Der Chipmangel hat aber nicht nur Konsequenzen auf defekte und deshalb zwingend auszutauschende Hardware. Auch die turnusmäßige Erneuerung von Komponenten ist durch die Knappheit erschwert. Hersteller raten für gewöhnlich einen Austausch der Geräte nach drei bis fünf Jahren an, da zu diesem Zeitpunkt ihr regulärer Support endet. Doch es gibt keinen triftigen Grund, funktionsfähige Komponenten auszutauschen. Studien zeigen, dass Hardware oft weit über das „End of Service Life“ (EOSL) der Hersteller hinaus im Einsatz ist.
Schon in der Technogroup-Studie zur Datacenter-Wartung von 2019 gaben fast 60 Prozent der Befragten an, Datacenter-Hardware bis zu zehn Jahre oder länger zu nutzen. Für gerade einmal drei Prozent waren die von Seiten der Hersteller vorgegebene Produktlebenszyklen von maximal fünf Jahren verbindlich. Der Rest sah es als Empfehlung (18 Prozent), als Verkaufsargument für neue Hardware (37 Prozent) oder schlicht als nicht ernst zu nehmend (28 Prozent) an. Sind nun Komponenten aufgrund der Chipknappheit schwerer, nur mit langen Lieferzeiten oder zu erhöhten Preisen zu bekommen, werden vermutlich noch mehr IT-Ableitungen den Austausch nach dem End of Service Life der Hersteller in Frage stellen.
Um eine Ausfallsicherheit der Hardware aber auch nach dem End of Service Life zu gewährleisten, darf man auf qualitätsgesicherte Wartung der Geräte nicht verzichten. Diese bieten Third-Party-Maintenance-Dienstleister (TPM) an. Sie warten Hardware sämtlicher namhafter Hersteller und sind ebenso in der Lage, Refurbished Komponenten unter Wartung zu nehmen. Das ermöglicht den sicheren Einsatz generalüberholter Geräte.
Im vergangenen Jahr hat die EU einen wichtigen Schritt getan, um es Unternehmen zu erleichtern, die Wartung ihrer Server von den Herstellern zu entkoppeln. Die seit März 2021 geltende EU-Verordnung 2019/424 soll einen längeren, sicheren Betrieb von Hardware ermöglichen. Sie verpflichtet die Hersteller von Servern, für eine längere Dauer Security-Updates und aktualisierte Firmware für ihre Geräte zur Verfügung zu stellen. Die letzte verfügbare Sicherheitsaktualisierung der Firmware müssen Hersteller sogar kostenlos anbieten. Zwar sieht die Regelung Ausnahmen vor, dennoch dürfte sie 80 bis 90 Prozent der in Rechenzentren eingesetzten Geräte betreffen.
Ein weiterer Vorteil der herstellerunabhängigen Anbieter von Third-Party Maintenance ist, dass sie als Single Point of Contact (SPOC) bei sämtlichen Störungen und Ausfällen dienen. Rechenzentren haben eine heterogene Struktur mit Geräten unterschiedlicher OEMs (Original Equipment Manufacturer), und mit zunehmender Digitalisierung nimmt die Komplexität weiter zu. Statt bei einer Störung die entsprechenden Hersteller zu kontaktieren, hat die IT-Abteilung mit einem TPM-Anbieter nur einen Ansprechpartner, der 24 Stunden am Tag, an 365 Tagen im Jahr zur Verfügung steht. Dies reduziert den Verwaltungs- und Kommunikationsaufwand im Ernstfall erheblich – ein nicht unwesentliches Argument, wenn man bedenkt, dass Schnelligkeit ein entscheidender Faktor bei der Entstörung ist, um die monetären und anderweitige Konsequenzen eines Ausfalls zu minimieren. Zudem entlastet dies die IT-Abteilungen. Diese können sich auf andere Tätigkeiten wie die Förderung digitalisierter Geschäftsmodelle konzentrieren.
TPM-Dienstleister bieten feste Service-Level-Agreements (SLA), die eine schnelle Entstörung sicherstellen. Zudem verfügen viele über ein flächendeckendes Netzwerk an Logistikstützpunkten mit einem großen Bestand an Ersatzteilen – sowohl Neuware als auch Refurbished Hardware. Das sorgt dafür, dass Ersatzteile schnell vor Ort sind. Außerdem können TPM-Anbieter ihre Wartungsleistungen oft flexibler und zu besseren wirtschaftlichen Konditionen anbieten als die OEMs.
Der größte wirtschaftliche Nutzen von TPM liegt aber in der verlängerten Nutzung von Hardware. Dadurch lassen sich die Anschaffungskosten ganzer Gerätegenerationen einsparen beziehungsweise hohe Investitionen flexibel planen und gegebenenfalls verschieben. Das Einsparpotenzial bestätigt auch das Analystenhaus Gartner, das errechnet hat, dass Unternehmen beim Umstieg von Herstellerwartung auf TPM bis zu 70 Prozent der Kosten einsparen können. Das Third-Party-Maintenance-Konzept ist daher eine effiziente Möglichkeit, um Rechenzentren kostengünstig und gleichzeitig hochverfügbar zu betreiben – auch und gerade in Zeiten des Chipmangels.
Arnd Krämer ist Geschäftsführer von Technogroup IT-Service.