Folgen der Digitalen Transformation

Digitale Dilemmata und wie man ihnen begegnet

4. Dezember 2019, 14:08 Uhr | Autor: Hermann Gouverneur / Redaktion: Diana Künstler
Für Technologien wie das Internet der Dinge gilt oft: je mehr Daten, desto besser. Doch nicht immer ist das ethisch vertretbar.
© Ion Chiosea/123rf

Fragen nach verantwortlichem und ethischem Handeln bringen Unternehmen mitunter in ein digitales Dilemma. Nicht alles, was machbar ist, sollte auch getan werden. Zu verstehen, welche Faktoren diese Situation erzeugen, ist der erste Schritt zu einem klaren Konzept, um erfolgreich zu digitalisieren.

Technologien wie Künstliche Intelligenz, Big Data, Internet of Things (IoT) und Quantum-Computing forcieren das Verschmelzen von digitaler und realer Welt. Je weiter dieser Prozess voranschreitet, desto stärker beeinflussen sich beide Sphären gegenseitig und bilden Spannungsfelder, die sogenannten digitalen Dilemmata. Der Umgang mit Daten bildet in diesem Zusammenhang ein Kernelement. Diese unkritisch als Basis für automatisierte und autonome Entscheidungen zu verwenden, kann ebenso gefährlich sein, wie Entscheidungen ohne Informationen zu treffen. Aber wie finden wir heraus, was relevant, richtig und verantwortungsbewusst ist? Digitaltechnologie verspricht Fortschritt. Es reicht nicht mehr nur aus zu erkennen, was technologisch machbar und wirtschaftlich sinnvoll ist. Auf die einfache Frage „Können wir?“ folgt „Sollen wir?“. Wie weit sollte eine Firma digitalisieren und automatisieren – und vor allem: Was ist ethisch vertretbar?

Mehr Fort- als Rückschritt bei KI?
Künstliche Intelligenz veranschaulicht die Überlegungen rund um „Können“ und „Sollen“. Unternehmen können die Technologie nutzen, um Prozesse in einem bisher nicht dagewesenen Grad zu automatisieren. In der Folge steigt ihre Effizienz, da KI Routine- und Wiederholungsaufgaben übernimmt. Das verändert die Arbeitswelt: Auf der einen Seite fallen Arbeitsplätze weg, auf der anderen Seite entstehen Freiräume für kreative und wertschöpfende Arbeiten. Unternehmen stehen vor der Aufgabe, KI gezielt für die Automatisierung einzusetzen und die Mitarbeiter für weitere Anforderungen fit zu machen.

Grundsätzlich zwingt eine Technologieentscheidung – ob für KI oder eine kollaborative Datenplattform – ein Unternehmen zu einem Spagat zwischen Datennutzung und dem Schutz der Privatsphäre. Wer Daten profitabel einsetzen will, sammelt und wertet zum Beispiel Kundendaten und -verhalten für treffsichere Angebote aus. Doch niemand möchte zum gläsernen Konsumenten werden und es gilt, diese Bedenken zu berücksichtigen. Die Konsequenz muss ein verantwortlicher Umgang mit Daten und dem Datenschutz sein. Das führt viele ins nächste Dilemma: Ein solches Vorgehen wird als limitierender Faktor für Erfolg empfunden.

Spannungsfelder und ihre Einflussfaktoren erkennen
Sitzen Unternehmen digitale Dilemmata aus, kann das unkontrollierbare Folgen für das Geschäft haben. Geht ein Unternehmen nicht verantwortlich und transparent mit Daten um, nehmen Verbraucher dieses Geschäftsgebaren als invasiv wahr. Und wer möchte schon mit aggressiven digitalen Geschäftsmodellen in Verbindung gebracht werden, die zunehmend im Verruf stehen, ausbeuterisch zu sein? Digitale Dilemmata wirken sich nicht nur nach außen zum Kunden, sondern auch auf die internen Prozesse aus. Das ist insbesondere vor dem Hintergrund relevant, dass mehr als 40 Prozent der Unternehmensleiter die Mitarbeiterqualifikation und Unternehmenskultur als größte Herausforderungen bei ihrer Digitalisierung sehen. Als treibend erweisen sich dabei vier Spannungsfelder: Erkenntnisse, Trägheit, Ungleichheit und Ideale. Diese Kräfte wirken digital und interagieren miteinander:

Das spannende Spiel der Kräfte verstehen

  • Erkenntnisse, die aus Daten gewonnen werden, verbessern das Kundenerlebnis, machen Produktionsprozesse transparenter und effizienter sowie Kundenbetreuung und Wartung effektiver. Die limitierenden Kernfragen lauten: Was ist ethisch und moralisch vertretbar und wie weit wollen wir gehen? Nicht zuletzt können Erkenntnisse auch falsch sein.
  • Erkenntnisgewinn kann die zweite Kraft, die Trägheit, auch verstärken. Sie stellt sich in Form von Regularien und der gesellschaftlichen Meinung der schnellen und unverantwortlichen Datennutzung entgegen. Sie kann aber auch durch technische oder strukturelle Gegebenheiten entstehen, etwa durch die wachsende Herausforderung bei ständiger technologischer Anpassung. Bei allen Digitalisierungsentscheidungen müssen Unternehmen abwägen: Welcher Grad an Trägheit ist angemessen?
  • Den Faktor Ungleichheit hebelt das Internet nur vermeintlich aus. Es verschafft zwar Zugang zu einem globalen Schatz an Wissen und Information, der sich für das Entwickeln disruptiver Geschäftsideen nutzen lässt. Jedoch gilt keine Chancengleichheit. Denn wer die Kontrolle über Daten hat, bekommt die Macht und die Chance, zum Monopol aufzusteigen. Digitalisierung automatisiert Jobs weg, schafft aber auch neue, beispielsweise für IT- und Datenspezialisten. Abzuwägen gilt, wie viel Ungleichheit wir in Kauf nehmen wollen.
  • Ideale balancieren Erkenntnisse, Trägheit und Ungleichheit aus. Sie definieren die Werte und Grenzen, zwischen denen sich die Spannungskräfte bewegen. Ideale sollen ein Ungleichgewicht verhindern, wie es zum Beispiel beim unverhältnismäßigen Ausbeuten von Daten entsteht. So sind wir heute nicht ohne Einschränkungen bereit, mit unseren Daten für freie Services im Internet zu zahlen.

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  1. Digitale Dilemmata und wie man ihnen begegnet
  2. Ausbalancieren auf strategischer und technischer Ebene

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