Quantencomputer

Die neue Computing-Ära schon mal simulieren

4. Juni 2018, 15:09 Uhr | Autor: Philippe Duluc / Redaktion: Axel Pomper

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Gute bis beste Perspektiven

Aus dem aktuellen Entwicklungsstand ziehen Experten unterschiedliche Schlüsse, wenn es darum geht, wann Quantencomputer Serienreife erreichen. Die Mehrzahl der Spezialisten erwartet größere Stückzahlen in fünf bis etwa zehn Jahren. Auch die Prognosen zu den Marktchancen weichen mitunter gravierend voneinander ab. So geht das amerikanische Marktforschungsinstitut Technavio  für das Jahr 2021 von 300 Millionen Euro Umsatz aus, den Unternehmen mit Quantenrechner weltweit erzielen. Das amerikanische Beratungshaus Persistence Market Research hingegen rechnet damit, dass 2025 der Weltmarkt für Quantencomputer das hohe Volumen von 23 Milliarden US-Dollar aufweisen wird.

Trotz dieser unterschiedlichen Bewertung bleibt festzuhalten: Quantencomputing ist ein Zukunftsthema, mit dem sich Wissenschaftler und Unternehmen aus den USA über Russland bis hin zu China, Indien, Japan, Taiwan und Südkorea beschäftigen. Europa spielt in dieser Entwicklung keine führende Rolle. Noch nicht.

Generell erspart eine Quantensimulationsplattform nicht nur die großen Investitionen in die Technik. Sie bietet vor allem die technische Voraussetzung, um an Algorithmen, Programmiertechniken und Entwicklungs-Tools für Quantenrechner zu forschen. Diese Vorarbeit schafft die Basis für künftige Anwendungen im Umfeld von Big Data, Künstlicher Intelligenz und IT-Sicherheit. So besteht die Notwendigkeit, klassische Verschlüsselungstechniken zu entwickeln, die Angriffen mit Quantenrechnern standhalten. Denn es ist davon auszugehen, dass auch Cyberkriminelle oder „Staats-Hacker“ Zugang zu Quanten-Systemen erhalten und so zu einer ernsten Bedrohung für ganze Industrien und Staaten werden. Herkömmliche Verfahren zur Datenverschlüsselung sowie Techniken zum Übermitteln und Speichern von Schlüsseln bieten vor solchen Attacken keinen Schutz. Insbesondere asymmetrische Verschlüsselungstechniken, die mit öffentlichen (Public-Key-Systeme) und privaten Schlüsseln arbeiten, verlieren an Wirksamkeit. Wissenschaft und Wirtschaft halten genügend Aufgabenstellungen bereit, bei denen die Variablenanzahl exponentiell steigt. Den erforderlichen Rechenaufwand können nur Quantenrechner leisten, beispielsweise um Verkehrsströme in Großstädten zu simulieren, präzise Unwetterprognosen zu berechnen oder Finanztransaktionen im Millisekundenbereich vorzunehmen.

Leitsystem für das Internet der Dinge

Zu den interessantesten Einsatzgebieten von Quantenrechnern könnte sich das Internet der Dinge (IoT, Internet of Things) entwickeln. Durch die Vernetzung von Tausenden oder gar Millionen von „Dingen“ wie Sensoren, Maschinen, Fahrzeugen, Stromzählern, Klimaanlagen und Haustechnik-Systemen fallen gewaltige Datenmengen an. Beim Bearbeiten dieser Informationen können Quantenrechner ihre Stärke ausspielen: Sie sind in der Lage, weit mehr Daten parallel zu bearbeiten als herkömmliche Rechner.

Das ist elementar, da viele IoT-Daten in Echtzeit verarbeitet und die Resultate umgehend bereitgestellt werden müssen: So können Verkehrsleitsysteme den Verkehr nur optimal steuern, wenn die Informationen von Autos, intelligenten Ampeln, Messstationen an Straßen und Überwachungskameras umgehend übertragen werden. Gleiches gilt für Steuerungs- und Kontrollsysteme in Kraftwerken und Fertigungsumgebungen. Informationen von Sensoren an Pumpen und Maschinen lassen sich heranziehen, um bereits vor dem Ausfall einer Komponente den Wartungsdienst zu informieren. Ein Quantenrechner kann solche Datenmengen schneller und effizienter verarbeiten.

Quantenrechner werden in Zukunft eine zentrale Rolle in vielen Branchen und Wissenschaftsdisziplinen spielen. Denn überall dort, wo komplexe Berechnungen mit exponentiell ansteigender Variablenzahl zu lösen sind, drängt sich der Einsatz von Quantensystemen auf. Sie liefern die nötige Rechenleistung, auch um sich im Wettbewerb durchzusetzen. Die hohe Summe für die sehr aufwändige Technik können jedoch nur wenige Unternehmen und Universitäten investieren. An Relevanz gewinnen daher Quantensimulatoren. Eine solche Plattform kann viele Vorteile bieten: Nutzer brauchen weder aufwendige Kühlsysteme für den Superleitungseffekt zu installieren noch Vorkehrungen gegen das Quanten-Rauschen und die Dekohärenz zu treffen. Forscher, Ingenieure und Softwareentwickler erhalten so schnell die Möglichkeit, Erfahrungen mit Quantenrechnern zu sammeln und an neuen Algorithmen und Programmen zu arbeiten. Quantensimulatoren werden auf diese Weise die Entwicklung von Quantenrechnern forcieren.

Philippe Duluc ist CTO Big Data und Security bei Atos

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