Die Geschäftswelt arbeitet immer stärker global und rückt zusammen, doch die Corona-Pandemie hat dieser Entwicklung einen Strich durch die Rechnung gemacht und sie erst einmal verlangsamt. Der Trend hin zu einem Rechenzentrumsstandort im kalten Skandinavien oder Island kehrt sich derzeit um. Durch ständig wechselnde Reisebeschränkungen und strengere Grenzkontrollen wird es immer schlechter planbar, in Länder außerhalb Deutschlands oder der EU zu reisen. Dies stellt Unternehmen vor die Herausforderung, dass bei Wartungsarbeiten oder Störungen im Rechenzentrum ein schnelles, manuelles Handeln nicht mehr ganz einfach möglich ist. Besser sieht es für Unternehmen aus, die ihr Rechenzentrum vor Ort haben. Der Trend geht also zurück zum eher heimischen Rechenzentrumsbetrieb und „IT Made in Germany“.
Sollte jedoch in Zukunft jedes Rechenzentrum, das deutsche Unternehmen nutzen, in Deutschland betrieben werden, würden die Kapazitäten an ihre Grenzen stoßen. Der Flächenverbrauch von Rechenzentren wächst vor allem in Ballungszentren wie Frankfurt am Main immer weiter. Dies hat nicht nur enorme negative Auswirkungen auf die Stromversorgung – irgendwann fehlt es schlussendlich schlicht auch an nötigen Flächen. Die Frage lautet folglich: Wohin also mit den Rechenzentren?
Der Trend geht immer stärker hin zu Regionalität, also dezentrale Rechenzentren abseits der großen Ballungsräume. Unternehmen wünschen sich verstärkt ein Rechenzentrum mit besonders geringer Distanz zum Unternehmensstandort. Durch kürzere Wege sparen sie Zeit und Geld – und fördern auch einen nachhaltigen Rechenzentrumsbetrieb. Kommt es in Großstädten vermehrt zu Platzmangel, bieten sich Colocation-Rechenzentren an. Diese werden in Zukunft eine zentrale Rolle spielen, da sie mehr Flexibilität ermöglichen und die Rechenzentrumsfläche meist vielen Kunden gleichzeitig bereitsteht. Colocation-Rechenzentren bieten Unternehmen die Möglichkeit, individuell benötigte Rechenzentrumsfläche, Racks oder Cages anzumieten – die Fläche ist sogar im laufenden Betrieb skalierbar – ein großer Vorteil, besonders mit Blick auf die Zukunft, in der der Bedarf an Rechenzentrumskapazitäten weiter steigen wird. Bereits jetzt melden Colocation-Rechenzentren Auslastungsrekorde.
Doch Unternehmen müssen sich nicht zwingend für eine Rechenzentrumsvariante entscheiden – stattdessen sind verschiedene Services und Rechenzentrumsanbieter kombinierbar, um bestmöglich von den jeweiligen Modellen zu profitieren und durch eine Kombination die am besten für das Unternehmen geeignete Lösung zu finden. Der Trend geht also hin zu einem hybriden Rechenzentrumsbetrieb mit eigenem Rechenzentrum, Colocation-Anteil sowie Cloud-Anteil. Während große Konzerne ihre IT-Infrastruktur komplett in die Cloud verlagern, ist ein solches Mammutprojekt für die meisten mittelständischen Unternehmen aufgrund fehlender Ressourcen kaum möglich – und nicht unbedingt wirtschaftlich sinnvoll. Aus diesem Grund migrieren sie oft nur Teilbereiche der IT in die Cloud – der „Rest“ ist in einem Colocation-Rechenzentrum oder dem unternehmenseigenen Rechenzentrum untergebracht. Die Kombinationsmöglichkeiten sind vielfältig.
Die Entwicklung hin zu hybriden Rechenzentrumsstrukturen erlaubt es Unternehmen, sensible Daten im Griff zu behalten und gleichzeitig die steigenden Anforderungen der Kunden an Kapazitäten und Rechenleistung zu erfüllen. In Zukunft liegt der Fokus verstärkt auf der nahtlosen Kommunikation zwischen On-Premise, Cloud und Edge.
Wolfgang Kaufmann ist Geschäftführer bei Datacenter One.