Herausforderungen für RZs

Umweltanforderungen, Betriebskosten und Fachkräftemangel

19. Dezember 2023, 7:00 Uhr | Autor: Alpesh Saraiya – Redaktion: Jörg Schröper
Das Kapazitätswachstum der Rechenzentren in Deutschland: Vor allem die Segmente der Cloud- und Edge-Rechenzentren haben in den letzten Jahren zugenommen. Dieser Trend wird sich voraussichtlich fortsetzen. Quelle: Bitkom-Studie "Rechenzentren in Deutschland: Aktuelle Marktentwicklungen - Update 2023", durchgeführt vom Borderstep Institut
© Bitkom

Der Bedarf an Rechenleistung wächst stark, unter anderem wegen der fortschreitenden Digitalisierung. Für RZ-Betreiber bringt die Entwicklung große Herausforderungen mit sich. Steigende Anforderungen an Nachhaltigkeit, die Optimierung der Betriebskosten und der Fachkräftemangel gehören dazu.

Ohne Rechenzentren gibt es keine Digitalisierung. Anwendungen, die sich auf Techniken wie künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen, das Internet der Dinge (IoT) und Datenanalysen stützen, hängen beispielsweise von den Rechen-, Speicher- und Netzwerkkapazitäten großer Rechenzentren ab

Daher steigt die Nachfrage nach diesen Ressourcen rapide an. Dies belegt zum Beispiel die Studie „Rechenzentren in Deutschland: Aktuelle Marktentwicklungen – Update 2023“, die das Marktforschungsunternehmen Borderstep Institut im Auftrag des Digitalverbands Bitkom erstellte. Die Untersuchung basiert auf den Daten der 3.000 größeren Rechenzentren in der Bundesrepublik mit mehr als 40 kW Leistung sowie von 47.000 kleineren Data-Centern.

Laut der Analyse hat sich die Gesamtkapazität der Rechenzentren in der Bundesrepublik zwischen 2012 und 2022 von 1.360 Megawatt auf 2.340 Megawatt (MW) erhöht. Dazu tragen vor allem Cloud-Rechenzentren bei, die mittlerweile etwa 38 Prozent des Markts ausmachen. Ihre Kapazitäten haben sich in den vergangenen fünf Jahren mehr als verdoppelt, von 470 MW auf 880 MW.

Starke Nachfrage nach Cloud-Services

Der Grund ist, dass rund 89 Prozent der Unternehmen und Organisationen in Deutschland mittlerweile Cloud-Services nutzen. Auch die Nachfrage nach IT-Services im Edge-Bereich steigt rapide, auch wenn die Gesamtkapazität Ende 2022 mit rund 100 MW noch gering ausfiel. Dagegen zeigt sich bei traditionellen Rechenzentren seit etwa drei Jahren ein leichter Rückgang der Leistung. Sofern es zu keinem weiteren Einbruch der Konjunktur kommt, dürfte die Leistung von Rechenzentren in Deutschland in den kommenden Jahren weiter steigen. Allerdings sind die Wachstumsraten in anderen Weltregionen höher, etwa in Nordamerika und Asien, speziell in China.

Erster Faktor: Nachhaltigkeit und Umweltschutz

Die hohe Nachfrage nach Rechenzentrumsdienstleistungen stellt die Betreiber jedoch auch vor Herausforderungen. Die erste, Nachhaltigkeit, betrifft nicht nur den Energieverbrauch und die CO2-Emissionen. Sie umfasst auch den umweltschonenden Umgang mit Ressourcen wie Wasser, zum Beispiel für die Kühlung eines Rechenzentrums, und das fachgerechte Recycling von IT-Komponenten wie Servern, Speicher- und Netzwerksystemen. In Zukunft könnten weitere Anforderungen hinzukommen, zum Beispiel, dass in Rechenzentren nur noch IT-Systeme eingesetzt werden dürfen, die leicht zu reparieren sind und damit länger genutzt werden können. Zudem verlängern viele Rechenzentrumsbetreiber den Erneuerungszyklus ihrer IT-Ausstattung von drei auf vier oder sogar fünf Jahre.

In Ländern wie Irland, den Niederlanden und Singapur müssen Eigentümer und Betreiber von Rechenzentren nun einen detaillierten Nachhaltigkeitsplan vorlegen, bevor sie eine Genehmigung für den Bau eines neuen oder die Erweiterung eines bestehenden Rechenzentrums erhalten. Singapur hat sogar ein Moratorium für neue Rechenzentrumsprojekte von 2019 bis 2022 verhängt. Und Unternehmen, die neue Rechenzentren bauen wollen, müssen nun überzeugend nachweisen, dass sie die neuen Standards Singapurs zum Schutz natürlicher Ressourcen wie Land, Wasser und Energie einhalten.

