Cisco feiert dieser Tage seinen 30. Geburtstag und scheint vor Kraft nur so zu strotzen. Trotz einiger Fehlprognosen und Missgeschicke sollen hier zur Feier des Jubilars die gute Ideen und die Weitsicht vieler Entscheidungen in den Vordergrund gestellt werden.
Im Dezember 1944 wurde Cisco Systems im „Silicon Valley“ gegründet. Damals hatten nur sehr wenige Menschen eine vage Vorstellung vom „Internet“. Ich persönlich befand mich am Anfang meiner Karriere im Bereich der Netzwerke. Über das Kernforschungszentrum Karlsruhe hatte ich ein Internet-Konto auf einem Unix-Mainframe. Über diesen Rechner hatte ich einen Ftp-Zugang zur Welt, konnte mich per Telnet in fremde Rechner einwählen und hatte bereits eine E-Mail-Adresse. Letztere hatte den Nachteil, dass es kaum Kommunikationspartner gab.
Damals konnte sich niemand das schnelle Wachstum des Internet vorstellen und die Auswirkungen auf die Gesellschaft vorhersagen. Das noch kleine und unbedeutende Unternehmen Cisco hatte jedoch bereits damals den richtigen Riecher für kommende Markttrends. Zwei Jahre nach der Firmengründung wurde mit dem Advanced-Gateway-Services- (AGS-)Router das erste Produkt veröffentlicht. Bei diesem Produkt handelte es sich um einen Multiprotokoll-Router, der sich als Schlüssel zum Erfolg herausstellte. Zur Erinnerung: In den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts nutzte man in den Netzwerken eine Vielzahl unterschiedlicher LAN-Protokolle (SNA, XNS, TCP/IP, IPX/SPX /Novell Netware), Vines, etc.) und Cisco baute genau das Produkt, mit dem die verschiedenen Netzwerke miteinander verbunden werden konnten.
Der Multiprotokoll-Router sorgte bei Cisco für einen guten Start in den Markt. Jedoch erst mit der Einstellung von John Chambers als CEO im Jahr 1995 etablierte sich das Unternehmen als Visionär und verfolgte konsequent die Idee zu einem Großunternehmen mit einem Umsatz von vielen Milliarden US-Dollar zu werden.
Hier sind einige der besten Beispiele von Cisco die zeigen, dass das Unternehmen die Zukunft richtig eingeschätzt hat.
Voll auf den Router-Markt gesetzt
Cisco dominiert heute den Router-Markt. Dies war jedoch nicht immer so. In den 1990er Jahren lieferten neben Cisco auch 3Com, Bay Networks (Synoptics, Wellfleet), Cabletron und anderen Hersteller gute und zuverlässige Router. Damals waren jedoch einige Experten der Ansicht, dass die Tage der Router gezählt wären und durch Switches (mit Routing-Funktionen) ersetzt würden. Ich erinnere mich an ein Gespräch mit einem Pre-Sales Spezialisten von Cabletron, der behauptete, dass Cabletron in der Frühzeit von Cisco dieses Unternehmen kaufen wollte. Da man jedoch zu der Überzeugung kam, dass der Markt für Router tot sei, hätte man vom Zukauf von Cisco abgesehen. Ab Mitte der 90er Jahre war Cisco eine der wenigen Hersteller, die vernünftige Router entwickelte. Damit baute das Unternehmen seine Stellung bei nahezu allen Unternehmenskunden aus.
Rechtzeitig auf das IP-Protokoll gesetzt
Die Unterstützung der TCP/IP-Protokolle hat sich in der Rückschau als die richtige Entscheidung erwiesen. Dies war jedoch nicht immer der Fall. Ich war wohl einer der ersten „reinen“ TCP/IP-Ingenieure in Deutschland. Aber ich musste selbst im eigenen Unternehmen einige hitzige Diskussionen mit Kollegen durchstehen und die IP-Protokolle gegen SNA, XNS, IPX und anderen konkurrierenden Technologien verteidigen. Als alle Hersteller von konkurrierende Protokollen, wie Decnet, Novell (IPX) oder IBM (SNA) endlich auch TCP/IP unterstützten, war ihnen Cisco längst enteilt.
Niedergang der klassischen Telefonie vorausgesehen
Mitte der 1990er Jahre stellte John Chambers eine kühne Prognose auf: Er prognostizierte, dass in Zukunft die gesamte Telefonkommunikation über Voice over IP (VoIP) abgewickelt werden würde. Viele Telekommunikations- und klassische TDM-Unternehmen wie Lucent oder Nortel amüsierte dies nur. Aus ihrer Sicht konnte IP nicht die Qualität und Zuverlässigkeit liefern, die zur Übermittlung von Sprache notwendig ist. Diese Aussagen waren so negativ und so wirksam, dass einige der Telcos für eine längere Zeit ihre Geschäftsbeziehungen aussetzten und keine Geschäfte mehr mit Cisco machten. Mittelfristig sind jedoch alle Telcos wieder reumütig zu Cisco zurückgekehrt, denn die Vorhersage hat sich als wahr herausgestellt. Heute hat sich VoIP zu 100 Prozent durchgesetzt und selbst die hiesigen Telekommunikationsunternehmen werden in den kommenden Jahren das ISDN gegen IP-Lösungen austauschen.