Der Green Deal der Europäischen Union sieht vor, dass die EU bis zum Jahr 2050 klimaneutral sein soll. Ein Teil der Rechenzentrumsbranche verpflichtet sich aber zu noch ehrgeizigeren Zielen und setzt bereits verschiedene Vorhaben um. Besonders der Umgang mit Gebäuden und Energie ist entscheidend.
Die deutsche Rechenzentrumslandschaft wächst weiter und weiter. Doch damit steigt auch der Energiebedarf der Infrastruktur. Laut der Bitkom-Studie „Rechenzentren in Deutschland“ beliefen sich die Energieanforderungen der Rechenzentren und kleineren IT-Installationen im Jahr 2020 auf 16 Milliarden Kilowattstunden. Technologien wie Blockchain, 5G, das Internet der Dinge, Cloud-Computing sowie die grundsätzlich fortschreitende Digitalisierung der Gesellschaft vergrößern nicht nur den Bedarf an Rechenkapazitäten, sondern auch den Energieverbrauch.
Auf neue Rechenzentren kann aber kaum verzichtet werden, schließlich sind sie maßgebend für die digitale Zukunft. Daher ist die Verbesserung der Nachhaltigkeit von Rechenzentren, die schätzungsweise zwei Prozent des weltweiten Energieverbrauchs ausmachen, zu einer Priorität für die Betreiber und die Fachverbände der Branche geworden. Ganz besonders in Europa, denn hier spielen die Vorgaben des Green Deal der EU darüber hinaus eine entscheidende Rolle. Laut diesem Konzept soll die Europäische Union bis 2050 komplett klimaneutral sein.
Doch manche Rechenzentrumsbetreiber gehen sogar noch einen Schritt weiter. Sie haben sich beispielsweise im Rahmen des Climate Neutral Data Centre Pact zusammengeschlossen, der die Erreichung des Klimaneutralitätsziels bereits bis 2030 anstrebt. Der Pakt deckt dabei im Detail die Bereiche Energieeffizienz, Wasser, saubere Energie, Kreislaufwirtschaft und Wärmerückgewinnung ab. Die Betreiber sind dem Climate Neutral Data Centre Pact freiwillig beigetreten, um aktiv zu den Zielen des europäischen Green Deals beizutragen. Er ist aber nicht das einzige Vorhaben. Auch über diesen hinaus gibt es bereits zahlreiche Bemühungen der Branche: darunter der EU-Verhaltenskodex für Rechenzentren, die Abschnitte der EU-Taxonomie für nachhaltige Rechenzentren und das umweltfreundliche öffentliche Beschaffungswesen für Rechenzentren, Server und Cloud.
Die Betreiber müssen jetzt mess- und überprüfbare Vorgaben für den Energieverbrauch einführen sowie Wassereinsparungen und die Nutzung von Abwärme priorisieren. Ebenso ist es im Zuge dieser Strategie essenziell, Hardware wiederzuverwenden und zu reparieren, anstatt neue anzuschaffen. Die Nutzung von kohlenstoffarmen Energiequellen ist darüber hinaus ein weiterer wichtiger Baustein, um die Ziele gemeinsam erreichen zu können.
Einige Betreiber werben schon heute damit, bis zu 100 Prozent erneuerbare Energie zu beziehen und ihren Wasserverbrauch genau zu überwachen. Denn die Anforderungen im Markt und der Wettbewerb steigen stetig. So achten unter anderem die Hyperscaler auf die CO2-Bilanz ihrer Datacenter-Parnter und suchen gezielt nach Anbietern, die nicht nur die nötige Rechenkapazität, sondern auch ein zukunftsorientiertes Nachhaltigkeitskonzept mit messbaren Ergebnissen vorweisen können.
Für die Bewertung der Nachhaltigkeit stehen in Europa verschiedene Werkzeuge zur Verfügung. Darunter beispielsweise die Building Research Establishment Environmental Assessment Methodology (BREEAM). Die BREEAM ist eine Methode für die Planung von Projekten, Infrastrukturen und Gebäuden. Rechenzentrumsbetreiber können sich an dieser orientieren, um ihre Gebäudepläne – sei es Neubau oder Modernisierung – in Hinblick auf Nachhaltigkeitsaspekte zu bewerten. So ermöglicht es BREEAM Betreibern und Planern unter anderem, ausgewählten Baupartnern wichtige Leistungsindikatoren (KPIs) bereitzustellen und beispielsweise über eine Zertifizierung des TÜV Süd wichtige Standards auch im internationalen Vergleich nachzuweisen.
Die Energieeffizienz in Rechenzentren orientiert sich wiederum an der Power Usage Effectiveness (PUE). Dieser Wert stellt das Verhältnis zwischen der genutzten Gesamtenergie des Datencenters und der Energiemenge dar, die jeweils für den Betrieb der Infrastruktur und der IT-Systeme benötigt wird. Je effizienter ein Rechenzentrum ist, desto niedriger ist sein PUE-Wert, der in der Regel zwischen 3 und 1,2 liegt. Ein Wert über 2 belegt, dass das Rechenzentrum mehr Energie für die Unterstützung seiner Infrastruktur als für die Versorgung seiner IT-Systeme benötigt.
Der EU Green Deal und der Climate Neutral Data Centre Pact beinhalten ehrgeizige Ziele, die es für Rechenzentrumsbetreiber in den nächsten Jahren zu erreichen gilt. Die Umstellung erfordert in vielen Bereichen tiefgreifende Maßnahmen, die alle Aspekte des Baus und Betriebs von Rechenzentren abdecken müssen. Die Anforderungen hinsichtlich des enormen Energieverbrauchs führt beispielsweise auch dazu, dass viele Unternehmen in kältere Klimazonen wie die nordischen Länder abwandern, die zudem in der Regel über beträchtliche Mengen an Wasserkraft verfügen. Hier lassen sich vor allem Daten speichern, die nicht auf die Nähe zum Verbraucher und auf geringe Latenz angewiesen sind.
Doch die technologischen Innovationen bieten bereits vielfältige Lösungen, um den Anforderungen auch hierzulande zu begegnen. So könnte die installierte Rechenleistung pro verbrauchte Kilowattstunde Strom seit 2010 fast verfünffacht werden.
Andreas Paduch, Area Vice President, European Sales, Cyrusone