Die IT-Abteilung ist mittlerweile maßgebend für den Geschäftserfolg eines Unternehmens. Um hierfür ein passendes IT-Service-Management umzusetzen, braucht es einen durchdachten und ganzheitlichen Ansatz. Vor allem künstliche Intelligenz kann bei der Optimierung der Prozesse helfen.
Effizienzsteigerungen und der ressourcenbewusste Einsatz von IT-Mitteln sind mittlerweile zentrale Pfeiler einer nachhaltigen Wettbewerbsfähigkeit. Um die digitale Transformation voranzutreiben, ist und bleibt dabei gerade der Einsatz von IT-Service-Management (ITSM) wichtig. So bringt ITSM im Unternehmen vielerlei Möglichkeiten, Mehrwerte – sogar über die IT-Abteilung hinaus – zu generieren. Besonders die Verbindung von künstlicher Intelligenz (KI) und ITSM ist vielversprechend – denn die Anwendung von KI-Methoden im ITSM-Umfeld kann Prozesse noch zielgerichteter und effizienter ausgestalten sowie die Servicequalität steigern. Eine Vielzahl von Systemen, Architekturansätzen und Best Practices lassen sich zur Lösung unterschiedlichster Aufgabenstellungen heranziehen, wodurch die Lage immer unüberschaubarer wird. Daher müssen Unternehmen aufpassen, dass sie sich auf ihrem Weg zur Optimierung des Service-Managements nicht im technologischen Dickicht verirren. Damit IT-Abteilungen die Komplexität der heutigen ITSM-Implementierung bewältigen können, ist deshalb ein genauer Fahrplan nötig. Dabei können fünf Schritte bereits wegweisend sein.
Zu denken, allein die Anschaffung einer neuen ITSM-Lösung würde alle organisatorischen und prozessualen Probleme lösen, ist falsch. Denn ohne Harmonisierung und Optimierung aller Prozesse bleibt Automatisierung eine Illusion. Schon bei der Auswahl der richtigen Lösung gilt es deshalb, zahlreiche technologische und organisatorische Kriterien zu beachten. Ein zentraler Aspekt ist dabei der Reifegrad des Unternehmens, insbesondere seiner IT-Organisation. Hierbei mangelt es jedoch oft an einer abteilungsübergreifenden Transparenz hinsichtlich des IST-Zustandes im Service-Management. Ursachen hierfür sind häufig eine nicht ausreichende Zusammenarbeit der IT-Teams oder Probleme bei der Umsetzung zahlreicher Besonderheiten im Abarbeitungsprozess.
Die Folge: Aufwand und Nutzen bei der Adressierung der zu meisternden Herausforderungen stehen am Ende in keinem Verhältnis zueinander und Schwachstellen werden nicht ausreichend berücksichtigt. Optimierungsbemühungen verlaufen sich dadurch im Sand, da sie sich nicht an der ITSM-Zielsetzung orientieren. Um dies zu vermeiden, sollte zunächst eine Heat Map ausgearbeitet werden, um einen klaren Blick auf den IST-Zustand und alle definierten Herausforderungen in bestehenden Prozessen und Services zu schaffen. Im zweiten Schritt empfiehlt sich die Formulierung einer klaren und nachvollziehbaren Zielsetzung für die ITSM-Einführung, deren Inhalte nach der Implementierung umfassend validiert werden.
Die Implementierung einer modernen IT-Service-Management-Lösung erfordert ein hohes Maß an Commitment von Seiten aller Beteiligten. Viele Unternehmen sind zu Beginn des Prozesses hochmotiviert und wollen bereits im ersten Schritt so viele Details wie möglich definieren und zum Beispiel in einem Servicekatalog abbilden, der alle Zielgruppen zufriedenstellt. Ein zu breiter Umfang oder Detaillierungsgrad überfordert die bestehende Organisation und ihre Mitarbeiter jedoch schnell. Der vorherrschende Fachkräftemangel verstärkt dies zusätzlich.
Um nachhaltige Ergebnisse zu sehen, die nicht bei der Einführung schon wieder veraltetet sind, sollte der Fokus deswegen vor allem auf den kritischen Herausforderungen beziehungsweise Prozessen und Services liegen, die auch schnell im IT-Alltag erste positive Ergebnisse erzielen. Hier kommt die im ersten Schritt definierte Heat Map zum Tragen. Auch empfiehlt es sich Fachbereiche möglichst frühzeitig, am besten schon bei der Definition des Change-Prozesses – von der Einreichung bis hin zu Abstimmung und Abnahme – in das Projekt einzubinden. Das garantiert, dass die Beteiligten immer auf dem neuesten Stand des Prozessverlaufs sind, definierte Schritte und Abläufe gänzlich verstehen und diese auch entsprechend umsetzen können. Das kulturelle Change-Management ist damit ein wesentlicher Erfolgsfaktor solcher Projekte.
