Baupläne für ein effizientes Rechenzentrum

Modular und indirekt gekühlt

1. Oktober 2014, 6:00 Uhr | Stefan Keller, Vertriebsleiter bei Noris Network in Nürnberg, www.noris.de./jos

Der Bedarf an neuen Rechenzentren in Deutschland ist groß. Laut Studien des Eco-Verbands verbrauchten Rechenzentren im Jahr 2012 noch über 60 Prozent mehr Strom, als die dort untergebrachten IT-Systeme benötigten. Da die Stromkosten ein wesentlicher Kostenfaktor im Betrieb sind, suchen Unternehmen neue, energieeffizientere Rechenzentrumskapazitäten.

Die Energieeffizienz von Rechenzentren erfasst die Branche meist mit der Kennzahl PUE (Power Usage Effectiveness). Sie ist der Quotient Gesamtenergieverbrauch/Energieverbrauch der IT-Systeme. Eine Studie des Eco-Verbands ("Bestandsaufnahme effiziente Rechenzentren Deutschland") aus dem Jahr 2012 wies für den Bestand an deutschen Rechenzentren einen PUE-Wert von 1,62 aus. Dies bedeutet: Für Klima, Stromversorgung und andere Infrastruktur verbrauchen deutsche Rechenzentren über 62 Prozent mehr Strom, als für die dort eingestellten IT-Systeme selbst nötig ist. PUE-Werte von 1,5 oder 1,4 für einzelne Rechenzentren galten bei dieser Bestandsaufnahme als gut bis sehr gut.
Mit dem Neubau des 11.000 m² großen Rechenzentrums NBG6 wollte der IT-Dienstleister Noris Network Ende 2011 den Spielraum für Effizienzgewinne verdeutlichen: NBG6 wies schon wenige Monate nach Inbetriebnahme einen PUE-Wert von etwas über 1,2 aus - zu einem Zeitpunkt, als die IT-Flächen nur zu einem kleineren Teil gefüllt waren. Da die Dimensionen von Storage und Server kleiner werden, die Virtualisierung IT-Ressourcen effizienter nutzen kann und High-Density-Racks mehr Leistung auf weniger Fläche bieten, hat sich die wachsende Bedeutung der IT für die Unternehmen weniger stark auf die Nachfrage nach RZ-Kapazitäten ausgewirkt. Einen großen Einfluss hatten jedoch zwei andere Faktoren: höhere Sicherheitsbedürfnisse und die steigenden Strompreise. Obwohl die Betriebskosten von Rechenzentren stark vom Strompreis abhängen, sind RZs nicht von der EEG-Umlage befreit. Die Unterbringung in älteren, weniger energieeffizienten Rechenzentren kostet bei gleichen Ansprüchen an Sicherheit, Verfügbarkeit etc. folglich deutlich mehr Geld. Auch gibt es Unternehmen, die verbindliche Green-IT-Initiativen starten und im Rahmen dieser Programme nach energieeffizienteren Rechenzentren suchen.
Diese Einflüsse lassen sich am Rechenzentrum NBG6 nachweisen: Ursprünglich war die Vollbelegung für 2017/2018 geplant. Jetzt wird sie vermutlich 2015 erreicht - auch weil sich für viele größere Kunden der Umzug aus alten Einrichtungen in ein modernes, energieeffizientes Rechenzentrum offensichtlich lohnt. Die Erfahrung beim Bau und Betrieb von NBG6 will Noris Network nach eigenen Angaben jetzt für den Neubau eines Rechenzentrums im Osten von München (MUC5) nutzen.
Wer im Rechenzentrum Effizienz-Benchmarks wie einen PUE-Wert von knapp 1,2 erreichen will, muss bereits die Architektur darauf ausrichten. Konsequenterweise realisiert der Betreiber das Rechenzentrum MUC5 aus zwei weitestgehend identischen Bauabschnitten mit jeweils 5.000 m² Grundfläche und über 3.000 m² IT-Fläche. An den Längsseiten jedes der Bauabschnitte ist Platz für jeweils insgesamt acht kompakte Klima- und Energiezellen (CECC - Combined Energy and Cooling Cell) vorgesehen. Dabei folgt MUC5 dem Konzept von NBG6.
Die modulare Infrastruktur für Klima und Stromversorgung skaliert flexibel mit der IT-Last auf der RZ-Fläche. Statt zentraler Einrichtungen für Klima und Strom, die erst bei einer Vollbelegung des Rechenzentrums ausgelastet sind - und damit auch erst dann maximal energieeffizient arbeiten können -, erfolgt die Versorgung der Anlage über ein Netz dieser kompakten Klima- und Energiezellen. Jede der Zellen bringt Energie und Kühlung für 1 MW IT-Last. Bei acht Zellen mit n+1-Redundanz (Tier 3) kann jeder der beiden MUC5-Bauabschnitte 7 MW IT-Last aufnehmen. Die CECCs sind räumlich abgetrennt von der eigentlichen IT-Fläche, die technische Ausstattung lässt sich daher sukzessive - mit steigender IT-Last - und ohne Störung des IT-Betriebs installieren.
 
Kyoto-Rad: vertikal statt horizontal
Die einzelnen Zellen sind komplett identisch aufgebaut. Jede CECC beherbergt den Trafo für die Umwandlung der Mittelspannungsversorgung durch das Energieversorgungsunternehmen, ein redundantes, energieeffizientes Online-USV-System mit hochmodernem Batterie-Management, einen dieselgetriebenen Notstromgenerator und eine redundante Schaltanlage für die Einspeisung in die Netzverteilung des Rechenzentrums. Weiterhin ist in jeder Zelle des Bauwerks ein Kyoto-Rad als Wärmetauscher für die indirekte freie Kühlung der IT-Flächen untergebracht.
Waren die Kyoto-Räder im Rechenzentrum NBG6 noch bauhöhebedingt horizontal eingebaut, sind die Kyoto-Räder mit einem Durchmesser von sechs Metern im neuen RZ vertikal verbaut. Die Zellen an den Längsseiten der Gebäude werden somit schmaler. So lässt sich bei gleicher Gebäudebreite mehr IT-Fläche nutzen.
Gleichzeitig ist durch den vertikalen Einbau der Wärmetauscher der Luftstrom optimiert. Der radförmige, aus Aluminium gefertigte Rotationswärmetauscher dreht sich mit drei bis zehn Umdrehungen pro Minute. Im RZ ziehen drei Ventilatoren die warme Abluft aus dem Server-Raum ab, drücken sie durch die Rippen des Kyoto-Rads, wonach sie abgekühlt wieder zurückströmt. Im oberen Teil der Zellen wird ebenfalls mit drei Ventilatoren Frischluft von außerhalb des Gebäudes angesaugt und durch das Rad geführt, um die im unteren Raum aufgenommene Wärmeenergie abzuführen. Ein positiver Nebeneffekt: Für die Kühlung kommt keine Außenluft ins Rechenzentrum, um deren Feuchtigkeit oder Staubgehalt man sich im RZ sorgen müsste.

Wer im Rechenzentrum Effizienz-Benchmarks wie einen PUE-Wert von knapp 1,2 erreichen will, muss bereits die Architektur darauf ausrichten. Konsequenterweise will Noris Network das Rechenzentrum MUC5 aus zwei weitestgehend identischen Bauabschnitten mit jeweils 5.000 m² Grundfläche und über 3.000 m² IT-Fläche realisieren.

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