Im Interview: Helena Liebelt, TH Deggendorf

Forschung, Lehre und viel Praxis

17. April 2023, 7:00 Uhr | Dr. Jörg Schröper

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Attraktivität der Studienorte

LANline: Auf diese Weise lässt sich auch die Attraktivität der Studienorte abseits der Metropolen gut nach außen darstellen.

Liebelt: Das stimmt natürlich einerseits, sicher (lacht). Aber Deggendorf als Standort genießt zum Beispiel im Umfeld der Hersteller von Embedded-Systemen sogar international einen hervorragenden Ruf. Davon profitieren selbstverständlich auch die Studierenden. Wir arbeiten grundsätzlich sehr intensiv mit der Industrie zusammen.

LANline: Können Sie anhand eines Beispiels erklären, wie das konkret aussieht?

Liebelt: Im Januar fand in Deggendorf das zweite HPC-Symposium als zweitägige Konferenz statt. Die Präsentationen dort sind in enger Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Unternehmen – teils aus der Region – und den Studiererden entstanden. Es ist ja ganz klar, dass daraus auch Verbindungen entstehen, die sich auch in der späteren beruflichen Laufbahn fortführen. Dasselbe gilt natürlich auch für den Austausch zwischen den Studierenden im Praxissemester und den Mentoren in den Firmen. Ganz wichtig, das Ganze ist alles andere als eine Werbeveranstaltung, sondern eine höchst seriöse Auseinandersetzung mit dieser komplexen Themenwelt. So eine Konferenz ist im Übrigen auch für die hier angesiedelten Unternehmen als Wissensbasis extrem spannend, zum Beispiel wenn man sich auch abseits seines eigenen Spezialwissens über den Stand der Technik informieren möchte.

LANline: Lassen Sie uns noch kurz über ein weiteres sehr komplexes Thema aus Ihrem Tätigkeitsbereich reden. Wie lässt sich das Thema Quanten-Computing im Moment einordnen? Kompletter Hype oder schon mehr?

Liebelt: Viel mehr! Um es einzuordnen: Der eigentliche Durchbruch von Quanten-Computing ist noch gar nicht so lange her. Nach der Geburtsstunde, also etwa um die Jahre 1993 oder 1994, entwickelte sich das Ganze ja zunächst eher unstrukturiert weiter. Von einem richtigen Durchbruch kann man erst seit 2018 sprechen.
Und seitdem geht es in Riesenschritten weiter. Dazu sind auch zum Beispiel die Initiativen von Google, Microsoft oder IBM zu nennen. Heute kann man klar sehen, dass es viele Firmengründungen in diesem Umfeld gibt, was ein guter Indikator für die Weiterentwicklung ist.
 

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HPC-Symposium:
Beim 2. Deggendorfer HPC-Symposium: „Alle Studierenden“, erklärt Liebelt, „haben eng mit den renommierten HPC/QC-Experten zusammengearbeitet und den direkten Austausch als Chance zum Vernetzen genutzt. Nicht nur auf inhaltlicher, sondern natürlich auch auf beruflicher Ebene.“ Letzteres sei ein wertvoller Nebeneffekt, den die jungen Leute sehr begrüßen.
© THD

LANline: Wie konkret ist der Fortschritt?

Liebelt: Man muss zwischen den Hardware- und Software-Start-ups unterscheiden. Im Umfeld der Software geht vieles immer schneller, auch aus Kostengründen, entsprechend steigt auch die Anzahl der Firmen. Der Clou ist, die beteiligten Stacks so zu abstrahieren und weiterzuentwickeln, dass sie auf derjenigen Hardware-plattform, die es dann schlussendlich werden wird, auch funktionieren können.

LANline: Wie kann man sich in dem Umfeld die Kooperation mit der Industrie vorstellen?

Liebelt: Mittlerweile gibt es sehr konkrete Anfragen. Die Entwickler aus dem Automotive- oder Chemiebereich, bei uns die großen Player, interessieren sich sehr dafür, ob ihre Top-Codes für Quanten-Computing geeignet sind und welche Geschwindigkeitsgewinne möglich wären.

LANline: Bei der Hardware geht es hauptsächlich immer noch um das Rennen um die Anzahl der Qubits.

Liebelt: Aber nicht ausschließlich. Einem ganz jungen Start-up, das gewissermaßen als direkte Ausgliederung aus der hiesigen Forschung entstanden ist, ist es zum Beispiel gelungen, mit Magnetkühlung das Kühlequipment auf vier Höheneinheiten zu reduzieren. Auch solche Fortschritte bringen die Gesamtentwicklung enorm weiter.

LANline: Frau Professor Dr. Liebelt, herzlichen Dank für das sehr informative Gespräch.

2. Deggendorfer HPC-Symposium
Die Technische Hochschule Deggendorf hat das Jahr 2023 mit einer zweitägigen internationalen Konferenz begonnen. Drei Referenten und neun Expertenfirmen aus der Industrie folgten der Einladung von Dr. Helena Liebelt, Professorin der Fakultät Angewandte Informatik. Ihre Ideen und Erfahrungen zum Zukunftsthema „High Performance Computing und Quanten-Computing“ teilten sie mit rund 70 Teilnehmenden. Der Clou an dieser Konferenz: Die Unternehmen hatten ihre Präsentationen im Verlauf des Wintersemesters gemeinsam mit Studierenden der Hochschule erarbeitet.
Die Quantentechnik in Verbindung mit HPC gilt als richtungsweisender Innovationstreiber für die Industrie. Speziell im Maschinenbau sowie der Chemie- und Gesundheitsbranche spielt diese Technik eine immer wichtigere Rolle. Das Themenspektrum des HPC-Symposiums, das im Deggendorfer Stadthotel in Präsenz und parallel online stattfand, umfasste die Darstellung innovativer Rechenzentren, neue CPU-Technik, Anforderungen an künstliche Intelligenz im Gesundheitswesen oder bei komplexen Kundenproblemstellungen, das Errechnen präziser Wettervorhersagen oder die Architektur einer Kühlung für Rechenzentren.
Abschluss der Konferenz war die Live-Zuschaltung von Prof. Dr. Anne Matsuura aus den Vereinigten Staaten, um die beiden Gewinner der weltweit ersten Intel Quantum Computing Challenge bekanntzugeben.    Dr. Jörg Kunz/jos

 


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