Rechenzentren ohne unterbrechungsfreie Stromversorgung sind nicht mehr denkbar. Die Technologie kann dabei bereits auf eine lange Historie zurückblicken, in der die Geräte immer weiter optimiert wurden. Doch auch in der Zukunft warten Herausforderungen für die USV.
Die Erfindung der USV lässt sich nicht einer konkreten Person oder einem bestimmten Jahr zuordnen. Man kann jedoch festhalten, dass sie untrennbar mit dem Siegeszug der Mikroelektronik verbunden ist. Denn durch diese erhöhte sich der Bedarf nach einer sehr gleichmäßigen und verlässlichen Stromversorgung. Schon im Jahr 1962 wurden im finnischen Eaton-Werk die ersten Anlagen zur unterbrechungsfreien Stromversorgung produziert. Schon damals war das Funktionsprinzip einfach gehalten: Die Netzspannung wird heruntertransformiert und gleichgerichtet. Im Anschluss wird eine Batterie geladen, aus der sich ein Wechselrichter und ein weiterer Transformator speisen. Dieses Set-up ist zum einen dafür gedacht, dass die Ausgangsspannung von Schwankungen in der Netzfrequenz entkoppelt wird. Zum anderen liefert die Batterie auch eine kurzfristige Reservekapazität, sollte es zum Stromausfall kommen. Auf diese Weise wird der Zeitraum überbrückt, bis Notstromaggregate anlaufen oder sensible Systeme kontrolliert heruntergefahren werden können.
Die ersten und relativ einfachen USV-Varianten waren wenig energieeffizient. Zudem verfügten sie nur über niedrige Kapazitäten von wenigen Kilowattstunden. Entsprechend mussten Anwender noch bis vor 30 Jahren mit Verlustleistungen von etwa 20 Prozent rechnen. Das ist aus derzeitiger Sicht und im Hinblick auf aktuelle Umweltanforderungen nicht mehr akzeptabel. Speziell Rechenzentren werden häufig für die Höhe ihres Stromverbrauchs kritisiert. In den vergangenen Jahren hat sich bei diesem Aspekt aber sehr viel verändert und moderne USV-Anlagen arbeiten inzwischen viel effizienter. Daher sind heutzutage Wirkungsgrade von bis zu 99 Prozent erreichbar. Die erste Anlage, die solche Werte aufweisen konnte, kam 2009 auf den Markt. Dieses Ergebnis wird dadurch erzielt, dass der Doppelwandleraufbau überbrückt wird, wenn keine Spannungsaufbereitung notwendig ist. Wenn Anomalien bei der Eingangsspannung entstehen, die bestimmte vordefinierte Grenzwerte überschreiten, wechselt die Anlage direkt in den Doppelwandlerbetrieb. Aufgrund von Schalt- und Sensortechnik dauert das weniger als zwei Millisekunden. Darüber hinaus verfügen aktuelle Anlagen über einen modularen Aufbau. Dieser ermöglicht wiederum eine einfache Skalierung. Zusätzlich zu den herkömmlichen Bleibatterien können Nutzer inzwischen auch auf Lithium-Ionen-Batterien zurückgreifen. Diese sind in der Regel kleiner, leichter und praktisch wartungsfrei.
Die Vernetzung der Anlagen markiert eine weitere Evolutionsstufe der USV. In diesem Kontext werden jedoch auch Fragen der IT-Sicherheit zunehmend relevant. Vernetzte Anlagen warnen Administratoren automatisch vor möglichen Problemen und erleichtern das geordnete Herunterfahren von IT-Systemen im Ernstfall. Smarte USV bieten jedoch noch andere Zusatzfunktionen, denn sie können einen Beitrag zur Stabilisierung des Stromnetzes leisten. Die Idee dahinter: Da der Strom hierzulande meist sehr zuverlässig fließt, müssen die Batterien der USV nur selten aktiviert werden. Diese Speicherressourcen bilden also eine stille Reserve, die sich zur kurzfristigen Frequenzregelung des Stromnetzes gut verwenden lässt. Durch entsprechende Verträge mit Energieversorgern können die Betreiber von Rechenzentren hierdurch zusätzliche Einnahmen erzielen. Die Grundfunktionalität der USV bleibt dennoch weiterhin gewahrt, da für die Frequenzregelung immer nur sehr kurzfristige Ladungen und Entladungen notwendig sind.
In Europa wird der Anteil der Wind- und Solarenergie an der gesamten Stromerzeugung bis 2030 voraussichtlich auf 60 Prozent ansteigen. Mit dieser wachsenden Marktdurchdringung wird also auch ein größerer Bedarf an Flexibilität im Netz entstehen. Laut einer aktuellen Studie von BloombergNEF in Partnerschaft mit Eaton und Statkraft können Rechenzentren in Deutschland, Großbritannien, Irland, Norwegen und den Niederlanden dem Stromnetz insgesamt 16,9 Gigawatt Flexibilitätsreserve durch ihre unterbrechungsfreie Stromversorgung, Back-up-Erzeugung und Lastverschiebung zur Verfügung stellen. Dies ist mehr als die aus diesem Sektor selbst erwartete Stromnachfrage, da die Ressourcen im Prinzip unabhängig voneinander Flexibilität für das Netz bereitstellen können, indem sie entweder den Stromverbrauch reduzieren oder Strom zurückspeisen. Von den untersuchten Ressourcen scheinen USV-Anlagen die vielversprechendsten im Hinblick auf Flexibilität zu sein und eignen sich daher besonders gut für die kurzfristige Frequenzregelung.
Im Hinblick auf die Optimierung des Wirkungsgrades sind USV-Anlagen bereits an der Grenze des Machbaren angelangt. In Zukunft werden also andere Aspekte im Fokus stehen. So wird eine längerfristige Notstromversorgung heute meist noch aus Dieselaggregaten realisiert. Das ist nicht ideal. Zudem wird zunehmend auf den Gesamtlebenszyklus von Produkten und Geräten geachtet. Hier werden also auch die CO2-Emissionen und Umweltauswirkungen einkalkuliert, die bei der Produktion und Entsorgung entstehen. Vor diesem Hintergrund ist es umso wichtiger, dass USV-Anlagen mit ihren Batteriespeichern auch einen Beitrag zur Energiewende leisten können – denn in einer digitalen Welt gehören sie längst zur unverzichtbaren Infrastruktur.
Simon Feger ist Produkt Support Manager bei Eaton