Enexion-Geschäftsführer Dominik Weyland im Interview

Energieversorgungs-Sicherheit in RZs

27. September 2022, 7:00 Uhr | Dr. Jörg Schröper

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Wahrnehmung der Politik

LANline: Wie gut werden nach Ihrer Einschätzung die Belange der RZ-Branche in der Politik wahrgenommen?

Weyland: Es zeigt sich heute ein zweigeteiltes Bild, je nachdem, auf welche Verwaltungsebene man seinen Blick richtet. Lokalpolitisch hat sich die Branche in den großen Ballungsräumen mittlerweile gut vernetzt. Und die Lokalpolitik ist sich zum Teil sehr bewusst, dass es diese Zukunftsbranche heute gibt. Hier werden lokalpolitische Herausforderungen aufgegriffen und teils intensiv diskutiert, auch gibt es Kommunikationsformate, die die Aktion untereinander sowie die Vernetzung fördern.

LANline: Und die höheren Ebenen?

Weyland: Auf bundesdeutscher oder gar europäischer Ebene spielt die Branche noch eine untergeordnete Rolle. Hier ist klar erkennbar, dass es kaum eine Lobby mit wirksamer Vernetzung zu geben scheint. Dies ist sicher dem jugendlichen Alter der Branche geschuldet, aber auch dem recht geringen Organisationsgrad der Akteure untereinander, wenn man die RZ-Branche mit anderen gewachsenen Verbänden, etwa in der Stahlindustrie, vergleicht. Schließlich ist aber auch den politischen Akteuren häufig die Schlüsselwirkung von RZ nicht hinreichend bewusst. So kommen RZs in vielen politischen Strategiepapieren nicht oder nicht hinreichend vor. Stellvertretend hierfür kann die Digitalstrategie der Bundesregierung stehen, in der der Begriff RZ oder DC nicht einmal vorkommt.

LANline: Spiegelt sich das auch in konkreten Beschlüssen wider?

Weyland: Das ist leider so. In der energiewirtschaftlichen Regulierung spielt die Branche nach wie vor keine große Rolle. Richten Sie Ihren Blick etwa auf den bestehenden Regulierungsrahmen für die energieintensive Industrie, dann fehlt hier der Fokus auf RZ fast vollständig. Insbesondere Sondertatbestände zur Reduzierung der öffentlichen Kostenbelastung gehen vielfach komplett an der Branche vorbei. Dazu zählt ganz aktuell insbesondere das jüngst aufgelegte Energiekostendämpfungsprogramm.

LANline: Kommen wir zu einer anderen Ebene. Was muss technisch passieren, damit uns der Strom nicht ausgeht?

Weyland: Dazu verweise ich noch einmal auf die Erzeugungs- und Netzstruktur auf nationaler Ebene beziehungsweise auf das Auseinanderdriften von Angebot und Nachfrage. Aktuell kann die Diskussion zur Beibehaltung von Grundlastkapazitäten hilfreich sein. Völlig offen ist die Rolle der Erzeugung aus Erdgas, die in der Übergangsphase zur Erneuerbaren Energie eine Schlüsselrolle spielte. Schon vor dem Ukraine-Konflikt war unklar, wie sich die notwendigen Investitionen in Gaskraftwerke rechtzeitig auf dem Markt umsetzen lassen. Bereits damals war unsicher, ob sich vor dem Hintergrund der politisch implementierten Ziele „Ausstieg aus Kernenergie“ für das Jahr 2023 und „Ende der Kohleverstromung“ bis 2035 oder sogar 2030 rechtzeitige Gaserzeugungskapazitäten zur Verfügung stellen lassen. Mit der politisch gewollten Verknappung des Marktes ist heute mehr denn je unklar, ob diese Technologie zukunftsfähig ist und insbesondere zu welchen volkswirtschaftlichen Kosten.

LANline: Wie bewerten Sie den Stand der Akku-Technik?

Weyland: Uns ist keine kosteneffiziente Technik bekannt, die auch nur ansatzweise das bekannte Speicherproblem der Energiewende hinreichend adressieren würde – von der notwendigen Verfügbarkeit von Rohstoffen einmal abgesehen. Bislang spielt die Akku-Technologie in der Energiewirtschaft insgesamt keine Rolle.

LANline: Was unternimmt beispielsweise Ihr Haus konkret in diesem Kontext?

Weyland: Enexion ist als Dienstleister im Bereich des Energievollkosten-Managements traditionell auf Seiten des energieintensiven Abnehmers positioniert. Unser Ansatz besteht darin, Risiken für den Nachfrager zu senken und Kosten planbarer zu machen. Dies ist zugegeben in der heutigen Zeit eine große Herausforderung, aber als unternehmerisches Ziel aktueller denn je. Dabei ist die Implementierung moderner Beschaffungsmethoden im Großhandel nicht nur im Sinn von risiko-aversem Einkauf, sondern insbesondere auch vor dem Hintergrund von Versorgungssicherheit extrem hilfreich. Viele unserer Kunden profitieren heute in der Beschaffung von unseren fortschrittlichen Strategien, die nicht nur auf Kostendämpfung, sondern auch auf Risikoreduzierung abzielen.

LANline: Welche Position nimmt Enexion auf dem Markt ein?

Weyland: Wir haben durch unsere Expertise im Bereich der Netze sowie der Energienebenkosten im Bereich der RZ eine wichtige Rolle inne. Sie besteht darin, unseren Kunden einen marktgerechten Zugang zu Energie unter Nutzung und Kenntnis des aktuellen Regulierungsrahmens zu verhelfen. So sorgen wir heute dafür, dass sich zum Beispiel im Raum Frankfurt unter unserer Mithilfe mehr als 1.000 MW Netzanschlusskapazität sicher, rechtzeitig und kostenminimal in der Umsetzung befinden.

LANline: Lösungsvorschläge für die Probleme gibt es ja viele: AKWs länger laufen lassen, Wasserstoff-Konzepte. mehr Solarstrom oder mehr Import. Was ist realistisch?

Weyland: Das Land muss entscheiden, was es will. Hier entsteht ein zunehmender Konflikt aus dem formulierten Zieldreieck Dekarbonisierung, Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit, da dieses mit Unterzielen unterfüttert wurde. So möchten wir zusätzlich insbesondere keine Kernenergie, und auch die Abhängigkeit vom Ausland soll reduziert werden. Planung und Bau von Energieinfrastruktur sind in Teilen ebenfalls erschwert, da wir durch das komplexe Genehmigungsrecht auch die Errichtung und den Bau von Netzinfrastruktur erschweren. Zudem möchten wir Energie am liebsten nicht aus Ländern importieren, mit deren politischer Agenda wir nicht konform gehen. Als Ergebnis entsteht ein System, dass zunehmend auf Kante genäht ist und das in der Folge nicht mehr krisenresilient ist, wie die aktuelle Situation uns allen sehr gut vor Augen führt.

LANline: Wie soll man handeln?

Weyland: Kurzfristig gehen uns die Optionen aus, das ist klar. Das Land wird daher alles tun müssen, um die Versorgungssicherheit zu erhalten. Dabei wird man auch Wege gehen müssen, die politisch eigentlich nicht mehr gewollt sind. Da die Wasserstoffagenda oder auch der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien keine kurzfristige Erleichterung versprechen, kann das nur bedeuten, auch auf althergebrachte und bestehende Lösungen zurückzugreifen. Die Macht des Faktischen wird hier den Pfad vorgeben.

LANline: Herr Weyland, vielen Dank für das interessante Gespräch und die offenen Worte.

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