf Verschlüsselungsprotokolle wie IPsec oder GRE zu vertrauen. Wir haben vielen SD-WAN-Anbietern hinsichtlich des Sicherheitsaspekts auf den Zahn gefühlt: Bei einigen haben wir hunderte Sicherheitsrisiken oder -schwachstellen gefunden, bei anderen weitaus weniger. Grundsätzlich ist die Gefahr natürlich vorhanden – wie umfassend, hängt jedoch immer von dem Anbieter ab.
funkschau: Welche Vorbereitungen müssen im Unternehmen technisch und organisatorisch getroffen werden, um SD-WAN zu implementieren?
Critcher: Das A und O ist, dass vor der Implementierung die Erwartungen und Ziele des Projekts klar definiert sind. Andernfalls fehlt jegliche Basis, um im Nachhinein zu bewerten, zu welchen Verbesserungen SD-WAN geführt hat. Ebenso relevant ist natürlich eine realistische Timeline für den Implementierungsprozess – denn von heute auf morgen geht ein Projekt dieses Umfangs definitiv nicht. Um Prozessfehlern dieser Art vorzubeugen, sind ein entsprechendes Vorbereitungskonzept und ein schrittweises Begleitprogramm empfehlenswert.
Es ist sehr wichtig, dass ein Due-Diligence-Prozess durch-geführt wird, um den richtigen SD-WAN-Pfad zu definieren.
Außerdem muss das Verständnis von SD-WAN für das Unternehmen, die Erwartungen an SD-WAN, die beabsichtigten SD-WAN-Standortprofile, die Sicherheitsrichtlinien und die entsprechenden Leistungsbenchmarks definiert und monitort werden. Sobald all dies definiert ist, wird die Erstellung des SD-WAN-Entwurfs unterstützt durch eine schrittweise Einführung und so letztlich das höchste Erfolgspotenzial der Transformation und Erreichen der erwarteten Ergebnisse möglich.
funkschau: Welche Herausforderungen gibt es? Und was für ein Zeitfenster ist notwendig?
Critcher: Bei dem Implementierungsprozess lauern einige Herausforderungen: angefangen bei organisatorischen wie einer falschen Erwartungshaltung, einem voreiligen Handeln bis zu einem unklar definierten Implementierungsprozess. Daraus resultieren dann oft weitere Herausforderungen, wenn beispielsweise relevante Netzwerkkomponenten übersehen oder die Gegebenheiten der schon bestehenden Netzwerkstruktur falsch oder gar nicht bewertet wurden. Wie lange der Implementierungsprozess dauert, ist von Unternehmen zu Unternehmen verschieden. Eine wichtige Rolle spielt dabei beispielsweise die Unternehmens- und Netzwerkgröße, sowie die Anzahl der Standorte und eingesetzten Applikationen.