Der steigende Strombedarf von Rechenzentren hat auch in Deutschland Diskussionen ausgelöst, insbesondere in Regionen mit einer hohen Dichte an Rechenzentren wie Frankfurt am Main. In Frankfurt sollen beispielsweise Rechenzentren in Clustern konzentriert werden. Zudem fordert die Stadtverwaltung die Betreiber auf, die Energieeffizienz ihrer Anlagen zu erhöhen, um den Stromverbrauch zu senken.

Strengere Anforderungen an die Energieeffizienz

Der vom Bundeskabinett im Frühjahr 2023 vorgelegte Entwurf eines Energieeffizienzgesetzes (EnEfG) geht in die gleiche Richtung. Er orientiert sich an vergleichbaren Vorgaben der Europäischen Union. Das EnEfG sieht vor, dass Rechenzentren, die nach dem 1. Juli 2026 in Betrieb genommen werden, einen PUE-Wert (Power Usage Effectiveness) von 1,3 erreichen müssen. Dies bedeutet, dass die Einrichtungen Energie effizienter nutzen und weniger Strom für die Kühlung der Infrastruktur aufwenden müssen. Bei einem PUE-Wert von 1,3 gehen jedoch 23 Prozent des dem Rechenzentrum zugeführten Stroms in der Kühlinfrastruktur verloren (verschwendeter Strom, der nicht für die IT-Arbeitslasten genutzt werden kann).

Für bestehende Rechenzentren gilt ab Mitte 2027 ein PUE-Wert von 1,7. Bei 1,7 werden allerdings 41 Prozent des Stroms für die Kühlung der Infrastruktur verbraucht. Eine weitere Vorgabe des EnEfG ist, dass deutsche Rechenzentren ab 2024 zu 50 Prozent mit Ökostrom betrieben werden müssen. Ab 2027 sollen es 100 Prozent sein. Zudem sind die Betreiber verpflichtet, einen Teil der Abwärme anderweitig zu nutzen, etwa durch Einspeisung in ein Fernwärmenetz.

ITK-Verbände und Rechenzentrumsbetreiber halten diese Regelungen für schwer umsetzbar. Doch selbst wenn das EnEfG nachgebessert werden sollte, müssen Rechenzentren auch aus wirtschaftlichen Gründen ihren ökologischen Fußabdruck verkleinern und sparsamer mit Energie umgehen. Denn die Energiepreise sind hoch. So werden laut Borderstep Institut Rechenzentren mit einem Stromverbrauch von 5 MW in Deutschland Ende 2022 rund 25 Cent pro kWh zahlen, fast sieben Cent mehr als Betreiber in den Niederlanden und neun Cent mehr als Nutzer in Schweden.

Im weiteren Verlauf dieses Jahrzehnts werden Investitionen in die Nachhaltigkeit jedoch einem dynamischen Balanceakt unterliegen, da die steigende „Kohlenstoffsteuer“ andernfalls kostspielige Initiativen steuerlich tragbarer machen dürfte. Daher ist eine langfristige Planung für Nachhaltigkeitsverbesserungen unerlässlich.

Flüssigkeitskühlung

Rechenzentren haben verschiedene Möglichkeiten, ihren Energieverbrauch zu senken. Allerdings gibt es keine Patentlösung, die für alle passt. Ansätze wie die Optimierung von Regelkreisen und der Einsatz von Flüssigkeitskühlung können in Betracht gezogen werden.

Es ist zu beachten, dass Techniken wie High-Performance-Computing (HPC) sowie KI- und Machine-Learning-Anwendungen die Anforderungen an die Wärmeabfuhr deutlich erhöhen. Luftkühlungssysteme sind überfordert und ineffektiv, wenn solche Workloads in Server-Racks eingesetzt werden, was zu einer hohen Leistungsdichte führt.

Die Flüssigkeitskühlung bietet einen Ausweg. Sie nutzt die wesentlich bessere (3.000-fache) Wärmeübertragungsfähigkeit spezieller dielektrischer, nicht entflammbarer Flüssigkeiten mit extrem niedrigem Treibhauspotenzial. Ein Beispiel ist das Solstice-Kältemittel von Honeywell.

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  1. Umweltanforderungen, Betriebskosten und Fachkräftemangel
  2. Zweite Herausforderung: Senkung der Betriebskosten

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