Edge Computing entwickelt sich weiter – stellt aber auch neue Anforderungen an die Infrastruktur.
Edge Computing ist die logische Weiterentwicklung der Cloud, da der Ansatz die größte Schwäche von Cloud Computing beseitigt: die Abhängigkeit von der ständigen Verfügbarkeit von Online-Verbindungen und von zentralen Compute- und Storage-Ressourcen. Denn diese belastet die Breitbandnetze und kann zu problematischen Latenz-, Warte- oder sogar Ausfallzeiten führen, die für viele Echtzeit-Anwendungen, insbesondere im Umfeld des Internet of Things (IoT), ein Ausschlusskriterium sind.
Edge soll damit Schluss machen und Computing dorthin bringen, wo die Daten entstehen und in verarbeiteter Form gleich wieder benötigt werden: an die Peripherie. Das kann beispielsweise ein autonom fahrendes Auto ebenso sein wie dessen Produktionsstraße. Bis dahin klingt das Prinzip gut und plausibel.
Allerdings stellt diese moderne Form der verteilten IT-Architektur auch neue Anforderungen an die Middleware- und Anwendungslandschaft. Eins hat sich jedoch nicht geändert: Auch bei dieser neuen Spielart der IT gibt es ein zentrales Herzstück für die Erfassung, Verteilung und Speicherung der Daten: die Datenbank. Im Gegensatz zu herkömmlichen Architekturen reicht bei Edge Computing jedoch eine zentrale Datenbank, in der alle Fäden zusammenlaufen, nicht mehr aus. Die Intelligenz muss zusätzlich an der Peripherie implementiert, und gleichzeitig mit anderen Edge- und Zentral-Datenbanken verknüpft werden. Das stellt entsprechende Management-Systeme vor neue Herausforderungen bei der Arbeits- und Aufgabenverteilung sowie deren Synchronisation.
Die Hyperscaler haben auf den Edge-Boom bereits mit dezentralen Angeboten wie AWS Outposts, Azure Edge Zones oder Google Distributed Cloud reagiert. Analog dazu werden sich auch die Anforderungen an die Datenbanken verschärfen. Hier können Embedded Databases zum Zug kommen, die direkt am Ort des Geschehens arbeiten und Edge-Devices wo notwendig unabhängig von Online-Verbindungen und zentralen Instanzen machen.
Das neue Paradigma heißt Offline first und ist das prägende Merkmal für Edge 2.0. Als wichtiges Element von „Composable IT“ ist diese nächste Generation von Edge Computing ein IT-Megatrend 2022. Edge 2.0 verändert die Netzwerk- und Cloud-Infrastrukturen grundlegend, macht sie robuster und leistungsfähiger. Die Verfügbarkeit und Skalierbarkeit von Apps wird damit enorm gesteigert und sorgt für neue Anwendungsmöglichkeiten. Fluide Microservices und Container in Multi-Cloud-Szenarien können die IT-Services so näher zu den Anwendern bringen.
Darüber hinaus sind weder Edge Computing noch darauf aufbauende IoT- und IIoT-Anwendungen ohne stabile und schnelle Netze möglich. Daher ist es wenig erstaunlich, dass Edge und 5G zeitlichgleich ins Rampenlicht der IT getreten sind. Das, was wir bislang aber als 5G kennen, ist jedoch eher eine Art 4G aus der Tuning-Abteilung – gut gemacht, aber noch nicht das Original. Echtes 5G dagegen geht gerade erst an den Start. Erste Provider haben den Aufbau entsprechender Netze angekündigt, die nicht mehr auf LTE aufbauen, sondern sich ausschließlich originärer 5G-Technologie bedienen. Es ist unschwer zu antizipieren, dass damit auch Edge Computing einen zusätzlichen Schub erfahren wird.
Paul Salazar ist Senior Director Central Europe bei Couchbase