Ein weiterer Fehler, der die Umsetzung der ITSM-Projekte gefährdet: Die Fokussierung auf ein einziges Framework, zumeist die Information Technology Infrastructure Library (ITIL), ohne die firmeneigenen Spezifika ausreichend zu berücksichtigen. Dies ist jedoch nicht immer sinnvoll, da andere Frameworks, wie etwa Cobit oder ISO 20000 oder eine Kombination aus ITIL und diesen, je nach Zielsetzung bessere und individuell passendere Ergebnisse liefern können.
Zu bedenken ist, dass es sich bei all diesen Frameworks um branchenübergreifende Best Practices handelt, die von Fall zu Fall individuell interpretiert und umgesetzt werden müssen. Häufig findet etwa keine Berücksichtigung der jeweiligen Aufbauorganisation statt, sodass vorgegebene Rollen einfach übernommen und nicht mit konkreten Personen oder Teams besetzt werden. Gleiches gilt für unternehmensspezifische, -kulturelle und -historische Aspekte, die bei der Konzeption keine ausreichende Berücksichtigung finden, aber einen wesentlichen Erfolgsfaktor bei der Realisierung darstellen. Deshalb sind Frameworks und Standards – insbesondere hinsichtlich definierter Ziele und deren Übertragung auf das eigene Unternehmen – kritisch zu hinterfragen. Perfekt ist ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen Frameworks und Standards, Best Practices anderer Unternehmen und den Spezifikationen der eigenen Firma.
Aufgrund der Komplexität kommen der deterministischen Beschreibung von Serviceleistungen, beispielsweise im Rahmen herkömmlicher FAQ, deutliche Grenzen auf. Dieser Effekt verstärkt sich noch, wenn sich IT-Leistungen aufgrund des technischen Fortschritts schnell weiterentwickeln. Hier kann der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) Abhilfe schaffen. Service-Leistungen, insbesondere komplexe, erklärungsbedürftige Leistungen, sind ideale Spielfelder der KI, die bei korrektem Einsatz IT-Prozesse wirksam optimieren, indem Prozesse noch zielgerichteter und effizienter ausgestaltet werden können.
So können KI-gestützte Lösungen beispielsweise den zuständigen Fachbereich durch eine automatische Klassifizierung von Servicetickets sofort identifizieren und diese dann den entsprechenden Experten zuordnen. Auch der Einsatz von Conversational-KI-Chatbots macht im Kontext von IT-Service-Management Sinn. Häufig wiederkehrende Anfragen kann das System automatisiert beantworten, sodass sich Mitarbeiter auf wichtigere Aufgaben konzentrieren können. Das setzt nicht nur Ressourcen frei, sondern reduziert auch Kostenstellen und verbessert die Nutzererfahrung durch kürzere Antwortzeiten.
Dafür braucht es jedoch die fachliche Standardisierung und die Harmonisierung von Prozessen und Services sowie ein klar und intelligent strukturiertes, zentral organisiertes Wissensmanagement.
Nicht zuletzt sollte klar sein, ob die gewählte ITSM-Lösung skalierbar ist und weitere Abteilungen durch Synergieeffekte profitieren können. Durch Prozesssteuerung erweitert das sogenannte Enterprise Service Management (ESM), eine Form des digitalen Service-Managements, den potenziellen Nutzen über die IT-Abteilung hinaus. Einmal implementiert lassen sich so zahlreiche Prozesse und Workflows auch auf Abteilungen wie Human Resources, Facility Management, Field Service und ITIL-Prozesse übertragen.
Grundlegend für den Erfolg eines solchen unternehmensweiten Rollouts von ESM-Software ist, dass alle Fachabteilungen eine Servicementalität entwickeln und dieses Mindset auch gelebt wird. In der Praxis geht es darum, das eigene Serviceangebot zu formulieren und die Aufbau- und Ablauforganisation sowie die Leistungsbeziehungen ESM-tauglich zu machen. Dies bedeutet vor allem, dass sie klar und eindeutig definiert werden müssen.
Florian Meister ist Managing Director von Strategic Service Consulting, einem Unternehmen von Serviceware.